Die Steuerreform, die wir gern von dieser Regierung gehabt hätten

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Analyse. Wir hätten eine ziemlich umfangreiche Wunschliste für diese Steuerreform gehabt. Die Regierung hat sie klarerweise nicht erfüllt. Vielleicht beim nächsten Mal.

Wien. Die Steuerreform ist fixiert. Sie bringt Korrekturen bei der Lohnsteuer, vielleicht insgesamt sogar wirklich ein bisschen mehr netto vom Brutto, eine ziemlich nebulöse Gegenfinanzierung – insgesamt aber nicht das, was wir uns unter einer ambitionierten, konsumbelebenden, wirklich merkbaren Steuerreform vorgestellt haben. Vielleicht beim nächsten Mal. Unseren Wunschzettel, der diesmal eindeutig nicht einmal ansatzweise erfüllt wurde, deponieren wir hier präventiv gleich einmal.

Also: Vorgestellt hätten wir uns eine wirklich spürbare Senkung der Steuer- und Abgabenquote. Zumindest auf den EU-Durchschnitt von 40 Prozent. Das hätte eine doch spürbare Entlastung von rund 13 Mrd. Euro bedeutet. Die dürften natürlich nicht durch Steuererhöhungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden, sonst sinkt ja klarerweise die Steuerquote nicht. Umschichtungen innerhalb des Systems, etwa von Arbeit auf Vermögen, hätten also erst nach Abzug der 13 Milliarden Euro zu erfolgen.

Als Höchststeuersatz bei der Einkommensteuer halten wir 45 Prozent ab 100.000 Euro für angemessen. 55 Prozent für ein paar hundert Steuerbürger, wie das jetzt beschlossen wurde, bringen außer der Befriedigung eines diffusen Gerechtigkeitsgefühls kaum etwas, verfestigen aber das wirtschaftsschädliche Hochsteuerland-Image. Um die kalte Progression auszuschalten, halten wir eine jährliche Anpassung der Tarifgrenzen an die Inflation für angebracht. Damit nicht in ein paar Jahren wieder eine bloße Korrektur der kalten Progression als GröStaZ (größte Steuerreform aller Zeiten) verkauft werden kann.

Gesenkt hätten wir auch gern die arbeitsplatzschädlichen Lohnnebenkosten. Da bietet sich neben anderen Dingen eine Streichung des Wohnbauförderungsbeitrags (ein Prozent des Bruttolohns, je zur Hälfte Arbeitgeber und Arbeitnehmer) an. Der wird nämlich seit der Abschaffung der Zweckbindung von praktisch allen Ländern für zweckfremde Dinge missbraucht, etwa für grottenschlechte Spekulationen auf den internationalen Finanzmärkten. Die eigentliche Wohnbauförderung wird ja jetzt schon aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert, dort gehört sie auch hin.

Das Absenkungsvolumen von 13 Mrd. Euro fließt zum größeren Teil in die Entlastung der viel zu hohen Steuern und Abgaben auf Arbeit, ein Teil wird aber natürlich auch für Maßnahmen verwendet, die direkt den Unternehmen zugutekommen. Wir wollen mit der Reform ja Wachstum generieren. Und das geht nicht nur mit Konsumankurbelung allein. Die Details dafür ersparen wir uns hier aus Platzgründen, weil wir ja auch noch ein paar Worte über die Gegenfinanzierung verlieren wollen. Die hat überwiegend ausgabenseitig zu erfolgen, weil sonst ja das Ziel einer radikalen Absenkung der Steuer- und Abgabenquote nicht zu erfüllen ist.

Ausgabenseitige Gegenfinanzierungen oder, weniger geschwurbelt: Einsparungen, entfalten ihre Wirkung erst mittelfristig, weil ja erst die dazugehörigen Reformen in Kraft gesetzt werden müssen. Wir führen die Steuersenkung also in zwei Etappen durch. Die erste Etappe hat ein Volumen von fünf Mrd. Euro (also ziemlich exakt das der aktuellen Reform) und wird durch zwei Maßnahmen finanziert, die sich relativ schnell umsetzen lassen: Durch eine Kürzung des viel zu hohen Fördervolumens um vier Mrd. Euro und eine Abschaffung der Einkommensteuerausnahmen (die zwar die Senkung der Steuerquote vorerst konterkariert, aber für ein transparenteres System sorgt).

Ein bisschen Voodoo nehmen wir natürlich auch dazu, wir setzen den Effekt verstärkter Steuerbetrugsbekämpfung und erwarteter Konjunktureffekte in der ersten Phase aber nicht, wie die Regierung, mit drei, sondern realistischer mit nur einer Milliarde an.

Zugleich mit der ersten Etappe werden aber verpflichtende Zielvorgaben für die mittelfristigen Einsparungen, die die zweite Etappe finanzieren, erstellt. Unter anderem eine Vereinheitlichung der Pensionssysteme mit einer Verknüpfung des Antrittsalters mit der tatsächlichen Lebenserwartung, eine Zusammenlegung der Sozialversicherungen, eine Neuregelung des Finanzausgleichs mit den Ländern und eine Verwaltungsreform, die Mehrgleisigkeiten beseitigt und als Effizienz-Benchmark zumindest die deutsche Verwaltung hernimmt. Die Benchmark Schweiz wäre wahrscheinlich zu ambitioniert.

Für die Umsetzung dieser Reformen werden exakte Zielvorgaben mit regelmäßiger Kontrolle der konkreten Einsparungen erstellt, um eine Finanzierung über Schuldenaufnahmen auszuschließen.

(''Die Presse'', Print-Ausgabe, 14.03.2015)

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