Geld stinkt nicht: 5000 Jahre Steuerreform

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Schon die alten Ägypter sahen Abgaben vor. Und immer wieder zeigten sich Machthaber bei Steuern sehr kreativ.

Wien. „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.“ Eine Passage, die man aus dem Weihnachtsevangelium kennt. Doch hinter dieser Schätzung stand ein fiskalisches Ziel: Die römischen Machthaber wollten wissen, wen sie in ihren Provinzen besteuern konnten.

Die Idee, von Bürgern Abgaben einzuheben, ist freilich noch viel älter. Bereits aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. gibt es Berichte über Steuern in Ägypten. Man hob eine Art Schlammsteuer ein. Je höher der durch Überschwemmungen entstandene Nilschlamm auf einem Feld war, desto fruchtbarer war es. Und umso höher fiel die Steuer aus.

Auch die Weisheit „pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht) zeugt davon, dass der Staat alles zu Geld machen kann. Vespasian – vom Jahr 69 bis 79 römischer Kaiser – hob eine Steuer auf öffentliche Toiletten ein. Urin, aus dem sich Ammoniak bildet, war im alten Rom gesammelt und etwa für die Reinigung der Wäsche verwendet worden. Die ersten Einnahmen aus der Urin-Steuer soll Vespasian seinem Sohn Titus gezeigt und gefragt haben, ob ihn der Geruch des Geldes störe. Was der Sohn verneinte. Eine Redewendung ward geboren.

Der Bevölkerung stank die Steuer aber doch zum Himmel – im wahrsten Sinne. Denn es folgte die erste große Steuervermeidungsaktion der Geschichte. Immer mehr öffentliche Latrinen wurden aufgelassen, Seuchen breiteten sich aus.

Zahlen sollen die anderen

Römische Bürger hatten wie weiland schon die alten Griechen meist nur indirekte Abgaben (Zölle oder Nutzungsgebühren) zu leisten. Die größte Steuerreform aller Zeiten fand nämlich eher nicht 2015 n. Chr. in der Republik Österreich statt, sondern eher 167 v. Chr. in der Römischen Republik. Alle römischen Bürger wurden von direkten Steuern befreit. Schon damals gab es eine Gegenfinanzierung: Es waren die Summen, die in den Provinzen für Rom eingetrieben wurden.

Ein Klassiker der Steuergeschichte ist der Zehnt, der auch im Mittelalter verbreitet war. Ein Zehntel des Einkommens sollte abgegeben werden: Beim Eintreiben tat sich der Klerus hervor. Er hatte überall Geistliche, die die Abgabe von der Bevölkerung für die Kirche einfordern konnten. Weltliche Herrscher konnten lange Zeit von so einer gut vernetzten Steuerverwaltung nur träumen. Indirekte Steuern – etwa für Zoll oder auch auf Bier – waren leichter einzuheben. Oder Vermögensteuern für Grund und Viehbestand.

Im Habsburgerreich hatte bis weit in die Neuzeit jedes Land sein eigenes Steuersystem. Zentralisierungsversuche, zum Beispiel von Maria Theresia, scheiterten. Erst im Zuge der Napoleonischen Kriege kam Bewegung ins System. Franz I. setzte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das erste moderne Steuersystem in Österreich durch. Mit direkten Steuern, Gebühren und Verbrauchsabgaben.

Die Höhe der Steuern schwankte öfter, auch in der Zweiten Republik. So hatte Österreich bis 1989 eine Spitzensteuersatz von 62 Prozent. Wobei Großbritannien diesen in den 1970er-Jahren mit 83 Prozent leicht überbot.

Wie man die Steuern umgeht

Immer schon war es beliebt, Regeln zu umgehen. Einst verließen die Rolling Stones die Insel aus Steuergründen, später ließ sich Gérard Depardieu zum Russen machen. In Amsterdam baute man entlang der Grachten nur sehr schmale Häuser, die aber lang und hoch sind: Denn die Steuern für Gebäude wurden nach der Breite am Kanal festgelegt.

Von allzu kuriosen Abgaben sieht man heutzutage ab: So gab es im russischen Reich die Bartsteuer oder im römisch-deutschen Reich die Abgabe auf Minnedienste. In Köln allerdings gibt es seit 2004 eine Sexsteuer für Swingerclubs. Oder wie es im Kölner Amtsdeutsch korrekt heißt: „Besteuerung von Vergnügen besonderer Art“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2015)

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