Der Abschied vom Bankgeheimnis

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Die Bundesregierung ebnet den Weg für ein Kontenregister für alle. Strengere Regeln zur Betrugsbekämpfung sollen rückwirkend ab 1. März 2015 gelten.

Wien. Das Wort Bankgeheimnis nahmen weder Bundeskanzler Werner Faymann noch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner in den Mund. Sie wollten daher schon gar nicht vom Ende des Bankgeheimnisses sprechen. „Wie man es bezeichnet, ist eine Definitionsfrage“, meinte der Vizekanzler ausweichend nach dem Ministerrat am Dienstagvormittag. Das zu Mittag von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zur Begutachtung ausgeschickte Gesetzespaket markiert jedenfalls einen weiteren, großen Schritt zum Abschied vom Bankgeheimnis und in Richtung Kontenöffnungen, wie dies die „Presse“ bereits Mitte März bei der SPÖ-ÖVP-Einigung zur Steuerreform angekündigt hat.

Dazu wird zur Verfolgung von Steuerbetrug die Basis zur Schaffung eines zentralen elektronischen Kontoregisters für alle gelegt. Die Finanzbehörden dürfen dort Auskünfte einholen, wenn dies „zweckmäßig und angemessen“ für das Erheben von Abgaben ist, wie es im Gesetzesentwurf heißt, der Teil des Steuerreformpakets ist. Damit kann im Zuge der Abgabeneinhebung von der Finanz nicht nur auf Konten von Unternehmen, sondern bei Verdacht auch von Privaten zugegriffen werden. Es wird dadurch den Behörden erlaubt, zu klären, ob Steuerpflichtige „private“ Konten vor der Finanz verstecken.

„Ehrlich gesagt, das war ein Zugeständnis an die Betrugsbekämpfer“, räumte Faymann ein. Einmal mehr bekräftigte er, dass es dabei nicht um das Sparbuch der Oma für das Enkerl gehe. Für Mitterlehner handelt es sich um einen weiteren Schritt, den Österreich aufgrund internationaler Abkommen in zwei Jahren ohnehin setzen müsse. Hintergrund ist, dass die rot-schwarze Regierung 1,9 Milliarden Euro aus der (Steuer-)Betrugsbekämpfung zur Finanzierung der Steuerreform erwartet. Dafür werden nun die rechtlichen Instrumente der Finanz ausgeweitet.

Strafen bis 300.000 Euro

Die Banken sind verpflichtet, die erforderlichen Daten laufend an das elektronische Kontenregister zu übermitteln. Es müssen dabei Vorname, Zuname, Geburtsdatum, Adresse und Wohnsitzstaat des Kontoinhabers angegeben werden, weiters Konto- bzw. Depotnummer sowie der Tag der Eröffnung oder Auflösung eines Kontos. Wird die Übermittlungspflicht verletzt, drohen Geldstrafen bis zu 300.000 Euro.

Der Regierungsentwurf sieht die Meldepflicht rückwirkend mit 1. März dieses Jahres vor. Das hat einen Haken: Denn das ist einer der Punkte, der für eine Verfassungsregelung und damit die Zustimmung einer Oppositionspartei notwendig ist. Die Grünen haben Unterstützung signalisiert, falls ausreichende Kontrollen der Abfragen der Behörden gesichert sind. Datenschutz und Kontrollen – überlegt wurde von Oppositionsseite auch ein eigener Beauftragter – würden nun während der Begutachtungsphase bis Mitte Juni ausführlich beraten, sicherte der Vizekanzler zu. Ebenfalls auf Unterstützung einer Opposition angewiesen ist die Koalition bei der Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) auf Dividenden von 25 auf 27,5 Prozent.

Steuerpaket in zwei Teile zerstückelt

Der zweite Teil des rund 40 Gesetze umfassenden Steuerreformpakets soll bis Freitag dieser Woche oder spätestens Anfang kommender Woche geklärt sein. Grund für diese Zweiteilung ist in erster Linie, dass es bei den Entschärfungen und dem Abfedern von Härtefällen bei Betriebsübergaben in der Koalition bis zuletzt Differenzen gab und noch keine Lösung für regional unterschiedliche Auswirkungen der höheren Grunderwerbssteuer gefunden wurde. Der ÖVP-Wirtschaftsbund und die Tourismuswirtschaft hat seit Bekanntwerden der Steuerpläne im März protestiert. Am Beschluss Mitte Juni in der Regierung und Anfang Juli im Nationalrat lassen die Parteichefs aber nicht rütteln. Die Steuerentlastungen im Ausmaß von 5,2 Mrd. Euro sollen ab Anfang 2016 gelten.

Zwei andere Änderungen wurden bereits am Dienstag im Ministerrat beschlossen. Die Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze von 31 Euro soll die Lohnverrechnung vereinfachen, das Senken der Verzugszinsen bei der Sozialversicherung von acht auf vier Prozent soll Betriebe 2017 entlasten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2015)

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