Budget: Nach der Steuerreform ein Sparpaket?

(c) Bilderbox
  • Drucken

Die EU-Defizitziele werden im kommenden Jahr deutlich verfehlt, sagt der Fiskalrat. Um ein Verfahren zu vermeiden, müsse man bei den Ausgaben „nachjustieren“.

Wien. Es war ein nettes Bonmot, das Hans Jörg Schelling mit breitem Lächeln zum Besten gab. „Wirtschaftsforscher“, meinte der Finanzminister bei einem Journalistengespräch vor einigen Wochen, „leben recht gut davon, alle zwei Monate eine falsche Prognose zu erstellen.“

Schelling hatte mit der Bemerkung Aussagen eines Instituts, wonach der Budgetfahrplan der Regierung nicht halten werde, abgetan. Jetzt freilich kommt von einer Bundeseinrichtung die gleiche Kritik: „Der geplante Budgetkurs der Bundesregierung könnte durch die Steuerreform 2015/16 unterbrochen werden“, schreibt der Fiskalrat in seinem aktuellen „Bericht über die Einhaltung der Fiskalregeln“. Kürzer und einfacher formuliert: Das geplante strukturelle Nulldefizit im Jahr 2016 wird deutlich verfehlt, die EU wird Österreich mahnen und der Finanzminister wird darauf mit Einsparungen reagieren müssen, um ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden.

Dreimal höheres Defizit

Weil die Steuerreform der Regierung noch nicht ausformuliert vorliegt und noch nicht alle Maßnahmen bekannt sind, hat der Fiskalrat in seinem Bericht zwei Szenarien angenommen (siehe Grafik) – ein positives und ein negatives. In beiden werden die EU-Vorgaben verfehlt und der Budgetplan der Regierung zur Makulatur.
Eine Variante sieht für das kommende Jahr eine strukturelle Neuverschuldung von einem Prozent vor, die andere sogar von 1,6 Prozent. Das ist dreimal mehr, als die Bundesregierung annimmt und die EU erlaubt: Schellings Beamte rechnen 2016 mit einem strukturellen Defizit von nur 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die deutlichen Unterschiede zwischen den Modellen erklärte der Vorsitzende des Fiskalrats, Bernhard Felderer, am Dienstag einerseits mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden, andererseits mit den weniger optimistischen Annahmen zu den Auswirkungen der Steuerreform. Wie die EU glaubt nämlich auch der Fiskalrat, dass beispielsweise die Einnahmen aus der Steuerbetrugsbekämpfung deutlich unter den angenommenen 1,9 Milliarden Euro liegen werden (Variante eins geht von 962 Mio. Euro aus). Auch bei Einsparungen in der Verwaltung nimmt der Rat eher 200 Mio. Euro (Variante eins) als 1,1 Milliarden Euro (Variante zwei) an. Die Realität werde „irgendwo in der Mitte zwischen beiden Varianten liegen“, meinte Felderer.

Wenn die EU-Vorgaben im kommenden Jahr nicht erfüllt werden, könnte Österreich nach der Steuerreform schon wieder ein Sparpaket drohen. Zuerst werde die EU in einem Brief Österreich zur Einhaltung mahnen, schlimmstenfalls könnte sie ein Verfahren einleiten.
Der Finanzminister werde aber schon nach dem Brief gegensteuern und das Budget nachjustieren, glaubt Felderer. Wie er das machen wird? „Die Ausgaben des Bundes sind ein riesiger Blumenstrauß, da muss er nur eine Blüte herausnehmen.“ Prosaischer ausgedrückt: Der Finanzminister muss auf die Ausgabenbremse treten, etwa bei den Förderungen, der Verwaltung, den Pensionen, der Pflege und im Bereich Gesundheit.

Das bemängelt Felderer auch „persönlich, das ist nicht die Meinung des Fiskalrats“, bei der Steuerreform: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Reform durch eine Ausgabenreduktion und nicht durch neue Steuererhöhungen finanziert wird.“ Er stimme hier dem Finanzminister zu, der gemeint hat, Österreich habe ein Ausgaben-, nicht ein Einnahmenproblem.

„Budgetplan wird halten“

Kritisiert wird vom Fiskalrat auch, dass die Regierung zu wenig Fokus auf Kostendämpfungen in den Bereichen Pensionen, Gesundheit, Pflege lege. Es werde bei der Arbeitslosenunterstützung, den Pensionen und den Sachleistungen für Gesundheit in den kommenden Jahren „überdurchschnittliche Ausgabenerhöhungen“ geben.

Im Finanzministerium erklärte eine Sprecherin, dass die Beamten den Budgetfahrplan „sehr sorgfältig gerechnet“ hätten. Noch würden die endgültigen Gesetze und Maßnahmen für die Steuerreform nicht vorliegen, der Fiskalrat soll sich „alles noch einmal anschauen, wenn es auf dem Tisch liegt“. Das Finanzressort sei zuversichtlich, dass der Budgetplan halten werde. „Es geht sich aus.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

 FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
Politik

Steuerreform: Strache ortet "Beförderung der Rezession"

Vor dem Beschluss der Steuerreform im Nationalrat kritisierte der FPÖ-Chef die "Pflanzerei". Die Reform kurble nicht die Konjunktur an.
Kassalade
Politik

Ab 2017: Registrierkassen benötigen digitale Signatur

Mit der Maßnahme sollen Manipulationen verhindert werden. Die Signatur hat die Form eines von der Finanz mittels App prüfbaren QR-Codes.
Geld
Innenpolitik

Banken: Meldepflicht ab 50.000 Euro

Banken müssen rückwirkend melden, wenn jemand mehr als 50.000 Euro von seinem Konto abgehoben oder auf sein Konto bekommen hat.
Symbolbild
Politik

Steuerreform: Kein Inflationsausgleich bei Immobilienverkauf

Wer eine Immobilie verkauft, muss für den Wertzuwachs im Vergleich zum Kaufpreis 30 Prozent Steuern zahlen.
Neos-Chef Matthias Strolz
Politik

Steuerreform: Umfrage macht Neos "wütend"

Laut der Studie von Public Opinion Strategies motivieren die Maßnahmen der Regierung kaum einen Unternehmer, in neue Mitarbeiter zu investieren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.