Der frühere Verteidigungsminister verlässt die SPÖ-Bundesparteizentrale. Faymann-Kritiker Rezar wurde ausgebootet.
Eisenstadt/Wien. Im burgenländischen SPÖ-Landesparteivorstand wurden am Montagvormittag von Landeshauptmann Hans Niessl weitere personelle Weichenstellungen nach dem Abschluss des rot-blauen Koalitionsbündnisses vorgenommen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos kehrt definitiv in seine Heimat Burgenland zurück. Er wird Landesrat für Soziales, Gesundheit und auch Asyl. Letzteres ist insofern besonders brisant, weil das SPÖ-FPÖ-Arbeitsübereinkommen konkrete Forderungen nach Verschärfungen der bundesgesetzlichen Regelungen im Asyl- und Fremdenrecht beinhaltet, darunter die möglichste rasche Klärung binnen zehn Tagen, ob Asylwerber aus einem anderen EU-Staat oder aus wirtschaftlichen Überlegungen nach Österreich kommen.
Darabos musste im März 2013 nach der für die SPÖ schiefgegangenen Volksbefragung über die Einführung eines Berufsheeres im Jänner 2013 als Bauernopfer seinen Sessel als Verteidigungsminister räumen. Er war von Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, und von Bundeskanzler SPÖ-Chef Faymann als Heeresminister mit dem Schwenk von der allgemeinen Wehrpflicht zum Berufsheer desavouiert worden, schließlich hatte Darabos zuvor versichert, die Wehrpflicht sei „in Stein gemeißelt“.
Ersatzzielscheibe bei Kritik
Als SPÖ-Bundesgeschäftsführer musste er teils stellvertretend für Faymann wegen der Wahlverluste der SPÖ in der Vergangenheit heftige Schelte einstecken. Wiens SPÖ-Chef, Häupl, hat den Sessel von Darabos in der SPÖ-Zentrale bereits arg ins Wackeln gebracht. In der vergangenen Woche zog Darabos im Zuge der Diskussionen um die rot-blaue Koalition im Burgenland erneut Giftpfeile etlicher Genossen auf sich, weil er gemeint hatte, die SPÖ-FPÖ-Regierungsehe im Burgenland könne auch zu einem „gelungenen Experiment“ werden.
Über seine Rückkehr ins Burgenland ist seit dem Verlust des Ministeramtes immer wieder spekuliert worden. Mit der Entscheidung, ihn zum Landesrat zu machen, ist der Wechsel nunmehr fix. Der Posten im Team von Landeshauptmann Niessl in der Landesregierung könnte damit sogar verspätet doch noch zum Sprungbrett für die Nachfolge als Landeshauptmann werden. Niessl, der am Freitag dieser Woche 64 Jahre alt wird, hat die Spekulationen um sein Erbe am vergangenen Samstag im ORF-Radiointerview selbst angeheizt. Denn er hat einen Rückzug im Lauf der kommenden Legislaturperiode, die bis 2020 läuft, nicht ausgeschlossen und von einem schrittweisen Generationswechsel im Burgenland gesprochen.
Ein scharfer Kritiker von Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann muss hingegen im neuen Team Niessls seinen Sessel räumen: Landesrat Peter Rezar. Dieser hat in der Vergangenheit öffentlich seine Unzufriedenheit mit dem SPÖ-Parteivorsitzenden geäußert. Bemerkenswert ist allerdings, dass Rezar ein guter Draht zum neuen Regierungspartner FPÖ nachgesagt wird.
31-Jährige neu im SPÖ-Regierungsteam
Neben Niessl, Helmut Bieler als Finanzlandesrat sowie Verena Dunst, deren Verbleib im SPÖ-Regierungsteam bereits seit Freitag fix ist, rückt mit der 31-jährigen Astrid Eisenkopf eine zweite Frau zur Landesrätin auf. Die Wirtschaftswissenschaftlerin war bisher in einer Abteilung des Landes tätig und soll künftig ein Zukunftsressort führen, in das die Kompetenzen für Jugend ebenso fallen wie für Klimaschutz, Energie und Nachhaltigkeit.
Der bisherige SPÖ-Klubchef Christian Illedits wird neuer Landtagspräsident. Landesgeschäftsführer Robert Hergovich rückt als neuer SPÖ-Fraktionschef auf. Niessl sagte am Montag, nach mehr als 15-jähriger Tätigkeit in der Regierung müsse man ein neues Team präsentieren. Das Übereinkommen mit der FPÖ werde vom ganzen Regierungsteam „voll und ganz mitgetragen“. (ett)
AUF EINEN BLICK
Die SPÖ-Landesräte: Hans Niessl übernimmt als Landeshauptmann das Bildungsressort. Norbert Darabos bekommt Gesundheit, Soziales sowie Arbeitsmarkt und Asyl. Astrid Eisenkopf erhält ein Zukunftsressort (Umweltschutz, Jugend, Energie, Naturschutz und Gemeindeaufsicht). Helmut Bieler bleibt Ressortchef für Kultur und Infrastruktur sowie Finanzreferent. Verena Dunst übernimmt neben den Agenden Frauen, Familie und Dorferneuerung nun auch noch den Agrarbereich von der ÖVP.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2015)