"Ort der Schande": In Traiskirchen fehlen 700 Betten

"Ort der Schande": In Traiskirchen sollen 700 Betten fehlenDie Presse (Fabry)
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Caritas-Generalsekretär Schwertner besuchte das Asylzentrum. Derzeit befinden sich dort rund 3000 Asylwerber.

Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen befinden sich derzeit zu Spitzenzeiten rund 3000 Asylwerber, es fehlen bis zu 700 Schlafplätze. Entsprechende Angaben des Wiener Caritas-Generalsekretärs Klaus Schwertner bestätigte am Donnerstag das Innenministerium. Man habe im Flüchtlingslager Traiskirchen derzeit erstmals die Situation, dass man jenen Personen, die neu einen Antrag stellen, nicht direkt ein Quartier inklusive Schlafplatz zur Verfügung stellen könne. Diese Situation sei "erstmalig", sagte Ministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck. Als Grund nannte er den starken Andrang an neuen Flüchtlingen in den letzten Wochen sowie die schleppende Übernahme von Asylwerbern durch die Länder.

Schwertner nannte das Lager nach einem Besuch einen "Ort der Schande für Österreich". 700 Menschen hätten "kein Bett zum Schlafen, eigentlich sind sie quasi obdachlos. Sie schlafen in Wartesälen, in Garagen, im Freien unter Bäumen", schrieb der Generalsekretär auf seiner Facebook-Seite.

Die Lage sei angespannt, obwohl vor Ort "so gut wie möglich" versucht werde, "eine menschenwürdige Unterkunft zu ermöglichen", so der Caritas-Generalsekretär. Besonders dramatisch sei die Situation für die mehr als 1200 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in dem Erstaufnahmezentrum.

"Niemand kann behaupten, dass das Boot voll ist"

Kritik übte der Wiener Caritas-Generalsekretär an jenen Gemeinden, die ihre Verantwortung zur Flüchtlingsunterbringung "nach dem Florianiprinzip abschieben und nichts tun". Österreich brauche nun einen nationalen Aktionsplan Asyl und eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Gemeinden. Mit Blick darauf, dass drei Viertel der Gemeinden derzeit keinen einzigen Flüchtling unterbringen, könne "niemand behaupten das Boot ist voll", so der Caritas-Generalsekretär.

Österreich solle sich an Deutschland ein Vorbild nehmen, wo der Bund den Ländern und Gemeinden die Mittel für die Flüchtlings-Unterbringung zur Verfügung gestellt habe. Außerdem forderte Schwertner die Verantwortlichen dazu auf, Abschiebungen nach Ungarn sofort zu stoppen. Auch in diesem Punkt verwies er auf Deutschland, das seit Wochen aufgrund menschenrechtlicher Bedenken keine Abschiebungen mehr in dieses Land durchführe. "Es kann nicht sein, dass unterschiedliche EU-Länder die Menschenrechtssituation in Ungarn unterschiedlich bewerten."

Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) sagte zu Schwertners Bericht, ihm würden zahlreiche Berichte über Flüchtlinge zugetragen, die keinen fixen Schlafplatz hätten. Der Bürgermeister kritisierte, dass er seitens der Verantwortlichen derzeit keine aktuellen Zahlen darüber bekomme, wie viele Flüchtlinge sich im Lager aufhalten. Die von Schwertner genannte Zahl von 3000 Personen hält er aber für realistisch. Es sei ein "Wahnsinn, dass man diese Menschen alle nach Traiskirchen bringt", sagte Babler.

Der Bürgermeister schlägt vor, das von der Regierungsspitze ins Auge gefasste Treffen zum Thema Asyl vor Ort im Rathaus abzuhalten. Für das Treffen wurde noch kein Termin bekannt gegeben. Aus dem Kanzleramt hieß es, es würde wohl in Wien stattfinden.

(APA)

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