Asyl: SPÖ schießt sich auf die Innenministerin ein

FL�CHTLINGS-SAMMELSTELLE IN NICKELSDORF
FL�CHTLINGS-SAMMELSTELLE IN NICKELSDORF(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Ressortchefin Mikl-Leitner soll die Zuständigkeit für das Asylwesen abgeben oder gleich zurücktreten, so die Forderungen aus SPÖ-Landesorganisationen.

Klagenfurt/Eisenstadt/Wien. Die SPÖ nimmt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in der Asylfrage jetzt verstärkt unter Beschuss. Der Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser (SPÖ), forderte Mikl-Leitner am Montag zum Rücktritt auf. Der burgenländische Soziallandesrat, Norbert Darabos – er war bis vor Kurzem noch SPÖ-Bundesgeschäftsführer –, erklärte, der Bereich Asyl sei „überall besser aufgehoben als im Innenministerium“. Darabos unterstützte damit seinen Landeshauptmann, Hans Niessl (SPÖ), der gemeint hatte, Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) solle sich um das Asylwesen kümmern.

Schon vergangene Woche hatte die oberösterreichische SPÖ die Innenministerin scharf kritisiert. Parteichef Reinhold Entholzer hielt ihr vor, beim Thema Flüchtlinge nur Hysterie zu verbreiten. Die Landespartei diagnostizierte bei Mikl-Leitner eine „Überforderung“ und rief sie auf, die Asylagenden an das Sozialministerium abzugeben.

Die Überfüllung des Lagers Traiskirchen, wo viele Flüchtlinge im Freien schlafen müssen, wird von vielen in der SPÖ als „beschämend“ verurteilt. Auch die Unterbringung von Asylwerbern in Zeltstädten will man nur „zähneknirschend“ und nur als Übergangslösung zur Kenntnis nehmen.

Mangelnde Information

Vorgeworfen wird der Ministerin aber auch mangelnde Information der Bevölkerung und mangelnde Einbindung der regionalen Politik in jenen Fällen, in denen das Innenministerium selbst Unterkünfte für Flüchtlinge organisiert. So in Kärnten: Schon die Errichtung des Zeltlagers in Krumpendorf sei ohne rechtzeitige vorherige Information über die Bühne gegangen, kritisiert die Kärntner SPÖ. Beim Verteilerzentrum in Ossiach, das bis zu 120 Flüchtlingen Platz bieten soll, wirft die Landtagsabgeordnete Ines Obex-Mischitz der Ministerin gar bewusste Fehlinformation vor: Diese hat in einem Schreiben an die Bevölkerung von Ossiach für das Verteilzentrum geworben und behauptet, das Land selbst habe Ossiach vorgeschlagen und alternative Standorte verworfen. Beides sei falsch: Das Innenministerium habe sogar einen alternativen Standort mit dem Hinweis abgelehnt, dass man „unsere ÖVP-Bürgermeister in Ruhe lassen“ solle. Wer die Bevölkerung so vor den Kopf stoße, solle zurücktreten, so die Landtagsabgeordnete. Eine Forderung, die Parteichef Kaiser ausdrücklich unterstützte.

(C) DiePresse

Mangelnde Information wirft auch Darabos der Innenministerin vor. Der für Asylfragen zuständige Landesrat erklärte, er habe „sozusagen keine Information“ was auf dem Nova-Rock-Gelände in Nickelsdorf (Bezirk Neusiedl) passieren soll. Das Innenressort hat dort eine 1200 Quadratmeter große Zelthalle angemietet. Dort solle aber keine Erstaufnahmestelle entstehen, erklärte ein Polizeisprecher. Die Zelthalle, die am vergangenen Freitag adaptiert wurde, soll vielmehr als Sammelstelle fungieren, in der Flüchtlinge mit Essen und Trinken versorgt und maximal 48 Stunden untergebracht werden. Derartige Sammelstellen gebe es bereits mehrere im Burgenland, so die Polizei.

Darabos gesteht aber auch zu, dass das Burgenland „eine Bringschuld“ habe. „Wir müssen die 100 Prozent der Quote erfüllen, wir sind knapp dran“, so der Landesrat, der auch einräumt, dass das Burgenland nur deshalb knapp am Erfüllen der Quote ist, weil 191 Flüchtlinge in Zelten auf dem Polizeigelände in Eisenstadt untergebracht sind. Man bemühe sich aber darum, im Burgenland Kleinquartiere zu schaffen.

Auf dem Rücken der Flüchtlinge

Die Bundes-SPÖ hält sich mit Kritik an der Innenministerin dagegen noch etwas zurück. Aber auch Klubchef Andreas Schieder hat schon in einem Interview mit der „Presse am Sonntag“ kundgetan, wie unzufrieden er mit der Arbeit der Innenministerin ist. Die Aufnahme der Flüchtlinge sei ein bewältigbares Problem, die Innenministerin erzeuge aber eine Stimmung, als sei sie damit überfordert – und das werde auf dem Rücken der Flüchtlinge ausgetragen.

Unterstützung für die Innenministerin kam am Montag von Parteifreund Reinhold Lopatka. Anstatt „untaugliche Versuche zu unternehmen, vom eigenen Versagen abzulenken“, sollten die Bundesländer Kärnten und Burgenland lieber an einer gemeinsamen Lösung mitarbeiten, so der Klubchef der ÖVP im Parlament. Er erinnerte daran, dass es in die Verantwortung der Länder falle, ausreichende Quartiere für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. In jenen Ländern, in denen SPÖ-Landesräte für die Unterbringung verantwortlich seien, würden derzeit etwa 2000 Plätze fehlen.

Abwarten bei den Verteilzentren

Die Caritas will die Entwicklung, welche die mit Montag eingerichteten Verteilerzentren im Asylwesen bringen, abwarten. Laut Angela Brandstätter, Leiterin für Flüchtlings- und Migrationsfragen, seien dabei viele Faktoren zu berücksichtigen. Die Unterbringungssituation für Flüchtlinge müsse an vielen Enden gelöst werden, so Brandstätter. „Wir gehen nicht davon aus, dass man dies allein mit den Verteilerzentren schaffen wird.“ Auch das Innenministerium selbst hatte immer wieder betont, dass die Verteilzentren selbst keine endgültige Lösung in der Flüchtlingsfrage darstellten.

Die Container als mögliche Unterbringung wird man sich laut Caritas „anschauen müssen“. Das Innenministerium hat am Montag bestätigt, dass das Ressort 700 Container bestellt hat. So stelle sich die Frage, ob diese adäquat ausgerüstet seien, um Flüchtlinge unterzubringen. Zumindest einen Fortschritt könnten die Container laut Brandstätter mit sich bringen: „Ich gehe davon aus, dass sie besser sind als Zelte.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2015)

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