Quartiersuche: Asylnotstand nach den Ferien größer

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3000 Flüchtlinge werden mit Schulbeginn im September ohne feste Unterkunft sein. Das Rote Kreuz könnte mit Freiwilligen die Betreuung in Traiskirchen nicht übernehmen.

Wien/Traiskirchen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat schon jetzt alle Hände voll zu tun, um zumindest vorübergehend Unterkünfte für Asylwerber aufzutreiben. Schon in einem Monat droht mit dem Schulbeginn in Ost- und Westösterreich eine neuerliche Zuspitzung der Situation. Denn dann müssen für jene Flüchtlinge, die bisher in Schulen, Internaten sowie in Zelten untergebracht sind, fixe Quartiere gefunden werden. Davon seien rund 3000 Personen betroffen, erläuterte der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum, im Gespräch mit der „Presse“. Diese „Größenordnung“ wurde auf Nachfrage im Innenministerium bestätigt.

Am Dienstag war unklar, wann die Innenministerin zusätzliche gesetzliche Instrumente zur Verfügung haben wird, damit der Bund notfalls in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern zwangsweise auf Bundesgrundstücken feste Quartiere auch ohne Zustimmung der Bürgermeister einrichten kann. Für das entsprechende Verfassungsgesetz, das SPÖ und ÖVP anpeilen, ist auch die Zustimmung der Grünen notwendig.

Die grüne Parteichefin, Eva Glawischnig, hat am Montagabend im ORF-„Sommergespräch“ zur Lösung der Flüchtlingsmisere konkret vorgeschlagen, „Profis“ des Roten Kreuzes, der Caritas und der Diakonie sollten künftig die Betreuung im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen übernehmen. Nach einer europaweiten Ausschreibung erfolgt dies derzeit durch eine private Firma mit 140 Mitarbeitern.

„Aus dem Stand“ von heute auf morgen könne dies das Rote Kreuz nicht machen, stellte dazu Rot-Kreuz-Generalsekretär Kerschbaum grundsätzlich fest. Dafür müsste die Hilfsorganisation zusätzliche Mitarbeiter aufnehmen: „Das kann man nicht mit Freiwilligen machen.“ Schließlich müsse das Rote Kreuz weiter seine Aufgaben im Rettungs- und Sozialwesen erfüllen. Man könne nicht sagen, dass etwa ein Rettungswagen dann einfach später komme. Außerdem würde das Rote Kreuz bestimmte hoheitliche Aufgaben wie sicherheitspolizeiliche Maßnahmen und die Registrierung nicht übernehmen. Die jetzt engagierte Firma ist auch für die Sicherheit im Erstaufnahmezentrum zuständig.

Betreuung für 200O Menschen

Prinzipiell sei die von Glawischnig aufgeworfene Frage, ob Asylwerber durch eine gemeinnützige Organisation besser als durch eine gewinnorientierte Firma betreut werde, „legitim“. Aber es habe „niemand gefragt“, er sehe dazu „keine Veranlassung“. Kerschbaum macht aufmerksam, man betreue in Zusammenarbeit mit Innenministerium und Landesregierungen schon rund 2000 Flüchtlinge. Allein in Niederösterreich seien es in den Dienststellen 600 Flüchtlinge.

Von vornherein winken die Hilfsorganisationen nicht ab. Man sei grundsätzlich gesprächsbereit, im Verbund mit anderen Organisationen in Traiskirchen Hilfe zu leisten, sagte der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner. Im Vordergrund stand bei ihm wie bei Diakonie-Direktor Michael Chalupka einmal mehr die Kritik am Innenressort. Dieses sei für die schlechte Betreuung in Traiskirchen verantwortlich. Als 2004 das Ministerium die Betreuung in Traiskirchen ausgeschrieben hat, habe sich ein Konsortium aus Diakonie, Caritas, Rotem Kreuz und Volkshilfe mit einem umfassenden Betreuungskonzept dafür beworben. „Den Zuschlag erhielt allerdings ein gewerblicher Billigstbieter, der die notwendige Betreuungsqualität, die für eine derart große Einrichtung unabdingbar ist, nicht bieten konnte“, so Chalupka.

Salzburg: Häufiger Sozialhilfe

Im Land Salzburg lassen indes bereits anerkannte Asylberechtigte die Ausgaben im Sozialbudget steigen. Die Zahl der Bezieher einer Mindestsicherung stieg 2014 im Vergleich zum Jahr davor um 7,8 Prozent. Das Plus bei dieser Form der Sozialhilfe ist dabei überproportional Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft geschuldet. Rund ein Drittel davon (2649 Personen) waren keine Österreicher. In dieser Gruppe stieg die Zahl der Bezieher mit 17,7 Prozent stark an. (ett/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2015)

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