Oberösterreich: Die Neos als „Aufräumpartei“

(c) APA/HARALD DOSTAL (HARALD DOSTAL)
  • Drucken

Die Pinken kämpfen gegen Umfragetrend um den Sprung in den Landtag. Im Mühlviertler Heimatort von Spitzenkandidatin Raab ist ihr Bruder ÖVP-Bürgermeister.

Linz. Knapp sechs Wochen vor der oberösterreichischen Landtagswahl am 27. September haben nun auch die Neos in Linz ihre Plakatkampagne gestartet. Mit der Juristin und ausgebildeten Mediatorin Judith Raab (46), einer Bauerntochter aus dem Mühlviertel, hat sich die pinke Partei bisher im Vorwahlkampf als forsche Oppositionstruppe zu präsentieren versucht. Eher im Stil der FPÖ bemühen sich die Neos, den Einzug in den Landtag, in dem bisher ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne sitzen, als „Aufräumpartei“ zu schaffen. Geht es allerdings nach den Umfragen, werden die Neos die Vierprozenthürde nicht überspringen.

Raab, die Mutter einer erwachsenen Tochter und seit dem Vorjahr Neos-Landeschefin ist, hat vor rund einem Jahrzehnt ein kurzes Zwischenspiel bei den ÖVP-Frauen gehabt. In den vergangenen Wochen hat sie sich allerdings betont als Kritikerin auch der ÖVP zu profilieren versucht – und das weniger mit bürgerlich-liberalen Ideen als mit scharfen Angriffen speziell auf die Parteienförderung. Der Wiener Wahlkampf der Neos und der Einfluss der Bundespartei nach dem Wahlflop in der Steiermark Ende Mai lassen grüßen.

„Unverschämt hohe Parteienförderung“

Gegen die „unverschämt hohe oberösterreichische Parteienförderung“ wurden auch Unterschriften gesammelt. Mit dem Schlachtruf „Geld für junge Menschen statt für alte Parteien“ hat Raab eine Halbierung der Parteienfinanzierung und die Umleitung des Geldes zum Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit gefordert. Gleiches wird für den Bildungsbereich verlangt: Mehr Geld für die Schüler statt für die Lehrervereine – samt Seitenhieb auf die Grünen.

Vorerst plakatieren die Neos drei Sujets. Nur auf einem ist Raab – mit pinkfarbenem Helm auf der „Baustelle“ – zu sehen. Die anderen beiden beschäftigen sich mit Parteienförderung und Bildung. In Oberösterreich würden täglich 75.000 Euro an Parteienförderung ausgeschüttet, jede Landtagspartei könne sich somit pro Tag ein Auto kaufen, so Raab.

Zudem setzt die pinkfarbene Partei wie bei anderen bisherigen Wahlen, bei denen sie antrat, wieder auf ihre Neos@home-Abende: Dabei können sich politisch Interessierte einen Kandidaten zu sich nach Hause einladen und mit ihm im kleinen Kreis mit ihren Gästen diskutieren.

Den Neos fehlt die Basis

Den Neos fehlt vor allem noch eine breite Parteibasis in Oberösterreich. In Linz stellen die Pinken bei der ebenfalls am 27. September stattfindenden Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl mit dem umtriebigen Architekten und Stadtentwickler Lorenz Potocnik immerhin einen eigenen Kandidaten und Herausforderer für den amtierenden SPÖ-Bürgermeister, Klaus Luger. Bürgermeisterkandidaten der Neos gibt es auch in den Städten Wels und Steyr.

Bei der Landtagswahl treten die Neos als eine von sieben Parteien landesweit an, bei der Gemeinderatswahl hat es aber nur in 18 von 442 Gemeinden des Landes für ein Antreten gereicht. Darunter ist allerdings eine ganz besondere Kandidatur. In Judith Raabs Heimatgemeinde Hofkirchen im Mühlkreis sind die Neos einer der Herausforderer ihres Bruders Martin, der für die ÖVP als Ortschef antritt. Zum Vergleich: Die Grünen treten bei der Kommunalwahl immerhin in 125 oberösterreichischen Gemeinden an.

Der Grünen Angst vor der FPÖ

Oberösterreichs Grüne mit ihrem Spitzenkandidaten Landesrat Rudi Anschober sehen weniger die Neos als vielmehr die laut Umfragen deutlich erstarkenden Freiheitlichen bei der Landtagswahl als unmittelbaren Konkurrenten – auch als möglicher künftiger Koalitionspartner der ÖVP. Anschober holte sich daher am Montag nicht zufällig seinen grünen Parteikollegen und Landesrat Rolf Holub zu einer Pressekonferenz nach Linz. Thema: Die Warnung vor der „blauen Gefahr“ mit Hinweis auf die früheren blauen Wahlsiege in Kärnten und deren finanzielle Folgen und jetzige massive Spareinschnittte in Kärnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

 Der Spitzenkandidat der Grünen für die OÖ-Landtagswahl 2015, LR Rudi Anschober
Politik

OÖ-Wahl: Die SPÖ startet fünfmal in den Wahlkampf

Die Parteien starten in den Intensivwahlkampf. Die Grünen beginnen in einem Biohof, die FPÖ holt sich Unterstützung von Bundesparteichef Strache.
Innenpolitik

Land Oberösterreich bezahlt Erstwählern ein Zeitungsabo

82.200 Erstwähler sollen sich vor der oberösterreichischen Landtagswahl über das politische Geschehen informieren. Die Aktion gilt für den Monat September – und auch für die „Presse“.
Politik

„Zorn und Wut“: Oberösterreichs ÖVP plagt sich mit Asylthema

Im Wahlkampf gibt es derzeit nur ein Thema. Oberösterreichs Landeschef Josef Pühringer will die Zelte entfernen.
Reinhold Entholzer, SPÖ Oberösterreich
Politik

Oberösterreich: Vor dem nächsten politischen Beben

In Oberösterreich kämpft die ÖVP mit der Mobilisierung und der politischen Großwetterlage. Nach einer aktuellen Umfrage für die ÖVP hat die FPÖ die SPÖ im Land weit überholt.
Copyright-Streit: ÖVP wirft FPÖ Profil-Fälschung vor
Politik

Copyright-Streit: ÖVP wirft FPÖ Profil-Fälschung vor

FP-Chef Strache postete auf Facebook ein verändertes Wahlkampfvideo der ÖVP Oberösterreich. Wer es umgeschnitten hat, ist unklar.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.