Asylwerber: Chaos bei Verlegung nach Wien

(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
  • Drucken

Bei der Verlegung von Asylwerbern von Traiskirchen nach Wien gibt es täglich Probleme. Menschen werden angekündigt - und kommen nicht an.

Wien. Wer ist jetzt im überfüllten Erstaufnahmezentrum Traiskirchen und wer nicht? Wer soll noch nach Wien gebracht werden und wer nicht? Bei der Verlegung von minderjährigen Flüchtlingen nach Wien scheint es derzeit große Probleme zu geben.

So sind seit Freitag vier afghanische Jugendliche im Alter von 13 und 14 Jahren vermisst. Sie hätten an diesem Tag nach Wien gebracht werden sollen, wo sie in einer Wohngemeinschaft der Volkshilfe in Liesing und im zweiten Georg-Danzer-Haus in Favoriten ein neues Zuhause gefunden hätten. Doch von den 37 Kindern und Jugendlichen (der jüngste war sieben Jahr alt) sind sieben nicht in Wien angekommen („Die Presse“ berichtete). Drei sind laut Innenministerium im Lauf des Nachmittags wieder aufgetaucht. Von den vier jugendlichen Afghanen fehlt aber weiterhin jede Spur.

Und das ist kein Einzelfall. „Wir haben den Eindruck, dass das Innenministerium einfach überfordert ist. Es scheint, dass sie nicht mehr wissen, wer dort vor Ort ist. Sie haben wirklich den Überblick verloren“, sagt dazu Thomas Trattner, der im Fonds Soziales Wien für die Grundversorgung der Asylwerber zuständig ist. So würde aus Traiskirchen ständig Listen mit Namen von Kindern geschickt, die dann nicht nach Wien gebracht werden.

„Wenn wir die Personen zur Übernahme anfordern, dann kommt davon nur ein Teil in Wien an. Die Kinder und Jugendlichen sind einfach nicht da“, sagt Trattner. Von den laut Innenministerium noch am Freitag wieder aufgetauchten drei minderjährigen Flüchtlingen, sind am Montag auch nur zwei nach Wien gebracht worden – er wäre laut Stadt Wien der fünfte Vermisste. „Bei über 16-Jährigen kann man ja noch verstehen, wenn sie weg sind. Das ist auch tragisch. Aber die fünf, die fehlen, sind im Alter von 12, 13 und 14 Jahren“, sagt Trattner. Auch würde der Status der Kinder und Jugendlichen, die nach Wien gebracht werden, oft nicht stimmen. Theoretisch dürften nach Wien nur Menschen mit einer weißen Karte gebracht werden. Das heißt, solche, die vom Land in die Grundversorgung aufgenommen werden, weil sie zum Asylverfahren zugelassen sind. „Das ist aber definitiv nicht bei allen so“, sagt Trattner. Manche werden in die Obhut Wiens gegeben, obwohl sie noch nicht zum Verfahren zugelassen sind, manche hätten nicht alle Unterlagen dabei. „Wir kriegen auch Personen, die Dublin-Fälle sind. Das sollte alles nicht sein.“

Innenministerium dementiert

Das Innenministerium dementiert das: Alle, die in die Grundversorgung gebracht werden, sollten zum Verfahren zugelassen sein. Ohne die Namen in Einzelfällen zu wissen, gebe man keinen Kommentar dazu ab. Auch verteidigt man die Differenzen beim Transport der Kinder und Jugendlichen nach Wien. „Das kann damit zu tun haben, dass die Menschen zum Abfahrtszeitpunkt nicht erscheinen oder wegen eines Familienbezuges in Traiskirchen nicht fahren wollen. So etwas ist alltäglich“, sagt Innenministeriumssprecher Karlheinz Grundböck.

Rund 20 Prozent aller Asylwerber verschwinden einfach, nachdem sie in Österreich um Asyl angesucht haben. „Man geht davon aus, dass sie in ihre eigentlichen Zielländer weiterziehen“, sagt Grundböck. Das betrifft sowohl Erwachsene als auch unbegleitete Minderjährige. Letztere seien zu 90 Prozent Burschen im Alter zwischen 15 und 18 Jahre. Auch bei den vermissten Jugendlichen (laut Innenministerium ist der fünfte Vermisste in Traiskirchen) geht man davon aus, dass sie weitergezogen seien. Von der Polizei wurden die Jugendlichen zur Fahndung ausgeschrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.