Digitale Verwaltung: Gebührensenkung als Lockmittel

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THEMENBILD-PAKET: SPARPAKET/FINANZAMT(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Eine Offensive des Staates zur Nutzung der modernen Technik bei Behörden wird vorbereitet. Staatssekretärin Steßl strebt Recht für Bürger an, Amtswege online zu erledigen – viel mehr als nur die Steuererklärung.

Wien. 73 Prozent der Österreicher haben in den vergangenen zwölf Monaten Möglichkeiten der elektronischen Verwaltung genützt. Damit liegt Österreich knapp hinter Schweden (mit 75 Prozent), aber weit vor Deutschland mit 39Prozent. Immerhin 28 Prozent der Österreicher greifen bereits seit mindestens fünf Jahren auf das digitale Angebot der heimischen Verwaltung zurück, wobei allerdings etwa auch die Online-Nutzung von Fahrplanauskünften einbezogen wird. In der Schweiz sind es 17 Prozent, in Deutschland elf Prozent, in Schweden sieben Prozent. Das zeigt der aktuelle internationale E-Government-Monitor 2015 des Ipima-Instituts an der Technischen Universität München.

Die für den öffentlichen Dienst zuständige Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, Sonja Steßl (SPÖ), freut sich zwar über diese Spitzenplatzierungen bei der Nutzung, Österreich dürfe sich aber „nicht auf den Lorbeeren ausruhen“. Deswegen will sie das Angebot der digitalen Verwaltung nun weiter ausbauen. Gemeinsam mit Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) koordiniert sie die Erstellung einer „Digital Roadmap“ als Regierungsprojekt.

Erleichterung bei Anträgen

Für die Österreicher wird dabei auch ein finanzielles Zuckerl für den noch stärkeren Zugriff auf digitale Behördendienste und Amtswege ins Auge gefasst. „Wir überlegen eine Gebührenreduktion“, erklärt die Staatssekretärin, um die Nutzung von E-Government weiter voranzutreiben. Diese Gebührensenkung soll etwa zum Tragen kommen, wenn Anträge online gestellt werden. Näher möchte sich Steßl weder bezüglich des Zeitpunkts noch im Hinblick auf das Ausmaß der Gebührensenkung festlegen. Grund dafür ist, dass dem Staat damit Einnahmen entgehen, die angesichts der Steuerreform 2016 und zusätzlicher Ausgaben etwa für das Asylwesen dringend gebraucht werden.

Völlig neu ist die Idee nicht. Schon von 2005 bis 2008 hat es, wenn jemand eine Bürgerkarte beantragt hat, dies bereits gegeben. Allerdings wurde das Angebot nicht im erhofften Ausmaß genützt, weil die Einführung der modernen Digital-Technik für eine einfachere Verwaltung vor mittlerweile fast zehn Jahren noch zu früh war, wie nun bilanziert wird.

Jetzt lautet das Ziel und der Anspruch, den die Staatssekretärin an die Bundesverwaltung stellt: Die Bürger sollten ein „Recht darauf haben, ihre Amtswege online zu erledigen“. Mit Blick auf zahlreiche, vor allem auch ältere Personen, beruhigt sie sofort: An eine Verpflichtung für die Österreicher, alle Amtsdienste online abzuwickeln, sei nicht gedacht.

Der neue Anlauf für eine Digital-Offensive in der Verwaltung erfolgt vor dem Hintergrund, dass beispielsweise auch Banken ihre elektronischen Möglichkeiten deutlich ausgebaut haben. E-Banking sei den Menschen mittlerweile bereits vertraut, sagt Steßl.

Staat wird automatisch aktiv

Sie sieht die Vorteile in einer Vereinfachung des Lebens für die Bürger, die ihre Amtswege bequem von daheim aus erledigen können: „Man ist dann nicht mehr an die Amtszeiten gebunden.“

Darüber hinaus plant sie bereits bestehende Möglichkeiten, bei denen der Staat von sich aus aktiv wird, auszubauen. Als Vorzeigebeispiele gelten die seit Mai dieses Jahres eingeführte automatische Auszahlung der Familienbeihilfen und die geplante automatische Arbeitnehmerveranlagung, also der Steuerausgleich von Amts wegen. Konkret wird derzeit geprüft, welche Möglichkeiten es künftig bei An- und Ummeldungen von Personen gibt, aber auch Erleichterungen und Vereinfachungen nach der Geburt eines Kindes.

Andere bestehende Einrichtungen werden ohnehin bereits in Anspruch genommen. So besteht in Österreich seit dem Jahr 2003 die Gelegenheit, seine Steuererklärung elektronisch abzugeben. Bisher haben rund 3,3 Millionen Bürger davon Gebrauch gemacht.

Auch in internen Abläufen sollen die Anwendungen ausgebaut werden. So soll die Möglichkeit ausgeweitet werden, dass die Behörden Abfragen bei bereits vorhandenen Registern machen können, damit sich die Bürger die (neuerliche) Vorlage von Nachweisen ersparen. Voraussetzung dafür bleibt jedoch, dass der Bürger jeweils zustimmt.

Weniger Datenschutzbedenken

Die Offensive beinhaltet vor allem eine Ausweitung der Handy-Signatur. Bisher unterschreiben rund 545.000 Personen in Österreich bereits elektronisch. Deren Bekanntheitsgrad hat laut Untersuchung schon deutlich zugenommen. Nur 16 Prozent der 1000 Befragten bei der internationalen Studie über E-Government kannten die Handy-Signatur nicht.

Umgekehrt sind viele andere Online-Angebote der staatlichen Verwaltung noch völlig unbekannt. Für 78 Prozent der Befragten ist das Nicht-Wissen der Grund, warum sie Online-Behördendienste nicht in Anspruch nehmen (in Deutschland gilt das für 71 Prozent, in der Schweiz für 62 Prozent, in Schweden hingegen nur für 43 Prozent).

Als Benutzer-Barriere erweist sich außerdem die Skepsis der Bürger wegen des Datenschutzes. Fast jeder zweite befragte Österreicher (46 Prozent) nannte mangelnde Datensicherheit als Grund, warum er Online-Dienste nicht nutzt. Allerdings hat dieses Argument deutlich an Bedeutung – um zwölf Prozentpunkte – verloren. Dazu kommt freilich als Hürde für die digitale Verwaltung noch ein generelles Misstrauen gegenüber Behörden von immerhin 43 Prozent in Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2015)

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