Schwarzer Tag für Josef Pühringer

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Dieses Ergebnis sei mit nichts zu vergleichen, hier habe man nicht über Landespolitik abgestimmt. Nun beginne ein Umbruch des Systems, so der Tenor in der Volkspartei.

Linz. Schweigen. Nervosität. Grabesstille trotz eines vollen Saales. Nur einmal brandet in der ÖVP-Zentrale im Heinrich-Gleißner-Haus in Linz kurz Applaus auf, als Landeshauptmann Josef Pühringer den Saal betritt, aber die absehbaren Ergebnisse – oder die Strapazen der vergangenen Tage – stehen den Spitzen der Partei ins Gesicht geschrieben. Nicht nur einmal sprach Pühringer zuletzt davon, dieser Wahlkampf sei der schwierigste seiner Laufbahn. Den Sonntag nannte er den „herausforderndsten Wahltag meines Lebens“.

Stoisch und mit steinernen Mienen verfolgen Pühringer, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl die erste offizielle Hochrechnung. Dramatische Verluste für die ÖVP – zum ersten Mal wird sie in Oberösterreich weniger als 40 Prozent erreichen. Unruhiges Wippen mit den Füßen – dafür ist der Landeshauptmann ja bekannt – angespannte Blicke auf den Boden, und fest aufeinandergepresste Lippen. „Nein, bis zum Endergebnis sage ich dazu nichts“, bleibt sein einziger Kommentar, er verlässt den Saal. Mitterlehner folgt ihm. In der Parteizentrale aber ist der Tenor klar: Das war keine Oberösterreich-Wahl, dieses Ergebnis kann man mit keinem anderen vergleichen, hier wurde über die Themen Flüchtlinge und Asyl abgestimmt, nicht über Landespolitik. „Man darf diese Ergebnisse nicht an 2009 messen – das wäre, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen“, so die erste Reaktion von Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer. Es habe sich um keine Landtagswahl gehandelt, sondern sie sei von der „Völkerwanderung“ überlagert worden. Nicht umsonst habe man zu Beginn der Woche das Duell um Platz eins ausgerufen. Jetzt erlebe man eine andere politische Zeitrechnung, einen Umbruch des Systems.

Auch Christoph Leitl geht unmittelbar nach den Hochrechnungen in die Analyse: „Wir haben sicher Fehler gemacht, aber das Land steht gut da. Für die Flüchtlingskrise hat niemand eine Patentlösung, aber jetzt sind alle, vor allem die FPÖ, eingeladen, konstruktiv mitzuarbeiten, nicht nur Angst zu verbreiten.“ Was das für die ÖVP bedeutet? „Wir haben alle heute eine Gelbe Karte bekommen“, so Leitl. „Wir müssen Ängste ernst nehmen, die Wähler dort abholen.“ Das sei zuletzt nicht gelungen, auch weil die Zeit seit dem Beginn der großen Flüchtlingsströme nach und durch Österreich zu kurz war, um von der Emotionalität wieder hin zu einem sachlichen Diskurs zu kommen.

In der Parteizentrale herrscht am Wahlsonntag bittere Enttäuschung, eine Führungsdebatte will hier aber niemand lostreten. Die ÖVP habe „mit deutlichem Abstand Platz eins verteidigt“, daher geht Landesgeschäftsführer Hattmannsdorfer davon aus, dass Pühringer Landeshauptmann bleiben wird. Für Leitl steht auch Mitterlehner nicht infrage. Für ÖVP-Generalsekretär, Gernot Blümel, hat Pühringer „Schlimmeres verhindert“, und er zollt den Kollegen in Oberösterreich „größten Respekt“. Pühringer selbst wollte sich am Sonntag nicht festlegen, wie es weitergeht. Weder mit einer Koalitionsansage noch zu seiner persönlichen Zukunft: Er habe, hieß es Sonntagvormittag, eine „persönliche Schmerzgrenze für einen Rücktritt“. Wo er diese Grenze festlegt, werden die kommenden Tage zeigen.

AUF EINEN BLICK

Nach einem historisch schwachen Ergebnis für die Oberösterreichische Volkspartei herrschte in der Partei bittere Enttäuschung. Landeshauptmann Josef Pühringer wollte das Ergebnis zunächst nicht kommentieren, die Analyse in der Partei ist aber klar: Hier wurde nicht über die Landespolitik in Oberösterreich abgestimmt, hier ist es um die Themen Flüchtlinge und Asyl gegangen. Trotz aller Enttäuschung, eine Personaldebatte will in der ÖVP am Wahltag niemand lostreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2015)

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