FPÖ: Zwischen Klischee und Mittelschicht

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O�-WAHL: WAHLKAMPFABSCHLUSS FP�-OBER�STERREICH / HAIMBUCHNER / STRACHE(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Plus 16 Prozentpunkte in der Steiermark, plus 15 in Oberösterreich: Wer wählt eigentlich die FPÖ? Und vor allem warum? Die Antwort ist ebenso einfach wie die Wählerschaft vielschichtig.

Wien. „Es sind die hässlichsten Menschen Wiens, ungestalte, unförmige Leiber, strohige, stumpfe Haare, ohne Schnitt, ungepflegt, Glitzer-T-Shirts, die spannen, Trainingshosen, Leggins. Pickelhaut. Schlechte Zähne, ausgeleierte Schuhe. Die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sind ein schönerer Menschenschlag. Und jünger.“ So hieß es in einem viel diskutierten Artikel auf Profil Online über die FPÖ-Anhänger auf dem Viktor-Adler-Markt aus Anlass des Wahlkampfauftakts der Wiener FPÖ.

Das mag für den Ausschnitt Viktor-Adler-Markt seine – zugespitzte – Gültigkeit haben, in ihrer Gesamtheit bietet die FPÖ heute ein anderes Bild. Das zeigte sich schon bei der steirischen Landtagswahl im Mai: Bei der Siegesparty der steirischen FPÖ – sie hatte um 16 Prozentpunkte zugelegt – wähnte man sich eher auf einem Andreas-Gabalier-Konzert. Mittelschicht im schicken Trachtentuch.

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Die FPÖ ist weit in diese Mittelschicht eingedrungen. Dieser Befund beruht nicht nur auf den zahlreichen Erzählungen, die in den vergangenen Wochen im Kollegen- oder Bekanntenkreis immer wieder zum Besten gegeben wurden – Menschen, die bisher nie FPÖ gewählt hätten, würden nun FPÖ wählen –, sondern ist nach der oberösterreichischen Wahl auch demoskopisch untermauert: 84.000 Stimmen hat die FPÖ von der ÖVP gewinnen können, so das Ergebnis der Wählerstrom-Analyse von Sora. Das war der stärkste Zugewinn für die Freiheitlichen und der größte Wählerstrom bei dieser Wahl insgesamt. Zum Vergleich: Nur 28.000 Stimmen kamen diesmal von den Nichtwählern, einem sonst sehr großen freiheitlichen Wählerreservoir.Warum haben diese Menschen nun also FPÖ gewählt und nicht die etablierte Landeshauptmannpartei ÖVP mit dem im Land durchaus beliebten Josef Pühringer an der Spitze? Für 83 Prozent der FPÖ-Wähler war das Flüchtlingsthema das Hauptmotiv, so der Meinungsforscher Peter Hajek.

Schon in der Steiermark (und auch im Burgenland) hatte die Asylfrage die Landesthemen überdeckt und der FPÖ die entsprechenden Zugewinne beschert. Die Steirer-FPÖ plakatierte damals „Fremd im eigenen Land“, die Innenministerin ließ während des Wahlkampfs Zelte aufstellen – und Franz Voves versuchte gegenzusteuern, indem er sich auf die blauen „Hetzer“ einschoss. Es sollte ihm nichts nützen. Die FPÖ räumte Rot und Schwarz ab.

Proporz-Bekämpfung hin, Kritik am Kammernstaat her – das Ausländerthema ist seit Jörg Haider der Wahlkampfschlager der FPÖ. Haider konnte in seinen Reden alle möglichen Missstände geißeln, wirklich Stimmung in den Hallen kam auf, als er sich „die Ausländer“ vorknöpfte. Und Haider tat das nicht, weil er persönlich etwas gegen diese hatte, sondern weil er sich politisch die größtmögliche Wirkung davon versprach. Strache hat das einfach fortgesetzt. Und im Gegensatz zu Haider hat er überhaupt nur noch zwei Themen: Zuwanderung und EU.

Wie sieht der typische FPÖ-Wähler anhand des Datenmaterials aus Oberösterreich nun also aus? Er ist nach wie vor nah dran am Klischeebild, das man von ihm hat: männlich, jung, mit geringerer Bildung. 37 Prozent der Männer haben FPÖ gewählt, 38 Prozent der unter 30-Jährigen, 34 Prozent der Nichtmaturanten. Laut Hajek. Laut Sora wählten 61 Prozent der Arbeiter Blau. Bei Leuten mit Pflichtschul- und Lehrabschluss erreichte die FPÖ 38 bzw. 40 Prozent.

Die Fan-und-Funktionär-Kluft

Bezeichnend ist aber nicht nur der Gender- und Generation-Gap in Bezug auf die FPÖ und andere Parteien, sondern auch der Unterschied in der freiheitlichen Wählerschaft selbst. Den soeben beschriebenen FPÖ-Wählern aus mehrheitlich niederen sozialen Schichten stehen vielfach akademisch gebildete Menschen – nicht zuletzt die Burschenschafter –, klein- und mittelständische Unternehmer und andere Freiberufler in der Funktionärsschicht gegenüber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2015)

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