Nickelsdorf leer - Route verlagert sich nach Süden

(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Nach der Abriegelung der ungarisch-kroatischen Grenze nehmen Ankünfte im steirischen Spielfeld zu. Am Sonntag kamen erstmals keine Schutzsuchenden mehr über Ungarn nach Nickelsdorf.

Wien. Nachdem Ungarn in der Nacht auf Samstag seine Grenze zu Kroatien für Flüchtlinge de facto dichtgemacht hat, suchen die Menschen über Slowenien einen neuen Weg in Richtung Österreich und Deutschland. Am Sonntag kamen erstmals keine Schutzsuchenden mehr über Ungarn nach Nickelsdorf, im steirischen Spielfeld steigen die Ankunftszahlen dafür beträchtlich.

Während am Samstag noch einmal 4155 Menschen über das ungarische Hegyeshalom nach Österreich reisten, war das Areal am Grenzübergang Nickelsdorf um Mitternacht komplett leer. „Es ist sehr ruhig, um nicht zu sagen, es ist nichts los“, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion Burgenland auf Anfrage. Auch freiwillige Helfer berichteten auf Facebook, es kämen keine weiteren Züge mit Flüchtlingen mehr durch Ungarn, die Helfer seien bis auf Weiteres aus Nickelsdorf abgezogen. Die Zelte auf dem Areal bleiben allerdings vorerst stehen, hieß es vonseiten der Polizei: „Ein Abbau der Zelte ist noch kein Thema“, meinte der Sprecher.

Ankunftszahlen in Spielfeld steigen

Anders präsentierte sich die Situation im steirischen Spielfeld, wo es am Samstag mit gut 650 angekommenen Flüchtlingen noch relativ ruhig war. Alleine seit 6 Uhr seien indes 1000 Schutzsuchende über die Grenze gekommen, hieß es vonseiten des Bundesheeres am Sonntagmittag.

Auf der slowenischen Seite warteten im Transitlager Šentilj einer Polizeisprecherin zufolge noch einmal 1300 Menschen. Weitere wurden im Tagesverlauf erwartet: In den Vormittagsstunden überquerten 1800 Flüchtlinge die kroatisch-slowenische Grenze. Die Dolmetscher in Spielfeld sind im Übrigen Arabisch und Farsi sprechende Privatpersonen, die sich zur Verfügung gestellt haben.

Auch in Bad Radkersburg wurden am Sonntag mehrere hundert Flüchtlinge aus Slowenien erwartet. Am Vormittag befanden sich rund 330 Menschen, großteils Familien mit Kindern, auf der Murbrücke, die Gornja Radgona mit dem steirischen Ort verbindet. Um ihnen einen sicheren Grenzübertritt zu ermöglichen, wurde die Brücke nach Informationen der slowenischen Nachrichtenagentur STA für rund drei Stunden gesperrt. In Kärnten kamen, wie bereits am Samstag, keine Flüchtlinge aus Slowenien an. Dementsprechend verfügbar waren Kärntner Unterbringungsmöglichkeiten.

In der Dullnig-Halle in Klagenfurt (Kapazität 900 Personen) hielten sich am Vormittag laut Rotkreuz-Sprecherin Melanie Reiter 150 Personen auf, bei 106 handelte es sich um Asylwerber, die schon länger im Land sind. In der 300 Menschen fassenden Kowatschhalle in Villach waren 256 Menschen, die aus der Steiermark hierher gebracht wurden. Die ebenfalls 300 Personen Platz bietende Villacher Triglavhalle war voll verfügbar.

Allgemein scheint die Zusammenarbeit mit den slowenischen Behörden bisher wesentlich besser zu funktionieren als mit ihren ungarischen Kollegen. Die Slowenen lassen die Menschen immer nur in kleineren Gruppen von 60 bis 150 Personen nach Österreich weiterreisen. Auch die Versorgung in Spielfeld bzw. der Weitertransport in die Transitquartiere in Graz, Feldkirchen und Kärnten funktionierte vorerst gut. In allen Lagern gab es am Sonntag noch ausreichend freie Plätze.

Massiver Rückstau an der Grenze

Die slowenische Regierung hatte am Samstag erklärt, lediglich 2500 Schutzsuchende täglich von Kroatien übernehmen zu wollen, da man für diese Anzahl an Menschen auch eine adäquate Betreuung sicherstellen könnte. Dies droht nun allerdings zu einem massiven Rückstau an Flüchtlingen an der kroatisch-slowenischen Grenze zu führen, da allein am Samstag 6400 Menschen die serbisch-kroatische Grenze überquerten.

Bereits Sonntag in der Früh war das kroatische Transitlager in Opatovoc mit 4000 Menschen mehr als voll. Auch an der serbisch-kroatischen Grenze bildete sich nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters eine Schlange von 40 Bussen mit Flüchtlingen, die auf die Einreise warteten. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2015)

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