Bis 2000 Polizisten und 500 Asylbeamte mehr

FL�CHTLINGE: BM MIKL-LEITNER AN DER SLOWENISCH-�STERREICHISCHEN GRENZE IN SPIELFELD
FL�CHTLINGE: BM MIKL-LEITNER AN DER SLOWENISCH-�STERREICHISCHEN GRENZE IN SPIELFELD(c) APA/ERWIN SCHERIAU (ERWIN SCHERIAU)
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Die Regierungsspitze sucht beim Aufstellen von Grenzzäunen noch eine gemeinsame Sprache. Der Ministerrat gibt grünes Licht für kräftige Personalaufstockung bei der Exekutive und für Beinaheverdoppelung im Asylamt.

Wien. Wegen des unverminderten Ansturms von Flüchtlingen nach Österreich wirft die rot-schwarze Bundesregierung jetzt ihre Postenpläne für die kommenden Jahre völlig über den Haufen. Das Innenministerium darf nicht nur früher als geplant 1000 neue Polizisten einstellen, sondern es können bei Bedarf auch bis zu 2000 Polizisten mehr sein. Dazu kommen noch bis zu 500 zusätzliche Mitarbeiter beim Bundesasylamt bis 2019. Während über die Personalaufstockung Einigkeit zwischen SPÖ und ÖVP herrscht, tun sich Regierungsspitze und Minister noch schwer, geplante neue Sperren an der Südgrenze tatsächlich als Zaun zu bezeichnen.
Die Dimensionen des jetzt vereinbarten Personalpakets bestätigen die Herausforderungen, mit denen die Koalition durch die Flüchtlingskrise in Zukunft rechnet. Denn im Eilzugverfahren wurden die Wünsche von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nach mehr Personal weitgehend erfüllt. Die für den öffentlichen Dienst zuständige Staatssekretärin, Sonja Steßl (SPÖ), hat sich wie die gesamte Regierung beim Ministerrat am Mittwoch dahintergestellt.
Demnach wird die Aufnahme von 1000 Polizisten, die in der Regierung bis 2018 im Rahmen eines Sicherheitspakets bereits fix paktiert war, vorgezogen. Von 2015 bis 2018 war bisher jeweils die Aufnahme von 250 Personen bei der Polizei vereinbart. Der genaue Modus der Vorziehaktion wird noch im Laufe dieser Woche geklärt.

Vorbereitungen für Asyl auf Zeit

Es gibt auch bereits grünes Licht für eine weitere Aufstockung der Exekutive. In dem Ministerratsvortrag über die „Erstellung eines Aktionsplan zur Bewältigung der Flüchtlingsströme“, der der „Presse“ vorliegt, wird konkret festgelegt: Sollte aufgrund steigender Migrationsströme weiterer Bedarf bestehen, könnten Neuaufnahmen von „bis zu 2000 zusätzlichen Polizistinnen“ erfolgen. Nicht nur das: Ausdrücklich verankert wurde außerdem, dass „bis zu 500 zusätzliche“ Mitarbeiter beim Bundesasylamt bis 2019 eingestellt werden könnten.
Das kommt einer Verdoppelung schon nahe, weil das Amt über 680 Bedienstete verfügt. 125 Mitarbeiter mehr sind für heuer bereits fix, 150 können 2016 dazukommen. Hintergrund dafür ist, dass die Regierung auch durch Verschärfungen der Asylgesetze – vor allem die geplante Einführung von Asyl auf Zeit – mit mehr Personalbedarf rechnet, weil Einzelprüfungen nötig sind.
Darüber hinaus legt die Regierung den – zahlenmäßig nicht näher angeführten – verstärkten Einsatz von (billigeren) Zivildienern und Soldaten für Assistenzleistungen zur Bewältigung des Flüchtlingsansturms fest. Wobei man im Heer darauf verweist, dass der vereinbarte Rahmen von 2200 Soldaten im Assistenzeinsatz nicht ausgeschöpft ist: Derzeit sind rund 1500 Uniformierte im Dienst.
Neben der Personalaufstockung drehte sich am Mittwoch außerdem im Kanzleramt alles um die Frage: Zaun oder nicht Zaun?
Am Dienstag hatte Mikl-Leitner verkündet, die Planung einer „festen, kilometerweiten Sperre“ an der österreichisch-slowenischen Grenze in Auftrag gegeben zu haben. Tags darauf versuchte die Regierungsspitze auf recht kreative Weise, die Verwendung des Wortes Grenzzaun zu vermeiden: Kanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach von einer „technischen Sperre“, die man plane. Das könnte ein Gitter sein, aber auch Container. Fest stehe: „Wir grenzen Österreich nicht ein.“
Am Abend telefonierte Faymann auch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu dem Thema. Beide ließen via Aussendung verkünden, dass „Zäune keinen Platz in Europa haben“. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sprach am Vormittag ebenfalls von einer „baulichen Sicherungsmaßnahme“, die auch symbolischen Charakter habe: „Es geht um die Souveränität eines Staates. Damit nicht Bilder entstehen, die vermitteln, dass jeder über die Grenze spazieren kann.“

„Natürlich geht es auch um einen Zaun“

All diese Definitionen machte aber Mikl-Leitner im Voraus zunichte: Im ORF-Radio sagte sie: „Natürlich geht es auch um einen Zaun.“ Um Detailplanungen sollen sich nun Experten aus dem Innen- und Verteidigungsressort kümmern.
Mikl-Leitner hat am Mittwoch auch einen „Presse“-Bericht bestätigt: Demnach kommt es mit dem Sanktus der SPÖ neben dem Asyl auf Zeit auch zur Verschärfung des Familiennachzugs. Gegenüber den bisherigen Plänen gibt es wenige Änderungen, etwa wenn Minderjährige ihre Familie nachholen.

AUF EINEN BLICK

Bis zu 3000 zusätzliche Polizisten könnte es in naher Zukunft geben: Darauf einigte sich die Regierung am Mittwoch beim Ministerrat. 1000 Planstellen für die Exekutive waren bereits budgetiert, ihre Ausbildung wird nun vorgezogen. Sollte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dann zusätzlich noch Bedarf haben, können bis zu weitere 2000 Polizisten angestellt werden. Das Personal für das Bundesamt für Asyl- und Fremdenwesen wird außerdem nahezu verdoppelt.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2015)

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