Asylamt: Beamte dringend gesucht

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800 Mitarbeiter im Bundesamt für Asyl entscheiden darüber, ob ein Flüchtling anerkannt wird. Die Behörde bildet ihr Personal selbst aus – und stößt auch räumlich an Grenzen.

Wien. An Schulen. Im Heer. Bei der Post, der Telekom. Und auch schon im Internet: Auf so ziemlich vielen Wegen versucht Wolfgang Taucher, Mitarbeiter für seine Behörde zu rekrutieren. Er hat derzeit einige Stellen zu vergeben. Und wenn es so weitergeht, werden es in Zukunft noch mehr sein.

Taucher ist Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Also jener Stelle in Österreich, die unter anderem (in erster Instanz) entscheidet, ob einem Flüchtling Asyl gewährt wird. Mehr als 60.000 solcher Anträge wurden in diesem Jahr bereits gestellt. Und laut Taucher sollen es bis Jahresende noch 95.000 werden.

Als die Behörde neu gegründet wurde, ahnte dies dort niemand. Zumindest nicht in diesem Ausmaß: 2014 wurden 190 mit Fremdenrecht befasste Stellen zu einer zusammengelegt. Die Anzahl an Mitarbeitern damals: 555. Heute sind es rund 800 – bald soll sich die Zahl auf 1426 Posten erhöhen.

Nicht zwingend Juristen

Was zunächst überrascht: Auch wenn das Personal über den Asylstatus von tausenden Menschen entscheidet – eine juristische Ausbildung ist für den Job keine Voraussetzung. „All unsere Entscheidungen werden durch das Bundesverwaltungsgericht überprüft“, sagt Taucher. Ein Rechtsstudium sei daher nicht zwingend notwendig. Außerdem sei der Kern der Arbeit die Befragung von Flüchtlingen. Dafür müsse man geschult sein – „und das ist nicht zwingend ein juristischer Job“. Welche Eigenschaften man also dann für die Arbeit brauche? „Verantwortungsbewusstsein, Neugierde und Freude, mit Menschen zu arbeiten“, sagt er.

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Die Mitarbeiter müssen vom Asylamt selbst ausgebildet werden: „Es gibt weder Schulen noch Universitäten mit einer Migrationsausbildung.“ Noch würde das Personal nach einer rund sechsmonatigen Einschulung in den Job einsteigen können. Für die Zukunft würde sich Taucher aber eine akademisierte, externe Stelle für die Ausbildung wünschen. Vor allem, weil die Anzahl der Jobs in diesem Bereich wohl zunehmen würde.Vor allem aber muss man bedenken: Die Arbeit findet in einem äußerst sensiblen Umfeld statt. Asylsuchende werden zur Behörde geladen. Dort werden sie – mit einem Dolmetscher – zu ihrer Fluchtgeschichte befragt. „Das Interview ist zu Ende, wenn ihre gesamte Geschichte erfasst ist“, meint Taucher. „Das kann in kritischen Fällen mehrere Tage dauern.“ In jedem Fall – auch bei Syrern – würde man Einzelverfahren durchführen.

25.974 solcher Statusentscheidungen wurden von Jänner bis Ende September getroffen. Das sind um 46 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Wie kommt die Behörde mit dem „massiven Mehraufwand“, wie es auch Taucher nennt, zurecht? „Wir machen zwar schwerpunktmäßig Überstunden“, sagt er. „Aber wir wollen nicht, dass das Asylsystem von Überstunden lebt.“

Sechs neue Außenstellen

Daher sei man schon Kooperationen mit Post, Telekom und Verteidigungsressort eingegangen: Mitarbeiter können sich umschulen lassen und zum Asylamt wechseln. Auch auf dem freien Arbeitsmarkt werden Interessenten gesucht.

„Wir sind auch schon an unsere räumlichen Grenzen gestoßen – und haben sieben neue Außenstellen geplant“, verkündet Taucher. Fünf davon sollen bis Jahresende stehen. „Ich weiß aber jetzt schon, dass sie nicht ausreichen werden – und suche wieder neue Standorte.“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2015)

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