Faymann: "Flüchtlinge sind Opfer, nicht Täter"

Faymann und Merkel in
Faymann und Merkel inAPA/dpa/Kay Nietfeld
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Der Bundeskanzler warnt bei seinem Berlin-Besuch davor, dass Europa in einen Wettstreit tritt, "wer die besten und höchsten Zäune baut".

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat bei dem Besuch bei seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel in Berlin einen "Wettbewerb, wer die besten und höchsten Zäune" gegen die Flüchtlinge baut, kritisiert. Europa könne nicht 20.000 Kilometer Stacheldraht um die Europäische Union herum bauen. Auch sollte kein Wettstreit darüber entstehen, welches Land die errichteten Mauern in der Folge am sichersten verteidigt.

Überhaupt sei er, so sagte Faymann der "Süddeutschen Zeitung", überzeugt, dass die EU von der Wirtschafts- und Sozialpolitik bis zum Flüchtlingsthema und der Sicherheitspolitik kein Thema finde, wo jene Recht hätten, die auf hohe Mauern und Abschottung setzten. Europa benötige seine gesamte kreative politische Kraft: "Wir brauchen ein stärkeres Europa", forderte er und legte einen kleinen Seitenhieb auf Brüssel nach, wo "leider in vielen Bereichen einiges sehr langsam" funktioniere.

"Flüchtlinge sind nicht die Täter"

Besonders unverständlich fand Faymann am Donnerstag, dass in der politischen Diskussion die Themen Flüchtlinge und Terroristen in einen Topf geworfen werden. "Die Flüchtlinge sind die Opfer und nicht die Täter."

Die Menschen, die allein seit der griechischen Grenze bereits 2000 Kilometer zu Fuß marschiert seien, könne man nicht aufhalten, indem man ihnen irgendeine Erklärung abgebe. Es hätte polizeilicher oder militärischer Gewalt bedurft. Aber – und dafür erhielt Faymann Extra-Applaus – "eine Gesellschaft, die Werte der Freiheit, des Asylrechts und der Menschenrechte hochhält und die auch andere Länder in der Welt darauf hinweist, wie diese ihre Menschenrechte wahrzunehmen haben, eine solche Gesellschaft kann keine humanitäre Katastrophe anrichten".

Kontrolleinrichtungen und Transitzonen kein Ausweg

Die Flüchtlingskrise sei auch nicht durch Kontrolleinrichtungen oder Transitzonen zu bewältigen. Dadurch lasse sich der Flüchtlingsstrom nicht halbieren. Die Kontrollen brauche man nicht zur Abschreckung, sondern um Kriminellen und Schleppern den Kampf anzusagen. "Zu diesen Kontrollen müssen wir uns als Europäische Union bekennen. Aber dies bedeutet keinen einzigen Flüchtling weniger!"

Unmittelbar bevor Faymann vom Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung" im Hotel Adlon – wo es trotz der politischen Prominenz keine Sicherheitskontrollen gab – ins Kanzleramt fuhr, betonte er seine enge Abstimmung mit seiner Amtskollegin Angela Merkel. Unmittelbar nach Faymann trat Peter Altmaier, Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator, ans Rednerpult. Aus Zeitgründen konnte weder Altmaier Faymanns Rede noch Faymann Altmaiers Ausführungen folgen.

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(APA)

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