SPÖ: Fast alle gegen Niessl

BURGENLAND-WAHL 2015: NIESSL
BURGENLAND-WAHL 2015: NIESSL(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Der burgenländische Landeshauptmann verlangte von der Bundespartei einen Kurswechsel in der Asylpolitik. Genosse um Genosse richtete ihm daraufhin gestern aus, dass das nicht nötig sei.

Wien. Begonnen hat alles mit dem geplanten Containerdorf für Flüchtlinge am Bundesheer-Truppenübungsplatz im burgenländischen Bruckneudorf. Die rot-blaue Landesregierung in Eisenstadt macht seit Tagen dagegen mobil. Montagabend gab es Proteste unter dem Motto: „Ja zur Hilfe – Nein zum Massenquartier“. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer äußerte daraufhin Unverständnis über seine Landsleute: „Ordnung und Menschlichkeit sind die Eckpunkte unseres Handelns.“

Wenig später erschien ein Interview des burgenländischen Landeshauptmanns, Hans Niessl, in der „Kronen Zeitung“: „Es ist ein Kurswechsel der SPÖ in der Asylpolitik notwendig“, forderte er darin. Zudem sprach er sich für „eine klare Trennung von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen“ aus. „Eine Flüchtlingspolitik, die den Grundsatz hat, dass jetzt eh der Winter kommt und damit weniger Flüchtlinge, halte ich für verantwortungslos und nicht vorausschauend“, so Niessl. Auch die aktuellen Entwicklungen in Europa würden für einen Kurswechsel sprechen, Schweden mache die Grenzen zu, Deutschland fordere massiv europäische Kontingente. „Wir können doch nicht glauben, dass wir jedes Jahr 100.000 Flüchtlinge aufnehmen und in weiterer Folge die Integration zu 100 Prozent und ohne Probleme funktionieren wird.“

Von SPÖ-Chef Werner Faymann abwärts gingen dann (fast) alle auf Distanz zu Niessl: Dessen Forderung nach verstärkten Rückführungen sei „obsolet“, meinte der Kanzler. Denn das Problem der zu geringen Rückführungszahlen sei bekannt, und man versuche, daran zu arbeiten, so Faymann nach dem Ministerrat. Ansonst seien jede Menge Maßnahmen – ob der Zaun in Spielfeld, Gesetzesänderungen oder Hilfe an Ort und Stelle – bereits in Umsetzung. „Hie und da muss man auch einem Landeshauptmann sagen, was alles im Gange ist“, so Faymann spitz.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder meinte, das sei wohl „ein Diskussionsbeitrag“, der aufgrund der speziellen burgenländischen Situation entstanden sei. Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, nannte das „Zurufe, die eigentlich, sagen wir einmal, relativ inhaltsleer sind“. „Absolut gar nichts“ hält auch Oberösterreichs SPÖ-Landesparteichef, Reinhold Entholzer, von den Forderungen Niessls. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass an der Grenze jemand zwischen einem politischen und einem Wirtschaftsflüchtling unterscheiden kann.“

Und in dieser Tonart ging es weiter: „Die SPÖ steht für die Einhaltung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention. Ich richte daher den klaren Appell an die SPÖ-Führung, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen“, so der Tiroler SPÖ-Chef, Ingo Mayr. Der Vorarlberger SPÖ-Chef, Michael Ritsch, zeigte zwar ein wenig Verständnis („Nach den großen Durchzugsströmen durch das Burgenland ist die Lage eine andere als in Vorarlberg“), rügte jedoch die Vorgehensweise, dem Kanzler medial etwas auszurichten. Eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen lehne er, Ritsch, ab. Ebenfalls keinen Grund für das Ändern des Parteikurses sieht der Salzburger SPÖ-Chef, Walter Steidl.

Peter Kaiser schert aus

Differenzierter sieht dies hingegen der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann, Peter Kaiser. Es sei in der Realität zwar nicht immer einfach, zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden. Aber jene, die kein Anrecht auf Asyl haben, müssten schneller wieder rückgeführt werden. Kaiser plädiert im „Presse“-Gespräch für ein besseres Rückführungsmanagement, am besten EU-weit und auf der Basis von Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern. Und er halte es auch für sinnvoller, Menschen in der Nähe ihrer Heimat zu betreuen. Um ein Zehntel des Geldes, das wir nun bei uns für die Flüchtlinge ausgeben würden, könnte man dort lebenswürdige Umstände schaffen. (oli/APA)

Flüchtlingskrise - Diskutieren Sie mit im Themenforum!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.