3500 Menschen bei Lichterkette für Zivilcourage in Wien

KUNDGEBUNG LICHTERKETTE 2009
KUNDGEBUNG LICHTERKETTE 2009(c) APA (Georg Hochmuth)
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Nach dem umstrittenen EU-Wahlkampf wollten die Organisatorinnen der Lichterkette um das Parlament ein Zeichen für ein respektvolles Miteinander setzen. Auch in Graz demonstrieren 600 Menschen.

Für Zivilcourage, kulturelle Vielfalt und Menschenwürde sind am Donnerstagabend über 3500 Menschen in Wien auf die Straße gegangen. Die friedlich verlaufene Lichterkette um das Parlament mutierte zwischenzeitlich zu einer großen Party, motivierten die Trommler-Gruppen der NGO "Attac" doch viele Demonstranten zum Tanzen. Weil weder die Veranstalter noch die Behörden einen derartigen Ansturm erwartet hatten, musste kurzfristig die Ringstraße gesperrt werden.

"Wir waren verdammt wütend", erklärte die Studentin Romy Grasgruber, eine der beiden Organisatorinnen der Veranstaltung. Die Wut habe sich vor allem gegen die "Hetze" der FPÖ im EU-Wahlkampf, aber auch gegen den Rechtsruck in Österreich allgemein gerichtet. "Wir sind hier, um ein Zeichen zu setzen, dass Hetze, Diskriminierung und Ausgrenzung nicht normal sind", so Grasgruber. "Uns geht es um Zivilcourage, Vielfalt und Menschenwürde", meinte die zweite Organisatorin Maria Sofaly.

Viele waren dem Aufruf der beiden Studentinnen im Internet, mit Fackeln eine Lichterkette um das Parlament zu ziehen, gefolgt. Nachdem gegen 19 Uhr nur etwa 500 Menschen vor das Parlament gekommen waren, musste die Ringstraße schon knapp eine Stunde später gesperrt werden. "Weder die Veranstalter noch wir haben mit so vielen Teilnehmern gerechnet", meinte der Einsatzleiter der Polizei.

Glawischnig und Rudas unter den Demonstranten

Letztendlich fanden sich nach Angaben der Polizei über 3500 Menschen vor dem Parlament ein, wobei vom Punk bis zum Anzugträger und vom Kleinkind bis zur Seniorin alles vertreten war. Unter die Demonstranten mischten sich auch einige Abgeordnete der Grünen, wie etwa Bundessprecherin Eva Glawischnig oder die zukünftige Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek. Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas war unter den Anwesenden.

Neben Ansprachen gegen Anti-Islamismus und Antisemitismus war auch der umstrittene Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) Thema. Der Schriftsteller Doron Rabinovici etwa bezeichnete Graf als "Skandal" und forderte ihn zum Rücktritt auf, wofür er lautstarken Applaus erntete. "Wir haben nicht das Recht, uns an einen Parlamentspräsidenten zu gewöhnen, der am Neonazismus anstreift." Davor, dass "die Rechten" auch "Strohköpfe" in der ÖVP und der SPÖ hätten, warnte hingegen Schriftsteller Robert Menasse in seiner Rede. Der Kabarettist Werner Brix trat auf die Bühne, um FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache "und seinen Gefährten" mit seiner eigenen "Christenhand" den Mittelfinger zu zeigen.

Laut Polizei verlief die Demonstration friedlich. Es sei lediglich zu einem kleinen Zwischenfall gekommen: Graf sei aus einem Nebengebäude erschienen, worauf sich ihm einige Demonstranten in den Weg gestellt hätten. Aber auch diese Situation sei ohne Konflikte gelöst worden, meinte der Einsatzleiter der Polizei. Gegen 22.30 Uhr löste sich die Veranstaltung langsam auf.

(c) APA (Georg Hochmuth)

In Graz nahmen rund 600 Menschen an einem Lichtermarsch mit Lesungen und Ansprachen vom Hauptbahnhof bis zum Mariahilfer-Platz teil. Die Kundgebung verlief ausgesprochen friedlich und von harmonischem versöhnlichen Tönen geprägt. Am Ende der Veranstaltung gab es sogar für die eingesetzten Polizisten freundlichen Applaus und "Bravo"-Rufe.

"Wir beziehen Stellung"

Einer der Organisatoren, der steirische Karikaturist und Comic-Zeichner Jörg Vogeltanz, meinte: "Wenn man uns auch als Kerzelrmarschierer bezeichnet, so wissen wir, wir lösen keine Revolutionen aus, wir wollen das auch gar nicht, aber wir treten gegen die Verblödung der politischen Kultur durch alle Fraktionen auf. Wir beziehen Stellung." Weiters meinte Vogeltanz: "Migrationen sind eine Tatsache, Monokulturen sind nicht nur im Pflanzenreich schädlich. Wir müssen längst fällige Anpassungen durchsetzen."

Am Schluss der Veranstaltung, bei der vom Grazer Schülerchor Kepler Spatzen die Europa-Hymne "Freude Schöner Götterfunken" gesungen wurde, wurden schließlich gegen 21.30 Uhr einige Dutzend weiße Luftballons mit Friedensbotschaften in den Himmel steigen gelassen.

(APA)

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