Bis zu 15.000 Asylquartiere fehlen

Fluechtlinge
Fluechtlinge (c) imago/epd
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Die Zahl der Flüchtlinge in Grundversorgung hat sich auf 73.000 mehr als verdoppelt. Jetzt erfolgt ein neuer Anlauf für die Unterbringung in Kasernen, bundes- und staatsnahen Liegenschaften.

Wien. Der Zustrom von Flüchtlingen nach Österreich hat zwar nachgelassen. Aber rund 600 sind am Donnerstag im steirischen Spielfeld wieder über die Grenze gekommen. Dabei stellt der Ansturm von Asylwerbern die Bundesregierung jetzt im Winter vor eine weitere, besondere Herausforderung. Denn in Zusammenarbeit mit den Bundesländern können zwar derzeit fast 73.000 Asylwerber in Quartieren beherbergt werden. Bis Jahresende brauche man aber noch bis zu 15.000 Plätze, wenn auch rund 7000 Asylsuchende, die derzeit in Transitquartieren Unterschlupf gefunden haben, eine fixe Unterkunft erhalten sollen, wie der „Presse“ im Innenministerium erläutert wurde.

Auftrag zur Quartiersuche. Die Konsequenz: Bei Treffen in dieser Woche wurde die von der Bundesregierung eingesetzte Taskforce zur Bewältigung der Flüchtlingskrise mit der eiligen Suche nach weiteren Unterkünften beauftragt. Das betrifft Flächen und Liegenschaften des Bundes, der ÖBB, der Autobahnstraßengesellschaft Asfinag und der Bundesforste. Auch in Bundesheerkasernen sollen mehr Asylwerber unterkommen.

Kapazitäten schon mehr als verdoppelt. Angesichts des Engpasses an Quartieren geht fast unter, dass Österreich im heurigen Jahr die Plätze für betreute Asylsuchende ohnehin bereits enorm aufgestockt hat. Aktuell sind 73.000 Menschen in der Grundversorgung (siehe Grafik unten). Das ist gegenüber dem Beginn des Jahres mehr als eine Verdoppelung, damals waren es rund 31.000. Bis Ende des Jahres werden noch rund 10.000 Asylanträge erwarten, nach den Prognosen wären das 2015 dann insgesamt rund 95.000.

• Übergangslösung in Transitquartieren.
Derzeit behilft sich der Bund, indem 7000 Menschen statt in festen Unterkünften in den Transitquartieren beherbergt werden, die an sich für in Richtung Deutschland durchreisende Flüchtlinge vorgesehen sind. Steigt der Andrang, werden dort die insgesamt 20.000 Plätze knapp. Außerdem gibt es schon jetzt Kritik an den vorhandenen Zuständen. So hält etwa die Stadt Wien das Dusika-Stadion nicht für eine langfristige Unterbringung geeignet. „Die Transitquartiere können keine Lösung sein“, heißt es im Innenressort. Daher seien weiter alle gefordert, Bund und Bundesländer. Von diesen liegen nach wie vor einige deutlich unter der vereinbarten Aufteilungsquote: So fehlten in Oberösterreich und Tirol jeweils mehr als 1000 Plätze.

Durchgriffsrecht brachte 3000Plätze. Der Bund hat mit dem neu eingeführten Durchgriffsrecht seit Anfang Oktober die Möglichkeit, in Liegenschaften des Bundes in Gemeinden Asylwerber einzuquartieren. Mit dieser Maßnahme wurden bis Ende November rund 3000 Plätze geschaffen.

(c) Die Presse


Kasernen im Visier. Im Zuge der Suche wird nun erneut die verstärkte Unterbringung in Kasernen ins Auge gefasst. Bisher finden dort zum Teil in Containern in der Schwarzenberg-Kaserne in Salzburg und in Hörsching bei Linz sowie in Vomp in Tirol und Fehring in der Steiermark rund 830 Flüchtlinge eine Bleibe. Im Verteidigungsministerium wird versichert, man sei grundsätzlich bereit, mehr Menschen aufzunehmen. Es gibt weitere Angebote, aber das Heer könne auch dann nicht den gesamten Bedarf decken. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) betonte, nach dem Verkauf von einem Drittel der Heeresliegenschaften stünden kaum noch geeignete Gebäude zur Verfügung. Das Innenministerium müsse die angebotenen Quartiere außerdem annehmen. Das Hauptproblem bei der Suche nach Unterkünften ist jedoch: Es gibt regional heftige Widerstände. Das hat sich zuletzt speziell in Bruckneudorf im Burgenland gezeigt, wo man die Flüchtlingsquote in der Gemeinde bereits erfüllt sieht.

Container. Die Taskforce hat nicht nur feste Gebäude im Auge, sondern auch besonders geeignete Flächen, auf denen ähnlich wie in der Kaserne in Salzburg-Wals Container für Flüchtlinge errichtet werden können. Auch diesbezüglich werden die Kontakte zu staatsnahen Institutionen jetzt nochmals intensiviert. Was aber dabei besonders beachtet werden soll, ist, dass solche Container nicht in Regionen aufgestellt werden, in denen die Flüchtlingsquote ohnehin eingehalten wird.

Grenzzaun. Unabhängig von den akuten Schwierigkeiten, winterfeste Flüchtlingsquartiere aufzutreiben, muss sich das Innenministerium weiter mit Problemen um den Grenzzaun in Spielfeld an der steirisch-slowenischen Grenze herumschlagen. Es bleibt bei der Errichtung, auch wenn es eine Lücke geben wird, weil Grundeigentümer ihre Zustimmung verweigern, hieß es am Freitag. Die Landespolizeidirektion Steiermark bezifferte die Kosten allein für die Zaunmiete für ein halbes Jahr mit 330.000 Euro. Mehrkosten ergeben sich, weil beim „Loch im Zaun“ Beamte zur Überwachung einspringen müssen. Die Höhe der Entschädigungszahlungen für Grundeigentümer ist vorerst noch offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2015)

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