Der Verteidigungsminister ist nach einem vielversprechenden Start ins Abseits geraten und gilt als potenzieller Ablösekandidat im Falle einer Regierungsumbildung.
Wien. Verteidigungsminister zu sein gehört zu den undankbarsten Jobs in der Regierung. In einem Land, in dem die politische Elite das Bundesheer für ein unnötiges Übel hält, das bestenfalls für Repräsentationszwecke geduldet wird, kann der dafür zuständige Minister eigentlich nur zweierlei machen: Den ihm aufgezwungenen Mangel verwalten und hoffen, dass der vielbeschworene Ernstfall nicht eintritt.
Gerald Klug hat zu Beginn seiner Ministerschaft einen vielversprechenden Start hingelegt: Als Nachfolger von Norbert Darabos, dem man seine Berührungsängste mit dem gesamten militärischen Apparat angemerkt hat, wusste er ebendiesen durch forsches Auftreten und demonstrative Interessenbekundung zu gewinnen.
Dabei blieb es aber auch schon. Gröbere Spuren im Bundesheer hat Klug in den fast drei Jahren seiner Ministerschaft nicht hinterlassen. Das Grundproblem des Bundesheers ist dasselbe geblieben: ein überdimensionierter Beamtenapparat, von dem nur ein kleiner Teil tatsächlich in Einsätze geschickt werden kann, der aber mit seinen Personalkosten einen großen Teil des Heeresbudgets bindet.
Generalstab entmachtet
Das lässt sich nicht von heute auf morgen ändern, Klug hat aber – ebenso wie seine Vorgänger – die notwendigen Strukturreformen nicht einmal ansatzweise in Angriff genommen. Und auch der Versuch, die Truppe für sich einzunehmen, ist zunehmendem Misstrauen gewichen. Der Minister hat sein persönliches Kabinett ausgebaut und geht dazu über, den Generalstab zu entmachten und Entscheidungen bis ins kleinste Detail sich selbst vorzubehalten.
Dass die Einsparungen im Budget zu einem guten Teil auf dem Rücken des Bundesheers ausgetragen wurden, hat Klug ohne nennenswerte Proteste hingenommen, auch wenn die Umsetzung das Bundesheer an den Rand der Handlungsunfähigkeit gebracht hat: Das ging sogar so weit, dass aufgrund von Treibstoff-Rationierungen die Mobilität der Truppe stark eingeschränkt wurde.
Es war wohl auch ein parteipolitischer Auftrag, den Gerald Klug hier umgesetzt hat: Keinen großen Wirbel machen, denn mit dem Bundesheer lässt sich bei den Wählern wenig gewinnen.
Das hätte auch funktioniert, wenn sich nicht in den vergangenen Monaten die unausgesprochene Prämisse als falsch erwiesen hätte: dass nämlich das Bundesheer ohnehin nicht mehr benötigt wird und es reicht, zum Schein eine Truppe präsentieren zu können, die man der Öffentlichkeit als einsatzbereit verkauft.
Flüchtlingsströme und der Terror in Frankreich haben aber gezeigt: Österreich braucht auch in der heutigen Zeit noch eine echte Armee. Denn es ist schwer vorhersehbar, welchen Herausforderungen die Sicherheitspolitik des Landes sich in den nächsten Jahren stellen muss.
Peinlichkeit der Sonderklasse
Jetzt fällt es Klug auf den Kopf, dass er es als seine Hauptaufgabe gesehen hat, den Mangel zu administrieren. Dass alle sechs Parlamentsparteien inklusive seiner eigenen Partei, der SPÖ, ihn im Dezember aufgefordert haben, endlich für seine Sache einzutreten und eine entsprechende Ausstattung für das Heer zu fordern, ist für den Minister eine Peinlichkeit der Sonderklasse.
Ob es jetzt noch reicht, die Sparpläne für das Bundesheer zu überarbeiten, darf bezweifelt werden. Verteidigungsminister Gerald Klug ist angeschlagen, und es ist fraglich, ob er den Job noch längere Zeit behalten wird. Am 15. Jänner wird die SPÖ bekannt geben, wen sie um das Rennen um die Präsidentschaftswahl schicken wird.
Wenn das, wie allgemein angenommen, Sozialminister Rudolf Hundstorfer sein wird, liegt die Vermutung nahe, dass Bundeskanzler Werner Faymann das zum Anlass für weiterreichende Änderungen in seinem Regierungsteam nehmen wird. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Gerald Klug eine derartige Regierungsumbildung nicht übersteht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2016)