SPÖ/ÖVP verhandeln über Abschaffung Kalter Progression

Schelling und Steßl
Schelling und SteßlAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Auf Beamten- und Expertenebene gibt es bereits Gespräche. Bekannt ist bisher nur, dass die SPÖ einen Automatismus strikt ablehnt.

Nach dem heuer die Steuerreform in Kraft getreten ist, haben sich SPÖ und ÖVP nun der Abschaffung der "Kalten Progression" gewidmet. Diese frisst nämlich die jetzt in Kraft getretene Steuerentlastung in zwei, drei Jahren wieder auf, weil die Arbeitnehmer durch Lohnerhöhungen in höhere Steuerklassen rutschen und dadurch wieder mehr Lohnsteuer zahlen. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) möchte, dass die Reform greift, wenn die "Kalte Progression" die Entlastung der Steuerreform wieder wettmacht - also in den Jahren 2018 oder 2019. Kosten soll das seinen Angaben zufolge 400 Millionen Euro pro Jahr.

Wie der "Kurier" am Donnerstag berichtete, hat Schelling bereits der in der SPÖ zuständigen Staatssekretärin Sonja Steßl vor Weihnachten seinen Vorschlag übermittelt. Details sind nicht bekannt. Beide Seiten bestätigten am Donnerstag lediglich, dass es auf Beamten- und Expertenebene bereits Gespräche gibt. Über konkrete Modelle zur Reform sagen SPÖ und ÖVP noch nichts. Bekannt ist bisher nur, dass die SPÖ einen Automatismus, wie er von Schelling ein paar Mal erwähnt wurde, strikt ablehnt.

SPÖ will "Spielraum und Handlungsfähigkeit" behalten

In der SPÖ betonte man am Donnerstag, dass man zwar die "Kalte Progression" abschaffen bzw. deren Effekte "abmildern" wolle, die Politik aber "Spielraum und Handlungsfähigkeit" behalten müsse, um sozialschwächere Personen stärker entlasten zu können. Das gemeinsame Ziel in der Regierung sei damit unbestritten. Der Weg dahin sei jedoch zu verhandeln, hieß es aus dem Büro von Staatssekretärin Steßl.

Der SPÖ schwebt vor, einen Schwellenwert festzulegen, ab dem Maßnahmen zur Milderung der "Kalten Progression" gesetzt werden müssen. So wird etwa im ÖGB/AK-Steuerkonzept folgendes vorgeschlagen: "Wenn nach dem Inkrafttreten einer Absenkung des Einkommensteuertarifs die Inflation - gemessen durch die Veränderung des jährlichen kumulierten Verbraucherpreisindex - fünf Prozent übersteigt, dann hat die Bundesregierung Maßnahmen zur Beseitigung der bis dahin entstandenen Auswirkungen der kalten Progression zu beschließen. Diese Maßnahmen müssen spätestens im Folgejahr wirksam werden."

Finanzministerium nennt ausländische Beispiele

Das Finanzministerium verwies darauf, dass 18 von insgesamt 30 OECD-Staaten den Einkommensteuertarif an die Preis- bzw. Inflationsentwicklung anpassen, darunter Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz und die USA.

Grundsätzlich gebe es drei Möglichkeiten, Inflationsanpassungen im Einkommensteuerrecht zu machen. Zum einen gibt es in manchen Ländern eine automatische gesetzliche Anpassung, wenn die Inflation eine Mindesthöhe überschreitet. Derartige Modell gibt es innerhalb der EU in Dänemark und den Niederlanden, aber auch bestimmte Schweizer Kantone, die USA und Kanada haben eine solche gesetzliche Indexierung.

Andere Regierungen sind wiederum verpflichtet, wenn bestimmte Schwellenwerte erreicht werden, einen Vorschlag zu machen, der vom Parlament beschlossen werden muss. Dieses Modell gibt es innerhalb der EU in Frankreich und Luxemburg. Die dritte Variante ist die, mit der geringsten Bindung. Demnach erfolgt in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung, eine Anpassung ist aber nicht an konkrete Vorgaben gebunden und somit nicht bindend. Dieses Modell gibt es innerhalb der EU in Großbritannien, Irland, Norwegen, Schweden, aber auch die Schweiz (ausgenommen bestimmter Kantone).

Auch Deutschland hat heuer Schritte gesetzt, um die "Kalte Progression" abzumildern. Und zwar wurden die Eckwerte des Einkommensteuertarifs leicht verschoben. Das heißt, der sogenannte Grenzsteuersatz gilt jeweils erst bei einem etwas höheren Einkommen.

(APA)

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