Nach seiner Absage für die Hofburg-Wahl spricht sich Pröll gegen die Unterstützung von Irmgard Griss aus: "Man setzt ja auch keinen Fahrschüler in ein Formel-1-Auto."
Er stehe momentan bei der Hälfte seiner Legislaturperiode und es sei "wichtig, sowohl für Niederösterreich, als auch für die Bundespartei", dass er diese bis zum Ende absolviere. So begründete Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) am Freitag gegenüber der "Presse" seine Entscheidung, nicht für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren zu wollen.
Nun rechne er damit, dass die Volkspartei am Sonntag einen eigenen Kandidaten vorstellen werde. Dass die Partei die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshof, Irmgard Griss, unterstützen könnte, verneinte der Landeschef: "Man setzt ja auch keinen Fahrschüler in ein Formel-1-Auto." Ein schwarzer Kandidat für das höchste Amt im Staat müsse ein "politischer Profi" sein.
Dass er selbst dafür nicht zur Verfügung stehe, habe Pröll Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner bereits vor Weihnachten mitgeteilt, damit dieser ausreichend Zeit habe, um sich nach einem neuen Kandidaten umzusehen.
Keiner seiner Vorgänger hat länger durchgehalten: Seit mehr als 23 Jahren herrscht Erwin Pröll über Niederösterreich. Als "Landesfürst" von Österreichs größtem Bundesland geschieht auch in der Bundes-ÖVP zumeist sein Wille. So wie auch jetzt: Zwar wurden Pröll seit Tagen und Wochen Rosen gestreut, doch er blieb eisern. Das Amt des Bundespräsidenten passe nicht in seine "Lebensplanung", ließ er via ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner verkünden - seine erwartete Kandidatur bleibt damit aus. Ein Blick auf den Werdegang des 69-Jährigen. Die Presse
Pröll wurde am 24. Dezember 1946 in eine Weinbauernfamilie in Radlbrunn, Bezirk Hollabrunn, hineingeboren. 69 Jahre später ist er noch immer ein Radlbrunner. (Bild: Pröll im Brandlhof in Radlbrunn) Die Presse
Pröll besuchte die Volksschule in Radlbrunn und die Hauptschule in Ziersdorf. Schließlich maturierte er in Tulln an der Donau. Nach dem Präsenzdienst führte ihn sein Weg an die Universität für Bodenkultur Wien, wo er das Studium der Agrarökonomie wählte, welches er 1976 als Dr. nat. tech. abschloss. Dissertationsthema: "Entwicklungschancen der Landwirtschaft im politischen Bezirk Hollabrunn". APA
Noch vor seiner Promotion wurde der Niederösterreicher 1972 in den Österreichischen Bauernbund als wirtschaftspolitischer Referent geholt. Mit 33 Jahren folgte der Schritt in die niederösterreichische Landesregierung - als Agrarlandesrat -, im Jänner 1981 wurde er Landeshauptmann-Stellvertreter. (c) APA (Robert Jaeger)
Am 22. Oktober 1992 wurde Pröll als Nachfolger Siegfried Ludwigs zum Landeshauptmann von Niederösterreich gewählt - und avancierte damit vom Vize zum "ersten Diener Niederösterreichs", wie er es nennt. Auch wenn es heute schwer vorstellbar scheint, folgte auf die Kür zum "Landesfürsten" ein Wahlflop: Bei der Landtagswahl 1998 war die absolute Mandatsmehrheit passé. Zehn Jahre später holte Pröll sie zurück. Und baute sie 2008 aus: 54,4 Prozent stimmten für Prölls Landespartei – und das in einem Jahr, indem die ÖVP bei der Nationalratswahl bei 26 Prozent landete. APA
Weniger positiv fiel ein Auftritt Prölls im Juli 1997 aus: Burgschleinitz im Bezirk Horn feierte damals sein 30-Jahr-Jubiläum als Großgemeinde. In einer Festrede verwies ein Pfarrer aus dem Ort auf die Gehaltsunterschiede zwischen "kleinen Leuten" und "Landeshauptleuten". Daraufhin verlor Pröll die Fassung und warf dem Geistlichen vor, die Veranstaltung zu "versauen". Sein Gehalt rechtfertigte er damit, dass er Verantwortung trage, während der Pfarrer sich nach der Feier niederlege. Fazit: "Legen Sie sich nicht mit mir an, sonst müssen wir woanders weiterreden." APA
Pröll gilt als Verfechter der Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ. Im Jahr 2000 war er noch Befürworter von Schwarz-Blau, zwei Jahre später trat er als Gegner dieser Variante auf. Zudem ist Pröll, der ein gutes Verhältnis zu Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) pflegt, einer der mächtigsten Politiker der ÖVP. So richtete er im Sommer 2012 beispielsweise seinem damaligen Bundesparteichef Michael Spindelegger aus, dass eine Volksbefragung über die Wehrpflicht stattzufinden habe - am 20. Jänner 2013 wurde sie abgehalten. (Bild: Häupl und Pröll) APA/ROLAND SCHLAGER
Zudem saßen bzw. sitzen vertraute Niederösterreicher wie Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger und insbesondere Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wohl nicht ganz zufällig in der Bundesregierung. Auch Ernst Strasser, vormals Innenminister und später "Lobbyist" in Brüssel, stammte aus Prölls "Stall" - wie auch sein Neffe, der frühere Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll. (Bild: Josef und Erwin Pröll) APA/HERBERT PFARRHOFER
Bereits im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl 2010 wurde Pröll als möglicher schwarzer Kandidat gehandelt - doch er lehnte ab, stattdessen führte er seine Partei drei Jahre später erneut als Spitzenkandidat in die Landtagswahl und verteidigte die "Absolute" - trotz leichter Verluste und dem Antreten von Frank Stronach. Beobachter orten den Erfolg des Politikers auch in seiner Geselligkeit: Er ist in Niederösterreich geradezu omnipräsent, schüttelt Hände, herzt die Menschen bei Kirtagen und tritt auch bei Katastrophen auf - wie dem Hochwasser im April 2006 in Dürnkrut. Diese Stärke soll auch da und dort Journalisten verleitet haben, das System Pröll nicht allzu kritisch zu hinterfragen. APA
Langes Bitten und Werben ging nun Prölls Entscheidung voraus, nicht bei der diesjährigen Hofburg-Wahl anzutreten: Seit September 2014, als ihm erstmals in einem Interview die Frage gestellt wurde, ob er kandidieren wolle, betonte er vehement: Das sehe seine "Lebensplanung" nicht vor. Auch zahlreiche Bekundungen seitens seiner Parteikollegen, wonach er ein "sehr guter Kandidat" wäre, konnten daran bis zuletzt nichts ändern. Die Presse
Privat ist der 69-Jährige, der bekennt, nur ein Buch in seinem Leben fertig gelesen zu haben ("Der Schatz im Silbersee", Autor Karl May), mit der in Wien geborenen Elisabeth Pröll (ehemals Terebesy) verheiratet und hat mit ihr vier Kinder. Er gilt als leidenschaftlicher Radfahrer. Aber er hat auch andere Hobbys, wie aus der Biografie "Erwin Pröll - Profil eines Politikers", verfasst von den Journalisten Christiane Scholler und Helmut A. Gansterer, zu erfahren ist. Darin wird der "Landesfürst" wie folgt zitiert: "Ich beobachte gern per Feldstecher von der Terassentür aus die Vogelwelt. Besonders hat es mir ein schöner Buntspecht angetan." APA/HANS KLAUS TECHT
Erwin Pröll: Aus dem ''Landesfürsten'' wird kein Präsident
In einem Gespräch mit der APA betonte der Landeshauptmann am Freitag außerdem: "Man muss wissen, wo man hingehört." In seiner Lebensplanung nehme die Hofburg "keinen Platz ein".
Er sei inzwischen 36 Jahre in Niederösterreich "mit sehr viel Einsatz und Emotion für das Land" tätig, davon 23 Jahre als Landeshauptmann. "Das kann man nicht wegwischen", betonte Pröll. Die Bevölkerung habe ihm dreimal "absolutes Vertrauen geschenkt". Bei den vergangenen zwei Wahlen habe er jeweils etwa 300.000 Vorzugsstimmen erhalten. "Das ist eine Verantwortung, die man spüren muss."
ÖVP spekuliert nicht, FPÖ spottet
ÖVP-Hofburgkandidaten seit 1951APA
In der ÖVP hat man sich am Freitag davor gehütet, in der Öffentlichkeit über den Ersatz für Pröll als Hofburgkandidaten zu spekulieren. Die Unterstützer Prölls, die sich öffentlich für seine Kandidatur stark gemacht haben, nahmen dessen Absage zur Kenntnis. Dass diese Unterstützer nun desavouiert seien, wies ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald zurück. Diese Personen hätten nur auf entsprechende Journalistenfragen geantwortet, sagte er im "Ö1"-Mittagsjournal.
Einer dieser Befürworter Prölls war Tirols Landeshauptmann Günther Platter. Er habe Pröll vorgeschlagen, weil dieser "absolut die Fähigkeit" für das Amt gehabt hätte, sagte Platter am Freitag. Familienministerin Sophie Karmasin gab sich indes durchaus überrascht über Prölls Rückzieher. Sie sei sich aber sicher, Mitterlehner "wird uns einen sehr interessanten und attraktiven Kandidaten oder Kandidatin vorstellen". Für Wiens ÖVP-Obmann Gernot Blümel ist die Entscheidung Prölls "selbstverständlich zu akzeptieren und zu respektieren".
Mit Häme kommentierte hingegen die FPÖ Prölls Nicht-Antreten. Pröll folge damit dem "vom ihm selbst aufgestellten Gesetz der Serie - zuerst anzukündigen um dann wieder zurückzuziehen", meinte Generalsekretär Herbert Kickl. "Durch seine Nichtkandidatur macht sich Niederösterreichs Landeshauptmann endgültig zum Hätti-Wari-Präsidenten. Hätte ich kandidiert, hätte ich gewonnen...", so Kickl zu Prölls Selbsteinschätzung.