Bundesheer: Wieder eine Wehrpflichtdebatte

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Sowohl über eine Verlängerung des Präsenzdienstes als auch über den Einsatz von Grundwehrdienern an der Grenze herrscht bei den Parteien komplette Uneinigkeit.

Wien. Die Debatte über die Wehrpflicht in Österreich geht in die nächste Runde. Anlass ist diesmal die von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise in den Raum gestellte Verlängerung des Präsenzdienstes von sechs auf acht Monate. Auch diesmal vertreten die beiden Regierungsparteien unterschiedliche Positionen. Doch auch in der Opposition finden sich keine zwei übereinstimmenden Meinungen.

Die ÖVP spricht sich klar gegen die von Doskozil angestoßene Verlängerung aus, zumindest in dem Modus, in dem der Minister sie erwägt. Konkret kritisiert ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger, dass Doskozil nur eine Ausnahmeregelung, den Aufschubpräsenzdienst, nutzen will. Damit können bis zu 5000 Wehrpflichtige „bei außergewöhnlichen Verhältnissen“ länger behalten werden.

„Alle Kräfte an die Grenze“

Schönegger fordert dagegen, dass alle verfügbaren Kräfte, und damit auch Präsenzdiener ab dem dritten oder vierten Ausbildungsmonat, an der Grenze eingesetzt werden. Damit könne die derzeitige Länge des Präsenzdienstes beibehalten werden. Eine Verlängerung kann er sich nur bei einer deutlichen Zuspitzung der Lage vorstellen. Dann soll diese aber dauerhaft sein und mit einer Verlängerung des Zivildienstes einhergehen.

Die FPÖ geht erwartungsgemäß weiter: Verteidigungssprecher Reinhard Bösch hält eine dauerhafte Verlängerung des Wehrdienstes auf acht Monate für unbedingt notwendig. Zudem will er „in dieser Staatskrise alle Einsatzkräfte an die Grenze schicken“, also auch Präsenzdiener. Geht es nach Bösch, sollen diese nach Abschluss der Basisausbildung2, also nach 16 Wochen Dienst, an der Grenze eingesetzt werden.

Klar entgegengesetzt äußert sich der grüne Sicherheitssprecher, Peter Pilz. Für ihn würde eine Verlängerung des Wehrdienstes „zwei zusätzliche gestohlene Monate“ bedeuten. Generell hätten Präsenzdiener an der Grenze nichts verloren. Die Polizei schicke auch nicht ihre Schüler dorthin. Pilz erneuert die Ablehnung des Grundwehrdienstes an sich: Präsenzdiener würden ihre sechs Monate derzeit mit unsinnigen Tätigkeiten wie Toilettenputzen oder Kartoffelschälen verbringen. Den Einsatz von Berufssoldaten für die Grenzsicherung, wie er im Moment passiert, hält Pilz dagegen für sinnvoll.

Auch Rainer Hable, Verteidigungssprecher der Neos, kann einer Verlängerung der Wehrpflicht nichts abgewinnen. Er fordert dafür, dass die Miliz aktiviert wird. Diese sei erfahrener als Präsenzdiener und sei für solche Zwecke gedacht. Beim Einsatz von Präsenzdienern an der Grenze, kommt es für Hable auf den Zweck an. Nur im Rahmen eines sicherheitspolizeilichen Grenzeinsatzes hält er dies für sinnvoll. Um Zelte aufzustellen, seien hingegen Hilfsorganisationen besser geeignet. Es hätte generell keinen Sinn, junge Menschen an der Waffe auszubilden und sie dann solche Tätigkeiten verrichten zu lassen. Für verantwortungslos hielte Hable es, würden Wehrpflichtige noch während der Ausbildungszeit an der Grenze eingesetzt.

Lange Ausbildung wäre nötig

Beim Bundesheer kann man der politischen Debatte wenig abgewinnen. Offiziell heißt es, der Generalstab prüfe derzeit, ob und wie Grundwehrdiener an der Grenze eingesetzt werden können und ob ein Aufschubpräsenzdienst in dieser Situation infrage käme.

Hinter vorgehaltener Hand wird aber relativiert: Derzeit finde man mit den etwa 1000 Berufssoldaten, die an der Grenze im Einsatz sind, das Auslangen. Und man könne diese nicht einfach durch 1000 Präsenzdiener ersetzen. Für diese bedürfe es einer Ausbildung von etwa vier Monaten, um sie überhaupt zur Grenze schicken zu können. Auch dann könne nicht jeder Grundwehrdiener einfach eingesetzt werden. Es käme dabei auch auf die Tauglichkeit und die spezifische Ausbildung an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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