Asyl: Rechtshilfe in der Hofburg

Heinz Fischer.
Heinz Fischer.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Eine Aussprache beim Bundespräsidenten in rauen Zeiten für die Regierung: Fischer ließ sich informieren, wie es mit der Obergrenze für Flüchtlinge weitergehen soll.

Wien. Es kommt äußerst selten vor, dass die halbe Bundesregierung zum Bundespräsidenten pilgert, wenn nicht gerade eine größere Regierungsumbildung ansteht. Die von SPÖ und ÖVP eingeleiteten Restriktionen, um den Flüchtlingsstrom nach Österreich einzudämmen und die Frage, was mit dem 37.501., der an der Grenze um Asyl ansucht, passiert, halten die Staatsspitze extrem auf Trab. Verbunden mit der zuletzt stark anschwellenden EU-Kritik an Österreich, war das für Heinz Fischer Anlass, Bundeskanzler Werner Faymann, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, mehrere Minister, zwei Landeshauptleute und einen Höchstrichter, den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs, Rudolf Thienel, am Mittwochabend in die Hofburg zu zitieren.

In Regierungskreisen sah man im Gespräch mit der „Presse“ in dem Auflauf in der Präsidentschaftskanzlei jedoch nichts Ungewöhnliches: „Es gibt auch selten ein Thema dieser Größenordnung.“ Schon beim Verlassen der Hofburg lautete die einheitliche Sprachregelung der Teilnehmer, es habe sich um eine „konstruktive“ Aussprache gehandelt. Von einer Kopfwäsche Fischers, der nach dem SPÖ-Einschwenken auf eine härtere Linie in der Flüchtlingsfrage, demonstrativ zur Willkommenskultur steht, wollte niemand etwas wissen. „Ich bin kein Friseur“, sagte der Präsident. Und gestern im ORF weiter: „Ich habe weder gepfiffen, noch Haare gewaschen, noch zitiert, noch befohlen.“ Er sei ein Mensch des Dialogs, des Gesprächs. Es sei ein sachliches Gespräch gewesen, mit dem alle einverstanden gewesen seien. 

Aus dem Teilnehmerkreis war zu erfahren, Sinn des Zusammentreffens in der Hofburg sei die gegenseitige Information über verschiedene Standpunkte gewesen. In durchaus harmonischer Atmosphäre, wie ein Beobachter schildert, kamen dabei allerdings auch diffizile rechtliche Probleme zur Sprache. Die EU-Kommission hatte Österreich Ende der Vorwoche rechtswidriges Vorgehen mit der angekündigten Obergrenze für Asylanträge vorgeworfen.

„Buntheit“ bei Standpunkten

Die Regierung, angeführt von Faymann und Mitterlehner, hielt an ihrer Linie fest. Das Interessante sei aber gewesen, dass jeder Ressortchef aus seiner Sicht gesprochen habe. Dabei habe sich doch „eine gewisse Buntheit“ gezeigt, war am Tag nach dem Treffen zu erfahren. Von einer Auseinandersetzung wollte man aber keinesfalls sprechen.

Ergebnis: Es wird nun auf das Rechtsgutachten der beiden Experten Bernd-Christian Funk und Walter Obwexer gewartet. Mit diesem wird Mitte/Ende März gerechnet. Jedenfalls wurden bei der Aussprache dazu auch etliche juristische Argumente ausgetauscht. Festgelegt hat sich die hochkarätige Runde beim Bundespräsidenten aber auf nichts Näheres.

Die beiden anwesenden Ländervertreter, der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl (SPÖ), und Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer (ÖVP), der im ersten Halbjahr 2016 den Vorsitz in der Konferenz der Landeshauptleute führt, waren sich am Donnerstag einig: Sie verwahrten sich gegen die scharfen Attacken Deutschlands und der EU wegen des Kurses in der Flüchtlingspolitik.

Bürgermeister Häupl, der vor der Wien-Wahl im Oktober 2015 im Duell mit FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache wie damals auch noch Faymann demonstrativ für eine tolerante Asylpolitik eingetreten war, bezeichnete nun im ORF-Radio die Kritik aus dem Ausland an Österreich als „ungerecht“. Häupl hat im Jänner den Beschluss für eine Obergrenze von 37.500 Asylanträgen im Jahr 2016 mitgetragen, was ihm in seiner Wiener SPÖ Widerstand und Unmut eingebracht hat.

Für ihn sind die Vorwürfe wegen der Beschränkung des Flüchtlingszustroms an der Südgrenze nicht nachvollziehbar. Diese Kritik solle sich eher an jene Länder in Europa richten, die sich in der Flüchtlingskrise unsolidarisch verhalten, meinte der Wiener Bürgermeister.

Regierung geschlossen, Kanzler erfreut

Ins gleiche Horn stieß der Salzburger Landeshauptmann Haslauer. Nationale Maßnahmen seien nötig, solange andere europäische Länder nicht ihren Anteil an der Bewältigung des „Flüchtlingsdramas“ übernehmen, meinte dieser. Deutschland wiederum solle „sagen, wie viele sie nehmen wollen“. Mit Bayern sieht der Landeshauptmann im Gegensatz zur Regierung in Berlin keine Probleme. Das geschlossene Vorgehen der Bundesregierung in der Flüchtlingskrise freut den ÖVP-Politiker.

Faymann sagte nach dem Ende der knapp zweistündigen Aussprache auf die Frage, ob Fischer mit der Arbeit der Regierung bei den Asylproblemen zufrieden sei, knapp: „Das müssen Sie ihn fragen.“ Nachsatz des Kanzlers: „Ich bin zufrieden.“ Die ÖVP-Vertreter verkündeten, was sonst nicht so oft über ihre Lippen kommt: „Wir sind eine Regierung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.