U-Ausschuss zu Bespitzelungsvorwürfen

FP-Chef Strache bezichtigt die Grünen, FPÖ-Politiker bespitzelt zu haben
FP-Chef Strache bezichtigt die Grünen, FPÖ-Politiker bespitzelt zu haben(c) APA (Robert Jaeger)
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Die FPÖ greift die Grünen an. FP-Chef Strache präsentiert interne E-Mails des Grünen Abgeordneten Öllinger über eine Zusammenarbeit mit Linzer Polizisten. Auch die Handy-Überwachung Westenthalers wird untersucht.

Wien. Spitzelvorwürfe einmal anders: Die FPÖ wirft den Grünen vor, mit Hilfe eines „Netzwerks von Polizeibeamten mit Stasimethoden gegen Abgeordnete vorzugehen“. Dies sei „der größte Spitzelskandal der Zweiten Republik“, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Freitag im Parlament. Als Auftraggeber im Mittelpunkt stehe der grüne Abgeordnete Karl Öllinger, dessen E-Mail-Verkehr der FPÖ offensichtlich zugespielt wurde.

Der „Presse“ liegt exklusiv ein Teil des E-Mail-Verkehrs vor, den Öllinger mit dem Linzer Polizisten Uwe Sailer (siehe Interview unten) geführt hat. Öllinger hat Aufträge an Sailer bereits bestätigt, allerdings seien diese an Sailers Firma für Datenforensik gegangen. In den E-Mails, die zwischen 28. Juni und 8. Juli dieses Jahres verschickt wurden, geht es um Recherchen Öllingers im Graubereich zwischen rechter Szene und FPÖ:

Fall Alpen-Donau-Info: Abgeordneter Öllinger will wissen, wer hinter der rechtsextremen Homepage steht. Das herauszufinden sei schwierig, schreibt Sailer, da ein amerikanischer Proxyserver dazwischengeschaltet sei, „und die Praxis belegt, dass wir von dort nie etwas bekommen“. Er habe allerdings, so Sailer in einem anderen Mail, mit Fachleuten einige tolle technische Ideen diskutiert, die er in den nächsten Wochen umsetzen wolle, „um der Seite und den dahinterstehenden Funktionären den Garaus zu machen.“

Fall Wimmer: Öllinger will wissen, ob der Spitzenkandidat der FPÖ Linz, Detlef Wimmer, Mitglied einer weit rechtsgerichteten Organisation namens BFJ ist. Gegen BFJ-Mitglieder hat es vor einem Jahr in Wels einen Prozess wegen Wiederbetätigung gegeben, der in erster Instanz mit Freisprüchen geendet hat. Sailer ist skeptisch, ob er das nachweisen kann, aber: „Vielleicht gelingt mir ein Husarenstück“.

Fall Gudenus: Ein Brief des FPÖ-Abgeordneten Peter Fichtenbauer (gerichtet an den Vertreter einer jüdischen Organisation) landete auf der Alpen-Donau-Homepage. Die Faxkennung auf dem Brief lässt erkennen, von wo der Brief weitergeschickt wurde: Von einer Adresse, an der der Exabgeordnete John Gudenus und sein Sohn Markus – er ist persönlicher Referent von Heinz-Christian Strache – gemeldet sind. Nicht klar ist allerdings, ob das Fax direkt von Gudenus an die rechte Homepage ging, Öllinger wollte Aufklärung.

Entscheidend für die Bewertung der FPÖ-Spitzelvorwürfe ist wohl, ob Sailer für seine Arbeit Ressourcen des Polizeiapparates verwendet hat, wie die FPÖ vermutet. Strache stellt im Gespräch mit der „Presse“ weitere Anschuldigungen in den Raum: Sailer könne als IT-Experte Ekis-Abfragen für die Grünen gemacht haben, ohne dabei Spuren hinterlassen zu haben. Und der grüne Abgeordnete Peter Pilz könne die E-Mails des früheren Innenministers Ernst Strasser (Pilz stellt diese Mails seit Monaten auf seine Homepage) aus dieser Quelle bezogen haben. Strache hat jedenfalls eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft gerichtet.

Das Innenministerium hat bereits Freitagnachmittag Ermittlungen in dieser Causa eingeleitet. Das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) sei schriftlich beauftragt worden, „den Vorwürfen nachzugehen und raschest eine Klärung herbeizuführen“, sagte ein Sprecher von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP). sRechtliche Schritte wollen auch Öllinger und Pilz einleiten. Der Vorwurf der Bespitzelung sei „reichlich absurd“, sagte Öllinger. Pilz will Strache wegen des Vorwurfs, er habe Sailer Spitzelaufträge erteilt, zivilrechtlich klagen: Er kenne Sailer gar nicht.

Vier Parteien für U-Ausschuss

Am Freitagabend verständigte sich dann der Nationalrat auf die Einrichtung eines U-Ausschusses. Eingebracht wurde der Antrag von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen. Untersucht werden sollen die Vorwürfe gegen Öllinger und die Handyüberwachung Westenthalers durch die Polizei. Drittes Thema werden angebliche Einflussnahmen ausländischer Geheimdienste auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrats sein.

Der Antrag im Wortlaut

Antrag (...) auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S : V : F : B : G = 5 : 5 : 3 : 2 : 2 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

1. Aufklärung, ob politische Mandatare in der XXIII. und XXIV. GP gesetzwidrig überwacht wurden

2. Untersuchung des in der Sitzung des Nationalrates am 10. 7. 2009 erhobenen Vorwurfs der Anstiftung zur Bespitzelung von Personen im politischen Umfeld des Parlaments sowie des Vorwurfs der tatsächlichen Bespitzelung dieses Personenkreises durch Organe der Republik auf Grund von Ersuchen von Mandataren und

3. Aufklärung darüber, welche Erkenntnisse die Sicherheitsbehörden über versuchte Einflussnahmen ausländischer Geheimdienste in der XXIII. und XXIV. GP auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrates besitzen.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten der Bundesministerien für Inneres und Justiz sowie von Akten der Justizbehörden sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Gemäß § 33 verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2009)

(APA)

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