Justiz: Überwachungssoftware für Handy und Laptop

INTERVIEW: JUSTITZMINISTER BRANDSTETTER
INTERVIEW: JUSTITZMINISTER BRANDSTETTER(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Der Justizminister schickt umstrittene Gesetze in Gegutachtung. Für Kronzeugen sind auch neue Regeln geplant.

Wien. Nun wird es ernst: Diese Woche will Justizminister Wolfgang Brandstetter einen Entwurf in Begutachtung schicken, der weitere Überwachungsmöglichkeiten vorsieht. Wie „Die Presse“ bereits Anfang Februar berichtet hat, geht es dem Minister im Wesentlichen darum, auch Internettelefonie und verschlüsselte Kommunikation zu überwachen.

Einen Bundestrojaner wird es aber definitiv nicht geben, wie Brandstetter zuletzt dem „Kurier“ bestätigte. Der mit der SPÖ akkordierte Gesetzesentwurf enthalte „keine Überwachungsmöglichkeit durch Eindringen von Computersystemen von außen mittels Spionagesoftware und Internetüberwachung“. Stattdessen sollen aber Ermittler etwa bei Hausdurchsuchungen die Möglichkeit haben, auf Handys oder Computern Überwachungssoftware zu installieren. Alles nach Genehmigung durch einen Richter.

Kritiker wie der grüne Justizsprecher, Albert Steinhauser, sehen die Gesetzespläne Brandstetters aber weiterhin kritisch. „Es bleibt ein intensiver Grundrechtseingriff, weil eine Spionagesoftware installiert und alles aufgezeichnet wird“, sagt er zur „Presse“. Zudem habe die Vergangenheit gezeigt, dass die als Kampf gegen den Terrorismus beschworenen Methoden dann vielerorts zur Anwendung gekommen seien. So sei etwa auch bei Väterrechtlern, bei Demonstranten oder in einem Fall, bei dem ein Mistkübel beim AMS angezündet wurde, wegen Terrorismus ermittelt worden. Steinhauser fürchtet, dass es eine derart „exzessive Auslegung“ dann auch für die neue Überwachungssoftware geben könnte.

Auch bei der ebenfalls von Brandstetter im Februar angekündigten Verlängerung der Kronzeugenregelung sollen nun Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die jetzige Regelung würde Ende des Jahres auslaufen, das Justizministerium bereitet gerade einen Entwurf vor, um sie – modifiziert – zu verlängern. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim will die Kronzeugenregelung ebenfalls weiterhin anwenden. Das Justizministerium sei aber tatsächlich „dringend aufgefordert“, die jetzige Regelung zu verbessern, sagt er. Denn derzeit handle es sich „mehr um eine Scheinlösung“ als eine tatsächlich wirksame Hilfe bei Ermittlungen.

Kronzeugenregel attraktiver machen?

Die jetzige, 2011 in Kraft getretene Regelung sieht vor, dass Mittäter einer Anklage entgehen können, wenn sie mit den Behörden kooperieren und zur Aufklärung beitragen. Dies gilt für Korruption und Wirtschaftsverbrechen sowie für Delikte mit einer Strafdrohung von mehr als fünf Jahren. Allerdings habe ein Zeuge, der auspackt, keine Garantie dafür, tatsächlich straffrei zu bleiben, rügt Steinhauser. Und genau das könne der Grund sein, warum es momentan in der Praxis so wenige Kronzeugen gebe. Steinhauser will eine gesetzliche Garantie für Kronzeugen, unter gewissen Umständen ungeschoren davonzukommen.

Bis Ende 2014 gab es laut einer Studie drei Kronzeugenfälle, drei weitere waren in Vorbereitung. Das Justizministerium will die bisherige Anzahl nicht nennen. Zum Teil seien die Verfahren nicht abgeschlossen.

Rupert Wolff, Präsident des Rechtsanwaltskammertags, möchte die Kronzeugenregelung hingegen wieder ganz abschaffen. „Es spricht nicht für einen guten Rechtsstaat, dass jemand, der eine Straftat begangen hat, straffrei bleibt, weil er einen anderen verpfeift“, meint der Anwältevertreter. (aich/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2016)

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