Kickl: "Mich stört das gutmenschliche Getue"

Es wäre unverantwortlich, noch mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen, meint Herbert Kickl, seit 2005 FPÖ-Generalsekretär.
Es wäre unverantwortlich, noch mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen, meint Herbert Kickl, seit 2005 FPÖ-Generalsekretär.Die Presse
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FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl über die richtige und die falsche Flüchtlingspolitik am Beispiel Ungarn und Österreich. Und über die Unterschiede zwischen Erdoğan und Putin.

Die Presse: Die FPÖ wollte eine Obergrenze – jetzt gibt es eine. Sie wollte einen Grenzzaun – jetzt gibt es einen. Und im Mai wird das Asylrecht noch einmal verschärft. Eigentlich müssten Sie mit der Regierung zufrieden sein.

Herbert Kickl: Das zeigt ja nur, dass wir die Probleme vor allen anderen erkannt haben. Allerdings sind noch lange nicht alle unserer Forderungen erfüllt.

Was verlangen Sie als Nächstes?

Wir brauchen ein Bekenntnis, dass Österreich kein Zuwanderungsland ist. Das ist eine relativ alte FPÖ-Forderung, aber aktueller denn je.

Wollen Sie auch bei den Flüchtlingen einen Aufnahmestopp?

Es ist unverantwortlich, weiter Menschen ins Land zu lassen, wenn man nicht einmal denen, die schon da sind, eine Perspektive geben kann. Was werden wir mit denen auf dem Arbeitsmarkt machen? Wo werden wir sie unterbringen?

Was ist mit dem Recht auf Asyl?

Es gibt auch ein Recht auf Bildung, aber wenn jeder auf die Universität gehen will, wird die Universität zusammenbrechen. Das Ganze richtet sich nach der Machbarkeit. Und Österreich ist in dieser Krise kein Machbarland. Mich stört dieses gutmenschliche Herumgetue, als könnten wir die ganze Welt retten.

Würden Sie sagen, dass sich Österreich der ungarischen Flüchtlingspolitik angenähert hat?

Orbáns Handeln beruht auf Grundsätzen, Faymann und Mitterlehner handeln aus Angst vor einer Wahlwatsche. Im Übrigen hat Orbán nur getan, was die EU verlangt hat: Er hat die Außengrenze gesichert.

Die EU hat nicht verlangt, dass er Flüchtlinge ins Gefängnis steckt.

Regierungspolitiker zu sein bedeutet eben nicht, immer nur das Angenehme zu tun. Manchmal muss man vielleicht auch zu unpopulären Schutzmaßnahmen greifen.

Die FPÖ hat den Türkei-Deal der EU scharf kritisiert, unter anderem, weil sie Präsident Erdoğan für einen „Gewaltherrscher“ hält. Wo ist da der Unterschied zu Russlands Präsident Putin, den die FPÖ ja ziemlich gut findet?

Putin will nicht Teil der EU werden. Und mir ist auch nicht bekannt, dass er Milliarden an Vorbeitrittshilfe von der EU erhalten hätte.

Was heißt das im Umkehrschluss? Dass man Menschenrechte ignorieren darf, wenn man nicht EU-Mitglied werden will?

Nein, das heißt es nicht. Natürlich gibt es in Russland viel zu kritisieren, wenn es um Menschen- und Medienrechte geht. Aber wir kennen auch die Geschichte. Ich traue mich zu sagen, dass sich Russland seit dem Sowjetkommunismus weiterentwickelt hat – auch wenn das die Linken nicht wahrhaben wollen.

Wo wir schon bei der Weltpolitik sind: Welchen Präsidenten wünschen Sie sich in den USA?

Es wird den Amerikanern ziemlich egal sein, wen ich mir wünsche.

Aber den FPÖ-Wählern unter Umständen nicht.

Ich gehe davon aus, dass Frau Clinton das Rennen machen wird.

Das wäre in Ihrem Sinne?

Das wird die Realität sein.

Was halten Sie von Trump?

Es schadet nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. Dass er oft danebenliegt, ist eine andere Sache.

Patriotismus scheint in Mode zu sein, auch in Österreich. Ärgern Sie sich, dass auch Van der Bellen mit dem Heimatbegriff wirbt?

Mich erinnert das an den Gütesiegel-Schmäh: Man schreibt Bio drauf und drinnen ist das Gegenteil. Ich kaufe Van der Bellen weder den lieben Opa noch den Patrioten ab. Genauso gut könnte man Trump als Freund der Mexikaner bezeichnen.

Wieso haben Sie Ursula Stenzel intern nicht als Kandidatin durchgebracht?

Sie werden offenbar nicht müde, Legendenbildung zu betreiben. Hofer war die erste Wahl, Stenzel wäre die zweite erste Wahl gewesen.

Aber Sie mussten Hofer erst überreden.

Wissen Sie was? Es spricht für ihn, dass er nicht gleich gesagt hat: „Ich kann eh alles.“ Hofer hat die nötige Portion Zweifel. Man sieht in der Politik ja meist die anderen Typen.

Wer kommt in die Stichwahl?

Ich stelle mich auf ein Duell zwischen Hofer und Hundstorfer ein.

Zuletzt sah es für Hundstorfer aber nicht so gut aus.

Die SPÖ hat einen intakten Parteikader. Außerdem hat sie so viele Ämter verloren, dass fast keine mehr übrig sind. Die Motivation der Funktionäre ist: Die Hofburg wollen wir nicht auch noch verlieren. Daher wird sich da noch was bewegen.

Diesmal haben Sie gar nicht gereimt. Was ist los – kreatives Tief?

Ich verspüre nicht den Drang, immer zu reimen. Es gab bereits etliche FPÖ-Plakate ohne Reime.

Ehrt es Sie eigentlich, wenn Sie immer als Mastermind der FPÖ bezeichnet werden?

Ich werde mich nicht dagegen wehren. Aber jeder weiß, wie ein Organismus funktioniert: Das Hirn ist nichts ohne die anderen Organe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2016)

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