Darabos: „Ich habe im Abwehramt aufräumen lassen“

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Verteidigungsminister Norbert Darabos über Kottan, Borat und die Spionage-Affäre im Heeresgeheimdienst. Verteidigungs- und Sportressort hat er „gleich gern“.

„Die Presse“: Wenn wir jetzt nicht in der Realität wären: Welcher Film spielt gerade? James Bond, Kottan ermittelt oder Borat?

Norbert Darabos: Ich habe immer davon gesprochen, dass es James Bond in Österreich ist, aber wenn man sich dann die Inhalte anschaut, könnte man es auch eine Stufe drunter ansiedeln. Also durchaus auch bei Kottan.

Nicht Borat?

Darabos: Nein, da ist mir das Thema trotz der Frage des wirklichen Gehalts und der Qualität der Anschuldigungen doch zu ernst.

Aber es geht doch eher ins Operettenhafte.

Darabos: Nein, das kann man nicht sagen. Da die Staatsanwaltschaft ermittelt, ist es ernst zu nehmen. Im militärischen Bereich könnte es auch um persönliche Animositäten gegangen sein. Und eigentlich ist alles in der Vergangenheit beheimatet. Schlagend ist die Geschichte in den Jahren 2000 und 2001 geworden, aber die Dinge gehen zum Teil in die Jahre rund um die Zerschlagung der kommunistischen Diktatur in Osteuropa zurück. Man sollte etwa den Verdacht, dass jemand für einen ausländischen Geheimdienst gearbeitet hat, nicht als operettenhaft herunterspielen. Das sind doch ernste Vorwürfe. Ich habe daher im Abwehramt aufräumen lassen und im April alles der Staatsanwaltschaft übermittelt.

Ganz harmlos ist ja auch das nicht, was sich in der Gegenwart abspielt. Immerhin wurde Ihr früherer Pressesprecher abgehört, und in Ihr Büro wurde eingebrochen.

Darabos: Ich will das nicht herunterspielen, aber ganz so war es nicht. Nicht das Telefon des Pressesprechers ist abgehört worden, sondern ein Telefon, das in seinem Vorzimmer stand, wurde manipuliert. Das kann auch schon vor meiner Ministerzeit gewesen sein.

Gibt es da schon neue Erkenntnisse?

Darabos: Nein, da gibt es keine neuen Hinweise. Das Telefon wurde so manipuliert, dass ein Anrufer nach Ende des Gesprächs weiter hören konnte, was gesprochen wurde. Die Mitarbeiter des Abwehramtes haben gute Arbeit geleistet, weil sie das entdeckt und sehr genau ermittelt haben. Aber sie haben keine Auffälligkeiten gefunden. Die andere Sache halte ich für einen normalen Einbruch, wie er leider in Wien viel zu oft passiert.

Um was geht es da eigentlich genau beim Abwehramt? Welche Daten sind an wen gegangen?

Darabos: Die Staatsanwaltschaft ermittelt, daher möchte ich keine Details in der Öffentlichkeit nennen. Was man aber sagen kann, ist, dass gewisse Informationen in der Öffentlichkeit verwendet worden sind, die aus geheimen Akten des Abwehramtes stammen. Staatsgeheimnisse waren aber keine dabei.

Daten über Bundesheer-Angehörige?

Darabos: Es sind Informationen über bestimmte Mitarbeiter weitergegeben worden, aber vor allem sind es Daten, die Vorwürfe in der Vergangenheit betreffen. Diese sind dann auch im parlamentarischen Raum verwendet worden. Es hat zwei Anzeigen gegeben. Eine anonyme Anzeige, die sich auf vier Personen bezieht, und eine Anzeige, die von meinem Ministerium über die Disziplinarbehörde eingeleitet worden ist und die sich gegen eine Person richtet.

Wie ist man da eigentlich draufgekommen?

Darabos: Man hat eben gesehen, dass gewisse Dinge, die in geheimen Akten stehen, in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. Das ist mehrfach rund um den Eurofighter-Ausschuss passiert. Aber ich bewege mich hier auf einem sehr schmalen Grat. Erstens gilt die Unschuldsvermutung, zweitens kann ich mit bestimmten Aussagen auch die Ermittlungen der Behörden erschweren.

Es geht um FPÖ-Politiker?

Darabos: Sie werden jetzt von mir keine Details hören. Aber man kann sich ein Bild machen, wenn man gewisse Medienberichte verfolgt, in denen von anonymen Kuverts die Rede ist, die gewisse Abgeordnete bekommen. Da kann man sich fragen, woher kommen die? Aber ich würde jetzt niemanden beschuldigen, das liegt mir fern.

Ich habe in unserem Archiv nachgeschaut, welche Interviews Sie in letzter Zeit gegeben haben. Zum Bundesheer haben Sie das letzte Mal im März in der „Presse“ Stellung genommen. Sind Sie lieber Sportminister?

Darabos: Ich habe beide Bereiche gleich gern. Zeitlich beansprucht mich der Verteidigungsminister-Job mehr, weil es ein größeres Ressort ist. Aber es ist richtig, dass es im Sport wegen der Dopingfrage sehr viele Begehrlichkeiten vonseiten der Journalisten gegeben hat. Offensichtlich ist das für Medien spannender als ein Beschaffungsvorgang im Bundesheer.

Gut, reden wir übers Unspannende: Angesichts des knappen Budgets wollten Sie neue Prioritäten setzen. Gibt es die schon?

Darabos: Ich habe den Generalstab angewiesen, Schwerpunkte herauszuarbeiten. Mein Schwerpunkt ist ganz klar: Die Erneuerung und Renovierung von Kasernen. Das muss einfach sein, weil ich nicht akzeptieren kann, dass Grundwehrdiener in Kasernen untergebracht sind, wo der Putz abbröckelt, wo die Infrastruktur in den sanitären Anlagen nicht gegeben ist. Der zweite Bereich ist die Ausstattung der Soldaten.

Und wo wird eingespart?

Darabos: In drei Bereichen gibt es Finanzierungsprobleme. Das sind die Allschutz-Transportfahrzeuge, das Updating der Hubschrauber und die Nachfolgelösung für die Saab 105. Diese Bereiche sind schmerzlich, aber nicht existenzbedrohend für das Bundesheer.

Aber zum Beispiel die Allschutzfahrzeuge brauchen Sie dringendst für die Auslandseinsätze.

Darabos: Wir haben ja genügend. Wir haben den Dingo im Tschad im Einsatz, den Pandur im Kosovo. Es ist ja nicht so, dass die Soldaten ungeschützt durch die Gegend fahren und ein Sicherheitsrisiko eingegangen wird. Aber ich bin dabei, die Frage der Allschutzfahrzeuge neu zu verhandeln, möglicherweise in einer Variante mit weniger Fahrzeugen. Grundsätzlich stehe ich dazu, dass wir investieren sollten.

Zur SPÖ: Was raten Sie als ehemaliger Bundesgeschäftsführer der Partei nach den Wahlniederlagen?

Darabos: Ich kann nur raten, dass wir uns auf die Kernthemen konzentrieren. Das sind Gesundheits-, Sozial-, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik. Immer, wenn die SPÖ auf diese Themen gesetzt hat, war sie auch politisch erfolgreich. Auf der anderen Seite müssen wir noch klarer machen, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht durch sozialdemokratische, sondern durch neoliberale Politik ausgelöst worden ist. Die auch in Österreich suggerierte Position, der Markt regelt alles, war verfehlt.

In Oberösterreich und Wien sind Verluste für die SPÖ wahrscheinlich. Wird da eine Negativspirale in Gang gesetzt?

Darabos: Man sollte nicht vor der Wahl schon von Niederlagen sprechen. Nervosität ist unangebracht. Ich sehe gute Ansätze, sowohl in Oberösterreich als auch in Wien.

Zu Ihnen persönlich: In Umfragen sind Sie der Minusmann der Regierung. Woran liegt das?

Darabos: Das stimmt nicht mehr ganz, ich habe in den meisten Rankings ein paar Regierungsmitglieder überholt. Die schlechte Position hängt mit mehreren Faktoren zusammen, etwa mit den Eurofightern, die ich zwar nicht gekauft habe, die aber mir zugerechnet werden. Wichtig ist mir aber, dass ich gewisse Wählersegmente sehr wohl ansprechen kann und eine Klientel glaubwürdig vertrete. Ich glaube, dass ich mit der Übernahme der Sportagenden und dem Versuch, Linie zu halten, auch das Vertrauen jenes Teils der Bevölkerung bekommen werde, der mich jetzt noch ablehnt.

ZUR PERSON

Norbert Darabos ist im Jänner 2006 vom damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer überraschenderweise zum Verteidigungsminister bestellt worden. Der damalige Bundesgeschäftsführer der SPÖ war eigentlich als Innenminister gehandelt worden. Darabos sollte sich primär dem Thema Eurofighter widmen – die SPÖ hatte ja im Wahlkampf eine Abbestellung der Abfangjäger gefordert. Dazu kam es nicht, Darabos hat aber mit dem Eurofighter-Hersteller eine Reduktion der Stückzahl und des Kaufpreises ausverhandelt. Im Bundesheer schlug dem ehemaligen Zivildiener von Anfang an eine Welle des Misstrauens entgegen, die sich bis heute nicht gelegt hat. Der Höhepunkt: ein Brief sämtlicher Spitzenoffiziere an den Minister, in dem diese angesichts niedriger Budgetmittel bezweifelten, dass die Funktionsfähigkeit des Bundesheeres noch gegeben sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2009)

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