Michael Ehmann nimmt auf SPÖ-Schleudersitz Platz.
Graz/Wien. „Jetzt geht's ans Hackeln. Geredet haben wir genug.“ Der Arbeitsauftrag, den sich der neue Grazer SPÖ-Chef, Michael Ehmann, selbst und den Genossen erteilte, sagt viel über den 40-Jährigen. Der gelernte Zahntechniker sitzt zwar für die SPÖ im Nationalrat, politisch zu Hause ist er aber in der Kommunalpolitik. Ein bodenständiger Praktiker für die einfachen Leute als Antwort auf die FPÖ.
Mit 100 Prozent der Stimmen wurde Ehmann zum Nachfolger von SPÖ-Stadtparteichefin Martina Schröck gekürt. Das sagt viel über die Grazer SPÖ, die vor zwei Jahrzehnten mit Alfred Stingl ein Bürgermeistermonument stellte, aber seit 2008 nicht weniger als sechs Parteichefs verbraucht hat. Der verheiratete Vater zweier Töchter soll verbinden statt spalten. Das Heimelige wird den eigenen Leuten allein durch den Werdegang in der roten Familie vermittelt: Er ist einer vom alten Schlag, der die SPÖ-Segnungen der Elterngeneration erhalten will; ein Zentralbetriebsrat und ein angestellter Leiter der Zahntechnik bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau; einer, der sich vom Bezirksrat in Graz-Gösting bis ins Parlament hochgedient hat.
In Graz hat die Talfahrt der SPÖ lang vor der Bruchlandung bei der Bundespräsidentenwahl am Sonntag begonnen. Dort gab es die Roten in den vergangenen Jahren neben dem wendigen ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl eben auch noch. In den Schatten gestellt von der KPÖ. Gut 15 Prozent hat die SPÖ seit der Wahl 2012 auf dem Stimmenkonto. Ehmanns Bewährungsprobe bei einer Gemeinderatswahl könnte rascher kommen, als ihm lieb ist – statt im Herbst 2017 noch heuer oder im Jänner 2017. Mit dem Scheitern am Budget als Absprungbasis für die ÖVP. Hackeln hat er gelernt, auch als früherer Eishockeycrack der Yellow Submarines, bei denen er als Verteidiger spielte. (ett)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2016)
