Reaktionen: "Hofer hat bereits gewirkt"

Werner Faymanns Rücktritt sorgt für Freude bei der Opposition.
Werner Faymanns Rücktritt sorgt für Freude bei der Opposition.REUTERS
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Während die SPÖ dezentes Lob für ihren Ex-Chef übrig hat und die ÖVP abwartet, freut sich die Opposition. „Eine Neudekoration der Auslage ändert nichts", sagt FPÖ-Chef Strache.

Werner Faymann ist zurückgetreten. Weder als Kanzler noch als SPÖ-Chef will der 56-Jährige weitermachen. Während ihm selbst von den innerparteilichen Gegnern zum Abschied noch Rosen gestreut werden, ist das Fazit seiner politischen Gegner deutlich kritischer.

Nationalratspräsidentin Doris Bures gilt als eine der engsten Vertrauten von Faymann. Dieser habe Österreich "mit sicherer Hand durch eine der schwersten Zeiten der Zweiten Republik geführt", so Bures in einer Aussendung. "Es gehört zu den großen Verdiensten von Bundeskanzler Faymann, dass Österreich als eines der ganz wenigen Länder Europas diese Herausforderungen ohne Sozialabbau und ohne Sparpakete bewältigt hat", wird Bures zitiert.

In der SPÖ ist nun vor allem die Nachfolger-Debatte entbrannt. Doch selbst der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl, der Faymanns Rücktritt offen gefordert hatte, zog vor diesem rhetorisch den Hut. Dieser habe der Partei einen guten Dienst erwiesen. Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid meinte, im Spiegel der Geschichte werde man sehen, dass Faymann ein ganz ausgezeichneter Bundeskanzler gewesen sei.

"SPÖ muss Mitmachpartei werden"

Die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend hat in ihrer ersten Stellungnahme nach Faymanns Rücktritt keine lobenden Worte übrig. "Wir müssen darüber sprechen, wie die SPÖ wieder über 30 Prozent und aus eigener Kraft jenseits von ÖVP und FPÖ wieder tonangebend werden kann", so Julia Herr in einer Aussendung. Man solle einen demokratischen Neustart wagen. „Die SPÖ muss eine demokratische Mitmachpartei werden, deren Mitglieder tatsächlich bestimmen können und die nicht nur in den Hinterzimmern der Macht getroffene Beschlüsse nachvollziehen müssen.“

"Ich war vorher nicht zufrieden, ich bin jetzt nicht zufrieden", sagte der Vorsitzende der Bau-Holz-Gewerkschaft, Josef Muchitsch, der den Rücktritt  Faymanns gefordert hatte. Für die Zukunft der SPÖ sei der Rückzug aus allen Ämtern jedoch ein wichtiger Schritt gewesen.

ÖVP ohne Euphorie

Beim Koalitionspartner ÖVP reagiert man abwartend auf den Rücktritt des Kanzlers. Der neue SPÖ-Chef sei reine Angelegenheit des Koalitionspartners. Beim neuen Bundeskanzler will die ÖVP aber mitreden, sagte ÖVP-Chef und Interimskanzler Reinhold Mitterlehner. Von der Vorgangsweise des Kanzlers und vor allem vom Zeitpunkt sei er überrascht worden.

Finanzminister Hans-Jörg Schelling hat sich gegen Neuwahlen ausgesprochen. "Ich glaube, wir haben in Österreich genug Arbeit zu tun", sagte Schelling vor einem Sondertreffen der Eurogruppe am Montag in Brüssel.Ich sage als Finanzminister: Ich kenne die Probleme dieses Landes wahrscheinlich am besten. Daher gibt es viel zu arbeiten. Und wenn die Regierung arbeitsfähig ist, dann sollte sie die Arbeit fortsetzen."

"Ein schöner Tag für Österreich"

Als „Überraschung, die keine ist“, bezeichnete FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache den Rücktritt von Faymann. „Dieser Rücktritt löst das grundsätzliche Problem der SPÖ nicht". Wer Faymann nachfolge, sei egal: „Eine Neudekoration der Auslage ändert nichts am mangelhaften Sortiment".

Grünen-Chefin Eva Glawischnig appellierte für mehr Zusammenarbeit. "Der Wechsel an der Spitze kann auch als letzte Chance der Regierung gewertet werden", erklärte sie in einer Aussendung. In den vergangenen Jahren seien wichtige Reformen leider liegengeblieben.

Die Neos sehen im Rücktritt von Faymann eine Chance, "das Machtkartell von SPÖVP zu beenden", wird Neos-Chef Matthias Strolz in einer Aussendung zitiert. Er denkt an Neuwahlen. „Seien wir mutig, lassen wir die Bürgerinnen und Bürger bei Neuwahlen über die Zukunft des Landes entscheiden."

Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen bezeichnete den Rücktritt als "Chance für einen Neubeginn", den das Land brauche. Persönlich habe er Respekt vor diesem Schritt. Als Präsident wolle er "mit voller Kraft einen Neustart unterstützen, damit es mit Österreich wieder aufwärts geht".

Vom FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer kam persönlich keine Reaktion, aber eine seines Sprechers Martin Glier: "Hofer hat bereits gewirkt, ohne dass er Bundespräsident ist."

Schönborn über Faymann: "Hat sich um Ausgleich bemüht"

Positive Abschiedsworte für Werner Faymann kommen aus der Kirche: Kardinal Christoph Schönborn drückte am Montag seine "große Wertschätzung" für den zurückgetretenen Bundeskanzler und SPÖ-Chef aus. Mit Faymanns Wende in der Flüchtlingspolitik habe er sich aber schwer getan, erklärte Schönborn gegenüber Kathpress.

Ob in Europafragen oder in der Politik: "Ich hatte immer den Eindruck, dass sich Bundeskanzler Faymann ehrlich um einen Ausgleich unterschiedlicher Positionen bemüht hat." Ausdrücklich würdigte der Kardinal das gute Verhältnis des Bundeskanzlers zu den Kirchen und Religionen in Österreich.

(APA/Red.)

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