Fischer: "Rückzug vom Golan war Fehler"

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Fischer fordert "Sensibilität" in Österreichs Südtirol-PolitikREUTERS
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Der Bundespräsident bedauert, dass er nicht versucht habe, den Rückzug der österreichischen UNO-Soldaten im Jahr 2013 zu verhindern. In der Südtirol-Politik fordert er "Sensibilität".

Der Rückzug der österreichischen UNO-Soldaten vom Golan sei ein Fehler gewesen, den er während seiner Amtszeit nicht verhindert habe. Das erklärte Bundespräsident Heinz Fischer am Dienstag im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung in der Wiener Hofburg. Im Nachhinein müsse er zugeben, dass diese Entscheidung der Regierung falsch gewesen sei. "Und ich habe sie nicht zu verhindern versucht."

Er sei damals im Auto nach Klagenfurt unterwegs gewesen, als ihn Verteidigungsminister und Bundeskanzler von der Entscheidung des Rückzugs informiert hätten, rekapitulierte der Bundespräsident. Es sei von Feuergefechten und vielen Toten die Rede gewesen, so Fischer über die Situation im Jahr 2013. Daher habe er gesagt: "Prüft das gut." Dass er nicht explizit abgeraten habe, sehe er nun als einen seiner wenigen Fehler als Bundespräsident.

Besorgnis zeigte Fischer über die Siedlungstätigkeit in den palästinensischen Gebieten. Diese habe ein Ausmaß erreicht, das es schrecklich schwer machen würde, diese Siedlungen wieder zurückzubauen. Israel könne sich aber Sympathien erwerben, wenn es mit den Palästinensern einen "fairen Frieden" schließen würde.

"Sensibilität" in Südtirol-Politik

In der österreichischen Südtirol-Politik forderte Fischer "Sensibilität" ein. Österreich und Italien seien gute Partner und Freunde, die auch angesichts der Flüchtlingskrise vernünftig und bestmöglich zusammenarbeiten, sagte Fischer am Dienstag bei einem Vortrag zum Thema "Bundespräsident und Außenpolitik" in Wien.

Die österreichische Position zum Thema Südtirol laute, "dass wir alle Vereinbarungen mit Italien einhalten und keinen Zweifel haben, dass Italien in gleicher Weise alle Vereinbarungen de facto und de jure einhält". Fischer betonte, dass das "Pariser Abkommen" die "gemeinsame Grundlage" bleibe, "von der wir uns nicht verabschieden - auch nicht unter der einseitigen Parole 'Selbstbestimmung.'" Das 1945 in Paris zwischen Österreich und Italien geschlossene Abkommen garantiert den Schutz der kulturellen Eigenart der deutschsprachigen Bevölkerung in der Region Trentino-Südtirol.

FPÖ-Parteichef Heinz Christian Strache hatte sich vergangene Woche für die Wiedervereinigung Tirols ausgesprochen. Südtirol solle die Möglichkeit zur Selbstbestimmung gegeben werden. Es solle frei über seine Zukunft entscheiden können. Laut einem im Internet veröffentlichten Video hatte sich auch FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer im Februar 2015 in einer Rede in Meran für eine Wiedereingliederung Südtirols in den österreichischen Staat starkgemacht.

Fischer warnt vor Nationalismus und Chauvinismus

Fischer warnte in seiner Rede am Dienstag auch vor Nationalismus und Chauvinismus. Er trenne diese Begriffe von Heimatverbundenheit und Patriotismus, weil sie "große Hindernisse für das friedliche Zusammenleben von Menschen und Völkern sind". Daher wäre es auch ein unverzeihlicher Fehler, "das Ziel einer Bündelung der Kräfte der einzelnen europäischen Staaten gegenüber Weltmächten und Weltmärkten, sowie das Ziel der institutionalisierten politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit in Europa aus den Augen zu verlieren oder gar zuzulassen, dass das Rad der Geschichte wieder zurück gedreht wird".

Er übersehe nicht, dass die Europäische Union sich derzeit in einer sehr schwierigen Phase ihrer Entwicklung befinde und unerfreuliche Defizite aufweise, stellte Fischer klar. Manche Probleme seien nicht rechtzeitig erkannt worden, und "in manchen Fällen sind falsche Antworten gegeben worden". Auch die europäische Solidarität erweise sich in bestimmten Situationen als nicht sehr belastbar, so der Bundespräsident. "Dass wir nicht weniger, sondern eine bessere und funktionsfähigere europäische Zusammenarbeit benötigen, sieht man nicht nur in der Finanz- und Wirtschaftspolitik, sondern besonders schmerzlich auch am Fehlen einer durchdachten und kohärenten europäischen Flüchtlingspolitik."

"Nicht für Willkommenskultur schämen"

Natürlich stimme der Satz, dass Österreich nicht allen helfen könne. Aber daraus lasse sich nicht ableiten, "dass wir auch das nicht leisten sollten, was wir leisten können, oder dass uns das Schicksal von Flüchtlingen nichts angeht". Es müsse zudem immer daran gedacht werden, "dass Flüchtlinge und Asylsuchende, auch wenn ihre Motive sehr unterschiedlich und die Regelungen unzureichend sind, Menschen in Not sind, denen die europäische Gesellschaft auf der Basis europäischer Werte begegnen muss".

Jene Österreicher, die für ankommende Flüchtlinge viel Kraft und Zeit aufwenden würden, um ihnen zu helfen, bräuchten sich für diese sogenannte "Willkommenskultur" weder "schämen" noch "verteidigen" müssen, forderte der Bundespräsident. "Ganz im Gegenteil: Schämen muss man sich für mangelnde Hilfsbereitschaft oder für Feindseligkeit gegenüber Menschen in Not aus anderen Ländern oder Kulturen und ganz besonders für den Versuch, aus der Not von Menschen politisches Kapital zu schlagen."

(APA)

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