Vorwürfe um Polit-Verfahren: SPÖ fordert Aufklärung

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Brisantes Nachspiel des Ortstafelstreits: Stemmte sich das Justizministerium gegen eine Anklage von Politikern? Zwei Justizministerinnen sollen involviert gewesen sein.

Wien (aich). „Die Vorwürfe könnten für ein Ministerium nicht ärger sein“, sagt SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Er fordert im Gespräch mit der „Presse“ eine „umfassende Erklärung der Justizministerin“. Hintergrund ist ein in der Wochenzeitschrift „Falter“ erschienener Bericht. Darin wird der Vorwurf erhoben, dass politisch sensible Fälle von der zuständigen Abteilung im Justizministerium abgewürgt werden.

Hinter den Behauptungen steckt ein anonymer Informant, der hunderte Justizdokumente an die Redaktion spielte. Sie umfassen etwa die Justizfälle Jörg Haider, Stefan Petzner, Karl-Heinz Grasser oder Gerhard Dörfler. Die Vorwürfe betreffen also nicht nur die Amtszeit von Claudia Bandion-Ortner, sondern vor allem die Zeit ihrer Vorgängerin Maria Berger (SPÖ). Die Fälle sollen nun der Reihe nach publik gemacht werden. Bereits veröffentlicht wurde die Causa Dörfler: Hier soll die Staatsanwaltschaft aufgrund der Ortstafelverrückungen in Bleiburg und Ebersdorf den objektiven Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllt gesehen haben.

Bei Delikten muss aber auch die subjektive Tatseite – also die Frage, ob der Täter sich des Unrechts bewusst war – geprüft werden. Dörfler sei aber nur ein einstiger Bankbeamter ohne juristisches Wissen und „seinem Mentor Jörg Haider treu ergeben“, meinte das Justizministerium. Dörfler habe daher die strafrechtliche Tragweite seiner Handlungen nicht einschätzen können. Das Justizministerium soll auch festgehalten haben, dass das Strafrecht „in politischen Konflikten in keinem Fall als geeignetes Mittel der Problemlösung“ anzusehen sei. „Jede Art der justiziellen Entscheidung“ würde nämlich in der Öffentlichkeit „auf Zustimmung und Ablehnung stoßen“.

Österreichs Justizminister hatten stets betont, keinen politischen Einfluss auf die ihr unterstellten Staatsanwaltschaft nehmen zu wollen. Das Justizministerium erklärte am Mittwoch, dass an Medien gespielte Teile von Akten „nur ein fragmentarisches und daher oft verfälschtes Bild“ wiedergeben. Eine Sprecherin von Bandion-Ortner betonte überdies, dass auch die Staatsanwaltschaft selbst Dörfler nie anklagen wollte.

Thema im U-Ausschuss?

Martin Graf (FPÖ) und Peter Pilz (Grüne) regen nun an, die gegen das Ministerium erhobenen Vorwürfe auch im laufenden Spionage-U-Ausschuss prüfen zu lassen. Davon hält die SPÖ aber nichts. Man könne nicht jedes Thema in den U-Ausschuss einfließen lassen, so Jarolim.

AUF EINEN BLICK

Das Justizministerium soll sich bei Strafverfahren gegen Politiker für eine Einstellung stark gemacht haben. Diesen Vorwurf erhebt ein anonymer Informant laut „Falter“. In den Erwägungen zur Causa Dörfler heißt es, dass das Strafrecht „in politischen Konflikten in keinem Fall als geeignetes Mittel der Problemlösung“ diene.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2009)

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