Van der Bellen: "Vertrauen wir in den Rechtsstaat"

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"Es ist unser aller Recht, Österreichs Institutionen anzurufen. Und es ist unser aller Pflicht, deren Entscheidungen zu respektieren", sagt der Sieger der Bundespräsidentschaftswahl in einer Stellungnahme.

Gegenüber der "Presse" nahm Alexander Van der Bellen heute, Samstag, erstmals Stellung zur Wahlanfechtung. "Wir Österreicherinnen und Österreicher mögen noch so verschieden sein, aber was uns als Land und als Demokratie eint, ist der Glaube an den Rechtsstaat und seine Institutionen. Dieses Vertrauen in den Rechtsstaat ist das Fundament unserer Republik. Daran müssen wir uns in diesen Tagen erinnern.

Denn wie immer der Verfassungsgerichtshof der Republik Österreich bezüglich der Wahlanfechtung entscheiden wird: Nicht alle werden mit der Entscheidung des VfGH glücklich sein. An diese appelliere ich schon jetzt:

Es ist unser aller Recht, Österreichs Institutionen anzurufen. Und es ist unser aller Pflicht, deren Entscheidungen zu respektieren. Vertrauen wir in unsere Demokratie, vertrauen wir in unseren Rechtsstaat. Der Verfassungsgerichtshof ist jetzt am Wort und soll in Ruhe seine Arbeit tun."

VfGH: Ab Montag werden 90 Zeugen befragt

Mit dem größten Beweisverfahren, an das man sich im Verfassungsgerichtshof erinnern kann, klären die Höchstrichter kommende Woche, ob die Bundespräsidenten-Stichwahl vom 22. Mai wiederholt werden muss. Die Aufhebung und Wiederholung der Wahl beantragt hat die FPÖ, deren Kandidat Norbert Hofer in der Stichwahl knapp gegen Alexander Van der Bellen unterlag.

Der VfGH muss zunächst feststellen, ob von den behaupteten Fehlern so viele Stimmen betroffen sind, dass sich das Wahlergebnis ändern - also Hofer vor Van der Bellen liegen - könnte. Nur wenn dies der Fall ist, muss sich das Höchstgericht detailliert mit den Inhalten der Anfechtung befassen. Van der Bellen lag im Endergebnis um 30.863 Stimmen vor Hofer. Laut FPÖ-Anwalt Dieter Böhmdorfer wurden z.B. mehr als 573.000 Wahlkarten vorzeitig sortiert und mehr als 58.000 Briefwahlstimmen von Unzuständigen ausgezählt. Dieser Vorgang, die Auszählung durch nicht befugte Personen, wäre der wohl am schwersten wiegende Mangel.

Bundesamt zur Korruptionsprävention ermittelt

Mittlerweile hat das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) Ermittlungen im Zusammenhang mit mutmaßlichen Rechtsverstößen bei der Bundespräsidenten-Stichwahl am 22. Mai aufgenommen. Dies bestätigte ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) gegenüber dem Nachrichtenmagazin "profil" (Montagausgabe).

Die Ermittlungen richten sich gegen "bekannte und unbekannte Täter" wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und "Falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt" (Paragraf 311 des Strafgesetzbuchs). Zu den Verdächtigen zählen laut Vorausmeldung vom Samstag Mitglieder von Bezirkswahlbehörden, darunter auch FPÖ-Wahlbeisitzer, die in eidesstattlichen Erklärungen zur FPÖ-Wahlanfechtung Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Wahlkartenstimmen beklagen, obwohl sie die ordnungsgemäße Auszählung per Unterschrift auf das Protokoll zuvor bestätigten.

(Red.)

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