Wie die Auszählung der Briefwahlstimmen hätte ablaufen müssen

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Wie die Auszählung der Briefwahlstimmen hätte ablaufen müssenAPA/NEUMAYR/MMV
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Die bisherigen Zeugenbefragungen des VfGH zeigten Verstöße gegen das Bundespräsidentenwahlgesetz.

Leitung und Durchführung von Wahlen ist in Österreich Aufgabe der Wahlbehörden. Auch bei der Bundespräsidentenwahl ist das so, wobei beim aktuellen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Bezirkswahlbehörden im Fokus stehen. Sie sind für die Auszählung der Briefwahlstimmen zuständig. Gemäß Bundespräsidentenwahlgesetz hätten sie damit erst am Montag nach der Wahl beginnen dürfen.

Im Bundespräsidentenwahlgesetz ist das klar geregelt. Demnach prüft der Bezirkswahlleiter unter Beobachtung durch die anwesenden (laut Gesetz neun von den Parteien gemäß Nationalratswahlergebnis bestellten) Beisitzer "am Tag nach der Wahl, 9 Uhr" die eingelangten Wahlkarten auf Nichtigkeitsgründe. Das kann etwa das Fehlen der eidesstattlichen Erklärung oder eine Beschädigung der Wahlkarte sein. Was nicht miteinbezogen wird, kommt unter Verschluss in den Wahlakt.

Der nächste Schritt ist das Öffnen der Wahlkarten durch den Bezirkswahlleiter, wobei das Innenministerium hier in seinem Leitfaden die Verwendung einer geeigneten Maschine empfiehlt. Das beige Wahlkuvert wird entnommen und in ein vorbereitetes Behältnis gelegt. Auch hier gibt es Nichtigkeitsgründe (etwa wenn das Wahlkuvert fehlt oder mehrere enthalten sind), auch diese kommen in den Akt.

Nach gründlichem Mischen "hat die Bezirkswahlbehörde diese zu öffnen, die amtlichen Stimmzettel zu entnehmen, deren Gültigkeit zu überprüfen, die ungültigen amtlichen Stimmzettel mit fortlaufender Nummer zu versehen und für die mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen (...) festzustellen", so das Gesetz. Die Anwesenheit der Beisitzer bei der Auszählung ist im Gesetz also explizit vorgesehen. Tatsächlich wurden die Briefwahlstimmen in mehreren Wahlbezirken aber offenbar von Beamten ausgezählt, ohne dass die Beisitzer dazu überhaupt eingeladen worden wären.

Das Briefwahlergebnis und das Urnenwahlergebnis werden dann zusammengerechnet und "unverzüglich, auf die schnellste Art der zuständigen Landeswahlbehörde bekanntzugeben (Sofortmeldung)" bekanntgegeben. Dies wird in einer Niederschrift festgehalten. Die Ergebnisse der mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen hat die Bezirkswahlbehörde getrennt auszuweisen.

FPÖ-Vorwürfe erhärtet

Die Wahlanfechtung der FPÖ setzt an mehren Punkten dieses Vorgangs an. Dabei geht es um zu frühe Vorsortierung der Wahlkarten, zu frühe Öffnung der Wahlkartenkuverts oder eine zu frühe oder von nicht berechtigten Personen durchgeführte Auszählung der Briefwahlstimmen. Bei der öffentlichen VfGH-Sitzung haben sich diese Vorwürfe erhärtet.

Bestimmte Vorsortierungen vor der gesetzlichen Auszählzeit seien allerdings zulässig, betont man im Innenministerium. So dürfe man vorab prüfen, ob die Unterschrift auf der Wahlkarte (eidesstattliche Erklärung) fehlt. Dafür gibt es eine eigene Lasche, die man öffnen kann, ohne die Wahlkarte als solche aufzureißen.

Das Fehlen von Beisitzern hindert Wahlbehörden zwar grundsätzlich nicht an ihrer Arbeit. Voraussetzung für das eigenmächtige Vorgehen der Beamten in der Wahlbehörde ist aber, dass die Besitzer ordnungsgemäß eingeladen wurden. "Wenn ungeachtet der ordnungsgemäßen Einberufung eine Wahlbehörde, insbesondere am Wahltag, nicht in beschlussfähiger Anzahl zusammentritt oder während der Amtshandlung beschlussunfähig wird und die Dringlichkeit der Amtshandlung einen Aufschub nicht zulässt, hat der Wahlleiter die Amtshandlung selbstständig durchzuführen", heißt es in Paragraf 18, Absatz 1 der Nationalrats-Wahlordnung.

(c) APA

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