Die britische Regierung will den Antrag auf den EU-Austritt hinauszögern. Dazu droht der Zerfall Großbritanniens.
Auf die Euphorie vieler Brexit-Befürworter folgte in Großbritannien nur kurz nach der Abstimmung über einen Austritt des Landes aus der EU die Ernüchterung. Die Briten - sowohl die Bevölkerung als auch die Regierung - bekommen nun offenbar kalte Füße und wollen den Antrag auf Austritt hinauszögern. Dazu droht der Zerfall Großbritanniens.
Schottland will unverhohlen mit einem zweiten Unabhängigkeitsreferendum raus aus Großbritannien und dafür gleich rein in die EU. Brüssel drängt unterdessen London immer stärker auf eine rasche Entscheidung, endlich den Austrittsantrag formell zu stellen.
Dem stellte sich zuletzt der britische Außenminister Philip Hammond klar entgegen. Nur Großbritannien habe das Recht, über den Zeitpunkt des Antrags auf Austritt zu entscheiden, betonte er. Damit dürfte er auch formal Recht haben, denn in Artikel 50 des Lissabon-Vertrags sind derartige konkrete Dinge im Fall eines Ausscheidens eines Landes nicht klar geregelt. Lediglich dass die Austrittsverhandlungen zwei Jahre dauern sollen, ist enthalten. Aber selbst dann gibt es die Möglichkeit einer Verlängerung solcher Gespräche - ohne konkretes Limit.
EU-Spitzen drängen auf schnelleren Austritt
Unterdessen haben zahlreiche Briten, vor allem junge, die für den Brexit votiert haben, ihre Wahl bereut und wollen am liebsten gleich wieder wählen - diesmal für einen Verbleib. Die Internet-Plattform "Whathavewedone" kam mit einer Petition für eine zweite Abstimmung schon auf mehr als drei Millionen Unterstützer - in weniger als drei Tagen. Die Zahl ist angeblich stark im Zunehmen.
Die EU-Spitzen wollen aber keine Phase der Unsicherheit haben. Deshalb müsse der scheidende britische Premier David Cameron - er will zwar erst im Oktober zurücktreten und den Austrittsantrag seinem Nachfolger überlassen - schon jetzt am Gipfel der Europäischen Staats- und Regierungschef Dienstag und Mittwoch kommender Woche den Austrittsantrag stellen. Dann könnten auch die Austrittsverhandlungen beginnen. Die EU-Kommission hat bereits ihre Weichen dafür gestellt und einen Chefverhandler aus Belgien dafür nominiert.
(APA)