Als Holzinger und Van der Bellen Konkurrenten waren

Gerjart Holzinger
Gerjart HolzingerAPA/HERBERT NEUBAUER
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So trifft man sich wieder: Am Freitag hob Gerhart Holzinger die Wahl Alexander Van der Bellens zum Bundespräsidenten auf. 1992 wollten beide Rechnungshof-Präsident werden.

Es war eine turbulente Wahl gewesen, jene zum neuen Präsidenten des Rechnungshofes im Jahre 1992: Als Favorit ins Rennen ging der von der SPÖ nominierte langjährige Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, Sektionschef Gerhart Holzinger. Die Grünen hatten ihre Vorbehalte: Holzinger habe „die Meinung der Regierung und vor allem jene des Bundeskanzlers (damals Franz Vranitzky, Anm.) stets lückenlos unterstützt und rechtlich abgesichert“. Den Vorwurf, für die Regierung „Gefälligkeitsgutachten“ erstellt zu haben, wies Holzinger zurück. Der damalige Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmann Martin Purtscher sprang ihm zur Seite: Holzinger sei „ein ausgezeichneter Verfassungsjurist“, der das Amt des Rechnungshof-Präsidenten sicher objektiv ausüben werde. Die Grünen ihrerseits hatten damals einen Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien für das Amt des Rechnungshof-Präsidenten nominiert. Sein Name: Alexander Van der Bellen. Es war sein erster Auftritt auf der öffentlichen Bühne.

Tja. So trifft man sich wieder. Heute ist Gerhart Holzinger (69) Präsident des Verfassungsgerichtshofes. Und Alexander Van der Bellen war bis gestern designierter Bundespräsident. Seine Wahl wurde vom Verfassungsgerichtshof unter dem Vorsitz von Gerhart Holzinger aufgehoben.

Rechnungshof-Präsident waren seinerzeit beide nicht geworden. Auch da hatte die FPÖ ihre Finger im Spiel. Jörg Haider machte der ÖVP das unwiderstehliche Angebot, auf seinen eigenen Kandidaten Friedhelm Frischenschlager zu verzichten und stattdessen den ÖVP-Kandidaten Franz Fiedler zu wählen. Und so kam es dann auch. Schwarz-Blau hatte die Mehrheit – und Favorit Holzinger das Nachsehen.

Gerhart Holzinger ist – rein politisch betrachtet – eine interessante, weil ambivalente Figur. Der bürgerliche Jurist ist Mitglied des ÖVP-nahen Cartellverbands. In seiner Jugend war der gebürtige Gmundner – gemeinsam mit Jörg Haider – im Österreichischen Turnerbund. Karriere machte Holzinger aber stets auf dem Ticket der SPÖ. Erst im Bundeskanzleramt, dann im Verfassungsgerichtshof. Holzinger, fachlich ebenso souverän wie untadelig, wird auch hier den roten Richtern zugeordnet.

Gerhart Holzinger begann seine Karriere als Universitätsassistent am Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Universität Salzburg. 1975 wechselte er in den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, ab 1984 war er dessen Leiter. 1997 habilitierte er sich an der Universität Graz. Seit 1995 ist er Mitglied des Verfassungsgerichtshofes. Von 1999 bis 2003 war er zudem Vorsitzender des Menschenrechtsbeirates im Innenministerium. Seit 1. Mai 2008 ist er Präsident des Verfassungsgerichtshofes.

Holzinger ist, wiewohl ranghöchster Hüter der Verfassung, keiner, der im Elfenbeinturm sitzt. Er nimmt sich selten ein Blatt vor den Mund, politische Geschehnisse pflegt er pointiert und relativ schonungslos zu kommentieren. Und er ist ziemlich volksnah. Bei Fußballländerspielen kann man Holzinger – auf Klubebene Rapid-Fan – schon einmal mittendrin im rot-weiß-roten Fansektor sitzen sehen. Und er ist auch selbst ein großer Sportler: Er läuft Marathon und hat auch schon den Ironman absolviert. Holzinger ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Kleine Pointe am Rande

Und eine kleine Pointe am Rande kommt noch hinzu: Die bis zu diesem Präsidentschaftswahlkampf einzige Biografie über Alexander Van der Bellen stammt aus der Feder Christian Neuwirths – heute der Pressesprecher des Verfassungsgerichtshofes.

(Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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