Wahlaufhebung - und was jetzt?

Wahlaufhebung - und was jetzt?
Wahlaufhebung - und was jetzt?(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Der Entscheid des Höchstgerichts bedeutet nicht nur eine Neuauflage der Hofburg-Stichwahl. Wahlergebnisse wird man künftig später erfahren. An der Staatsspitze stehen ab nächster Woche drei Personen.

Wien. Der zweite Wahlgang zur Bundespräsidentenwahl muss wiederholt werden. Das entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Freitag. Hauptgründe sind der lasche Umgang mit den Vorschriften bei Wahlkarten. Und die Tatsache, dass schon vor Wahlschluss Ergebnisse durchsickerten. Doch was bedeutet nun die Wahlwiederholung, wie geht es weiter im Staate Österreich?

1. Die Nationalratspräsidenten übernehmen die Funktionen des Staatsoberhaupts.

Bundespräsident Heinz Fischer muss am 8. Juli aus dem Amt scheiden. Da es kein neu gewähltes Staatsoberhaupt gibt, gilt die Stelle des Bundespräsidenten als „dauernd erledigt“, wie es in der Verfassung heißt. In diesem Fall übernehmen die drei Nationalratspräsidenten Doris Bures, Karlheinz Kopf und Norbert Hofer die Funktion des Bundespräsidenten. Dass Hofer gleichzeitig Hofburgkandidat ist, spielt rechtlich keine Rolle.

Die drei Präsidenten haben alle Rechte, die die Hofburg sonst hat. Sie könnten also theoretisch sogar die Regierung entlassen. Sind sich die drei uneins, entscheide die Mehrheit, was gemacht wird, erklärt Verfassungsjurist Theo Öhlinger. Gesetze müssten aber von allen drei unterzeichnet werden.

2. Im September oder Oktober findet die Stichwahl zum Bundespräsidenten erneut statt.

Wann findet die Stichwahl nun erneut statt? Es gebe keine exakte gesetzliche Regelung, wohl, weil man nicht gedacht habe, dass je eine Wiederholung passieren würde, erklärte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Freitag. Sein Gericht hätte einen Termin festsetzen können, tat es aber nicht. Es obliegt nun der Bundesregierung, gemeinsam mit dem Hauptausschuss des Nationalrats einen Termin zu finden. Die Entscheidung dürfte nächste Woche fallen. Laut Innenministerium muss man mit einer Vorlaufzeit von mindestens neun Wochen rechnen. Die Wahl soll im September oder Oktober stattfinden.

Damit nun alles korrekt abgeht, sollen die Wahlbeisitzer besser geschult werden, auch durch E-Learning. Innenminister Wolfgang Sobotka will OSZE-Beobachter in den für die Wahlaufhebung verantwortlichen Bezirken einsetzen. Schon bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2010 waren in Österreich OSZE-Beobachter dabei, damals routinemäßig.

Gesetzliche Änderungen dürfte es vor der Stichwahl keine geben. Die Wahlaufhebung des VfGH war, wie auch das Innenministerium gegenüber der „Presse“ betont, nicht darin begründet, dass Gesetze verfassungswidrig waren. Sondern darin, dass das geltende Recht nicht korrekt vollzogen wurde. Nichtsdestotrotz hat Sobotka schon Reformpläne vorgestellt (etwa, dass die Briefwahlstimmen schon am Wahltag gezählt werden). Eine Novelle dürfte aber erst nach der Wahlwiederholung in Kraft treten.

3. Wer Wahlen gewonnen hat, wird künftig erst später absehbar sein.

Seit Jahrzehnten war es Usus, dass das Innenministerium Teilergebnisse der Wahl schon vor Sperren des letzten Wahllokals an Hochrechner und Medien weitergibt. Sinn der Übung: Wenn um 17 Uhr Wahlschluss ist, soll die Öffentlichkeit schon erfahren können, wie die Wahl in etwa ausgegangen ist.

Dieser Vorgangsweise schiebt der VfGH einen Riegel vor. Schon die frühzeitige Weitergabe von Ergebnissen durch das Ministerium allein hätte für die Wahlaufhebung genügt, sagte Holzinger. Ergebnisse wurden am Wahltag im Internet mancherorts schon vor der Sperrfrist von 17 Uhr hinausposaunt. Und das könnte Wähler beeinflusst haben.

Auch diesbezüglich ist keine Gesetzesänderung nötig. Vielmehr war die bisherige Praxis rechtswidrig. Das Innenministerium wird künftig am Wahltag vor 17 Uhr keine Zahlen herausgeben. Selbst, ob danach Daten freigegeben werden oder erst intern hochgerechnet wird, ist noch nicht entschieden. Nach 17 Uhr wäre eine Weitergabe von Stimmergebnissen rechtlich zulässig. Das offizielle vorläufige Endergebnis will Innenminister Sobotka aber jedenfalls künftig nicht schon wie bisher üblich am Wahltag verkünden.

Holzinger sprach die Möglichkeit an, dass alle Wahllokale gleichzeitig schließen und auszählen könnten. Dann könnten Ergebnisse erst recht nicht vorzeitig durchsickern.

4. Künftig wird das Staatsoberhaupt im Herbst gewählt.

Das neue Staatsoberhaupt tritt seinen Dienst erst im Herbst an, darf aber dann die volle Funktionsperiode (sechs Jahre) im Amt sein. Somit finden Präsidentenwahlen in Hinkunft im Herbst statt. Außer, die Präsidentschaft eines Kandidaten endet vorzeitig. Oder es gibt noch eine Wahlwiederholung. Das freilich wollen künftig aber alle vermeiden.

( Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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