Ernste Phase für Grasser und Co.

Weisungsrat-Vorsitzender, Generalprokurator Werner Pleischl, und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser
Weisungsrat-Vorsitzender, Generalprokurator Werner Pleischl, und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (c) Clemens Fabry
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Bald Anklage? In die Buwog-Affäre um Karl-Heinz Grasser und Co. kommt nach siebenjähriger Verfahrensdauer Bewegung: Die Prüfung durch den Weisungsrat ist beendet.

Wien. Der Weisungsrat hat am Donnerstag in den Affären Buwog und Terminal Tower seine letzte Sitzung abgehalten. Nun ergeht eine sogenannte Äußerung des Rats an ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Und zwar eine Äußerung zum Vorhabensbericht der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Klingt spröde, hat es aber in sich: Ebendieser Bericht wiederum enthält dem Vernehmen nach eine Anklageschrift gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und etliche andere Beschuldigte. Offiziell bestätigt wird dies noch nicht.
Im „Presse“-Gespräch bestätigte der Vorsitzende des Weisungsrates, Generalprokurator Werner Pleischl, dass nun das Justizressort (BMJ) verständigt werde. Über den Inhalt der Äußerung – diese wird etwa zwei Seiten lang sein und per Boten dem Brandstetter-Ressort überbracht – wollte Pleischl nichts bekannt geben. Übrigens: Der Weisungsrat hat seit seinem Bestehen, also seit Jahresbeginn, bereits 94 Fälle erledigt.
Nimmt man nun eben an, dass der Vorhabensbericht eine Anklage enthält (der „Presse“ liegen eindeutige Hinweise vor, kaum ein Beobachter zweifelt noch daran) und nimmt man weiters an, dass der Weisungsrat dem Bericht zugestimmt hat, so liegt der Ball nun bei Brandstetter. Er könnte sich als Letztverantwortlicher über die Äußerung des Rats hinwegsetzen, müsste dies dann aber vor dem Nationalrat begründen. Das wäre, so sagte der Minister bereits selbst, „politischer Selbstmord“.
Der behördeninterne (mit Zwischenstopps versehene) Weg ist also vorgegeben: Vom BMJ wird der Bericht wieder zurück an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Und von dort zurück an die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Diese muss dann die Beschuldigten verständigen. Eventuell wird danach auch die Äußerung des Rats veröffentlicht werden. Der Gesetzgeber sieht diese Möglichkeit vor. Bis es so weit ist, kann es aber noch einige Wochen dauern, ist hinter den Kulissen zu hören.

Verdacht: Untreue, Bestechlichkeit

Grassers Anwalt Manfred Ainedter rechnet im Fall einer Anklage mit einem Einspruch: „Wenn nicht wir, dann wird irgendein anderer der vielen Beschuldigten Einspruch erheben.“ Ob Grasser mit einem Einspruch vorpreschen werde, hänge vom Inhalt einer allfälligen Anklage ab. Zur Erklärung: Ein Einspruch gegen eine Anklage kann ein solche nicht tilgen, er dient dazu, rechtliche oder formale Fehler auszubessern.
In der Buwog-Affäre wird Grasser und anderen angelastet, auf die Auswahl der Bank, die den Buwog-Verkauf begleiten sollte, Einfluss genommen zu haben. Er soll dafür gesorgt haben, dass nicht das günstigste Anbot der mitbietenden Banken zum Zug kam. Dies sehen die Ermittler als Untreue zulasten der Republik. Auch soll der Ex-Finanzminister (erst FPÖ, dann parteilos) einen Teil der Buwog-Verkaufsprovision von seinem Freund, dem Lobbyisten Walter Meischberger, bekommen haben. Hier lautet der Verdacht auf Geschenkannahme bzw. Bestechlichkeit.
Beim Terminal Tower – es geht um den Einzug von Finanzdienststellen in dieses von der Baufirma Porr und der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich errichtete Linzer Hochhaus – soll Schmiergeld geflossen sein. Grasser soll partizipiert haben.
All dies wird von Grasser, Meischberger und allen anderen Beschuldigten entschieden bestritten. Grasser hat zuletzt Beweisanträge gestellt, die seine Schuldlosigkeit untermauern sollten. Diese Anträge wurden aber abgewiesen.

LEXIKON

Der Weisungsrat ist eine Erfindung von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), der als Rechtsprofessor (vor seiner Amtszeit) diverse Verdächtige rechtlich vertreten hat. Im Rat sitzen: Generalprokurator (GP) Werner Pleischl (Vorsitz), Ex-GP Walter Presslauer und die Strafrechtsprofessorin Susanne Reindl-Krauskopf. Der Minister steht in Strafsachen an der Spitze der Weisungskette. Er muss aber den Rat befassen, wenn er eine Weisung geben will, und kann ihn einschalten, wenn er es „für erforderlich hält“, etwa bei schillernden Fällen (dazu zählt freilich der Fall Grasser). Setzt sich der Minister über den Rat hinweg (dies hat Brandstetter nach eigenem Bekunden nicht vor), muss er seinen Alleingang dem Nationalrat erklären.


Problematisch aus Sicht der Anklage: Trotz siebenjähriger Verfahrensdauer fehlt bis heute ein klarer Beweis gegen Grasser. Der Prozess könnte also zu einer zähen Schlacht um mögliche Indizien werden. Wann es losgeht? Sicher erst nächstes Jahr.

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