Buwog: Das verflixte siebente Jahr

File photo of the logo of Austrian real estate agent BUWOG seen in front of one of their construction sites in Vienna
File photo of the logo of Austrian real estate agent BUWOG seen in front of one of their construction sites in Vienna(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
  • Drucken

Zwölf Jahre nach dem Verkauf der Bundeswohnungen steht fest: 16 Personen, darunter Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, sind angeklagt. Es geht um Bestechung und Untreue.

Wien. Es ist der größte Polit-Wirtschaftskrimi der Zweiten Republik und ein Monsterverfahren: In den sieben Jahren, in denen die Justiz rund um die Causa Buwog ermittelte, hat sie 700 Einvernahmen durchgeführt und 600 Razzien, Sicherstellungen, Telefonüberwachungen und Kontenöffnungen angeordnet. Dazu kamen wegen der internationalen Verflechtung 40 Rechtshilfeersuchen an ausländische Staaten. 156.000 Gigabyte Daten wurden durchkämmt. Gab es rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen 2004 tatsächlich Geldflüsse zwischen Wirtschaft und Politik? 55 Personen hatte die Korruptions- und Wirtschaftsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Visier – mit dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Mittelpunkt. Sein Anwalt, Manfred Ainedter, beantwortete Mittwochabend die Frage aller Fragen: Grasser ist angeklagt.

Aber nicht nur er: Wie die WKStA am Donnerstag bekannt gab, müssen 16 Beschuldigte auf die Anklagebank. Sie müssen sich nicht nur für mutmaßliche Malversationen beim Verkauf der Buwog an die Immofinanz verantworten, sondern auch im Fall Terminal Tower (siehe nebenstehenden Bericht). Beide Causen werden von der Justiz gemeinsam vor Gericht gebracht, weil die handelnden Personen zum Teil dieselben sind. Das sind neben Grasser, wie aus der der „Presse“ vorliegenden Anklageschrift hervorgeht, auch Grassers Freund und Vertrauter Walter Meischberger und der ehemalige PR-Profi Peter Hochegger sowie der Immobilienmakler Ernst Karl Plech. Außerdem der ehemalige Immofinanz-Boss Karl Petrikovics und der ehemalige Immofinanz-Prokurist Christian Thornton. Ebenfalls angeklagt wird der ehemalige Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger, und Bankvorstand Georg Starzer sowie der ehemalige Meischberger-Anwalt Gerald Toifl.

Zehn Millionen Euro Schaden

Allen 16 angeklagten Personen, für die die Unschuldsvermutung gilt, wirft die Staatsanwaltschaft Geschenkannahme durch Beamte bzw. Bestechung sowie Untreue vor. Der Gesamtschaden beläuft sich auf rund zehn Mio. Euro. Der Strafrahmen für die Delikte beträgt daher ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Angefangen hat alles 2001. Da begann der Verkaufsprozess für die Buwog, die aus fünf Wohnungsgesellschaften mit 61.864 Wohnungen bestand. Schon die Auswahl der Investmentbank war bemerkenswert: den Zuschlag erhielt Lehman Brothers, obwohl ihr Honorar um vier Mio. Euro über dem des Konkurrenten CA-IB lag. Grasser war mit einem hochrangigen Lehman-Vertreter befreundet.

Dann kam der eigentliche Verkauf. In der ersten Runde lag die CA Immo mit 922,7 Mio. Euro knapp vor dem Immofinanz-Konsortium. Eine zweite Runde wurde angesetzt – die CA Immo, die nun 960 Mio. bot, wurde von der Immofinanz mit 961,28 knapp überholt. Die Branche staunte nicht schlecht, der Deal war aber fix. Plech war Buwog-Aufsichtsrat und Makler der Immofinanz.

Erst fünf Jahre später kam die Justiz ins Rollen – durch einen Zufall: Im Zuge der Ermittlungen rund um den Immofinanz-Skandal erzählte Thornton bei einem Verhör, dass Petrikovics eine Provision von einem Prozent des Kaufpreises, also 9,6 Mio. Euro, an die zypriotische Firma Astropolis von Hochegger gezahlt habe. Und zwar über Scheinrechnungen. Hochegger und Meischberger leiteten einen Großteil des Geldes auf drei Konten in Liechtenstein. Eines davon schreiben die Ermittler Grasser zu – er bestreitet das, so wie alle anderen Vorwürfe.

Von Zypern nach Liechtenstein

Die Kernfrage, auf die die Justiz eine Antwort zu finden hofft: Hat Grasser sein Insiderwissen als Minister beim Buwog-Verkauf ausgenutzt, um über den Umweg zweier Vertrauter (Meischberger, Hochegger) entscheidende Informationen weiterzugeben und sich selbst mit Schmiergeld zu bereichern? Bisher lautete seine Antwort immer Nein. Grasser habe nun die Gelegenheit, auch vor Gericht seine Schuldlosigkeit zu beweisen und seine Reputation wiederherzustellen, sagte Anwalt Ainedter. Da der Justiz trotz intensiver Untersuchungen die „Smoking gun“ (klarer Beweis) fehlt, gehen Juristen von einer zähen Indizienschlacht aus.

Bis dahin wird es allerdings noch dauern. Nach Zustellung der Anklageschrift haben die Beschuldigten 14 Tage Zeit für einen Einspruch. Den wird es sicher geben. Auch Ainedter prüft. Ein Einspruch würde ein Rechtsmittelverfahren auslösen, in dem das Oberlandesgericht Wien prüft. Oberstaatsanwalt Konrad Kmetic wollte sich daher auf keinen Zeitplan festlegen. Beobachter gehen erst für 2017 von einem Prozessbeginn aus. Das Gerichtsverfahren dürfte angesichts der Komplexität lang dauern. [ Foto: APA/Robert Jaeger ]

AUF EINEN BLICK

Buwog: Nach siebenjährigen Ermittlungen rund um den Verkauf der Wohnbaugesellschaft Buwog und die Einmietung der oberösterreichischen Finanz in den Linzer Terminal Tower steht fest: 16 Beschuldigte sind angeklagt, darunter Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Das gab am Donnerstag die Korruptionsstaatsanwaltschaft bekannt, nachdem Grassers Anwalt, Manfred Ainedter, am Mittwochabend schon die Anklage seines Mandanten bestätigt hatte. Es geht um Geschenkannahme und Untreue, der Schaden beläuft sich auf zehn Mio. Euro. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Angeklagt sind unter anderem auch Walter Meischberger, Peter Hochegger, Ernst Karl Plech, Karl Petrikovics und Ludwig Scharinger. Alle Beschuldigten haben nun die Möglichkeit, gegen die Anklage Einspruch zu erheben. Juristen rechnen erst im kommenden Jahr mit einem Prozessbeginn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser
Politik

Neue Zeugin in der Causa Buwog?

Die Entscheidung, ob die Anklage gegen Ex-Minister Grasser rechtskräftig wird, dürfte das Oberlandesgericht Wien im Frühjahr treffen. Schon jetzt meldet sich eine frühere Vize-Sektionschefin per Brief zu Wort.
Manfred Ainedter und Karl-Heinz Grasser
Politik

"Verfolgungsmanie": Grasser-Anwalt kritisiert BIG

Der Anwalt des Ex-Finanzministers hält es für absurd, dass sich die BIG als Privatbeteiligte in der Causa Buwog/Terminal Tower anschließen will.
ARCHIVBILD: KARL-HEINZ GRASSER UND WALTER MEISCHBERGER
Österreich

Buwog-Prozess: BIG macht Schadenersatz geltend

Die Bundesimmobiliengesellschaft beteiligt sich am Prozess gegen Grasser und Meischberger.
Politik

Grasser blitzt beim Verfassungsgerichtshof ab

Der VfGH hat die Beschwerde von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser abgewiesen. Grünes Licht für eine Buwog-Anklage gibt es allerdings noch nicht.
IMMOFINANZ-PROZESS: OGH VERHANDELT UeBER URTEILE GEGEN PETRIKOVICS
Österreich

Doch vollzugstauglich: Petrikovics in Strafhaft

Der frühere Immofinanz-Chef Karl Petrikovics musste seine sechsjährige Freiheitsstrafe nun doch antreten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.