Der Weisungsrat als Rezept gegen schiefe Optik

Justizminister Wolfgang Brandstetter
Justizminister Wolfgang Brandstetter(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der von Justizminister Brandstetter „erfundene“ Weisungsrat soll den Anschein politischer Einflussnahme auf heikle Strafverfahren beseitigen. Das Buwog-Verfahren um Karl-Heinz Grasser gilt als Testfall.

Wien. Als Strafrechtsprofessor, spezialisiert auf Wirtschaftsstrafsachen, war Wolfgang Brandstetter vor seiner Ministerschaft in diversen Straffällen engagiert, und zwar als Rechtsbeistand von prominenten Verdächtigen. So schritt er etwa in der Telekom-Affäre ein. Oder im Mordverfahren um den Exbotschafter Kasachstans, Rachat Alijew. Oder etwa als Rechtsfreund des Exchefs der Immofinanz Karl Petrikovics (dieser ist nun im Buwog-Verfahren angeklagt).

Als Brandstetter Ende 2013 auf ÖVP-Vorschlag als Justizminister angelobt wurde und somit die Seite wechselte (vom Strafverteidiger zum obersten Chef der Anklagebehörden), konstruierte er rasch ein Beratungsgremium, das bei beabsichtigten ministeriellen Weisungen in Strafverfahren quasi als Prüfstelle fungieren sollte. Dieses seit Anfang 2016 gesetzlich verankerte Gremium, der Weisungsrat (vormals „Weisenrat“), bilanziert nunmehr so: Laut Beantwortung einer Grünen-Anfrage wurde der Rat 2014 mit 34 Fällen, in denen eine Weisung erteilt werden sollte, befasst. 2015: 19 Fälle, heuer bisher zehn. In insgesamt fünf Fällen verhinderte der Rat eine Weisung.

Zur Erklärung: Das Ministerium könnte zum Beispiel per Weisung ein Verfahren einstellen oder – umgekehrt – eine beabsichtigte Einstellung verhindern. Brandstetter hat für sich die Parole ausgegeben, stets der Empfehlung seines Weisungsrats zu folgen. Wenn nicht? „Das wäre politischer Selbstmord“, so sein Diktum.

„Außergewöhnliches Interesse“

Aktuell wird der dreiköpfige Rat von Generalprokurator Werner Pleischel geführt. Im „Presse“-Gespräch erklärte Pleischl, dass heuer schon 94Fälle erledigt wurden. Dazu muss man wissen: Der Rat wird nicht nur bei beabsichtigten Weisungen eingeschaltet. Sondern etwa auch dann, wenn es der Minister wegen des „außergewöhnlichen Interesses der Öffentlichkeit an der Strafsache für erforderlich hält“. Paradefall dafür: die Causa Buwog um Karl-Heinz Grasser. Hier folgte der Rat dem Vorschlag der Korruptionsstaatsanwaltschaft, sodass einer Anklage nichts mehr im Weg stand.

Wie hoch die Gefahr schiefer Optik gerade in diesem Fall gewesen wäre, zeigt die Tatsache, dass der Name Brandstetter auch in der (der „Presse“ zur Gänze vorliegenden) Buwog-Anklage wiederholt vorkommt. So hat Brandstetter als Rechtsbeistand etwa am 5. Oktober 2009 an einer Besprechung mit Grasser und Co. teilgenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2016)

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