Ex-Immofinanz-Chef muss in Haft

Jetzt wird es eng für den Ex-Banker und Immobilienmanager Karl Petrikovics.
Jetzt wird es eng für den Ex-Banker und Immobilienmanager Karl Petrikovics.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Ein Gerichtsgutachten bescheinigt Karl Petrikovics Vollzugstauglichkeit. Eine geeignete medizinische Versorgung vorausgesetzt, muss er wohl sechs Jahre Haftstrafe antreten.

Wien. Er war einst einer der mächtigsten Manager Österreichs: Karl Petrikovics führte nicht nur das größte Immobilienimperium Österreichs – die Immofinanz und die Immoeast. Er war auch Boss der Constantia Privatbank (CPB), die die Immobiliengruppe managte. Als das extrem verschachtelte und damit undurchsichtige Firmenkonstrukt nach dem Platzen der Immobilienblase und infolge der Finanzkrise 2008 zusammenkrachte und die einst hoch gejubelte Aktie in den Keller rasselte, begann sich die Justiz mit dem „Fall Immofinanz“ zu befassen.

Nun, acht Jahre nach Beginn der Ermittlungen und knapp zehn Monate, nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) die Verurteilung von Petrikovics zu sechs Jahren Haft wegen schwerer Untreue in einem ersten Teilprozess bestätigt hat, muss der 62-Jährige ins Gefängnis. Zu diesem aufsehenerregenden Schluss kommen zwei vom Wiener Straflandesgericht eingeholte medizinische Gutachten. Die Experten gehen davon aus, dass „unter gewissen Auflagen Vollzugstauglichkeit gegeben ist“, sagte Gerichtssprecherin Christina Salzborn zur „Presse“.

Aufschub durch Beschwerde

Im Klartext: Petrikovics müsse seine Haftstrafe umgehend antreten, wenn im Gefängnis eine entsprechende medizinische Versorgung gewährleistet ist. Allerdings sei, so Salzborn, davon auszugehen, dass er bzw. sein Anwalt Otto Dietrich die Möglichkeit der Beschwerde ans Oberlandesgericht (OLG) nütze. Damit ist der nunmehrige Beschluss noch nicht rechtskräftig, eine Beschwerde hat zudem aufschiebende Wirkung.

Ein Blick zurück: Bei dem Prozess im Jahr 2013, bei dem Petrikovics, der Ex-Aufsichtsratschef der Immofinanz, Helmut Schwager, und der ehemalige Prokurist Christian Thornton angeklagt waren, ging es um „fiktive Aktienkäufe und -verkäufe, fiktive Bewertungen, fiktive Bezugsrechte – und real ausbezahlte Gewinne“, wie es die Richterin Claudia Moravec-Loidolt damals treffend formulierte. Die Angeklagten, die jegliche Schuld von sich wiesen, sollen sich das verschlungene Netz der Immobiliengruppe zunutze gemacht haben, um sich durch, vom Aufsichtsrat nicht genehmigte, Aktienoptionsgeschäfte um rund 20 Mio. Euro unrechtmäßig zu bereichern. So lautete die Anklage.

Das Verfahren befasste sich zwar nur mit einem Teilaspekt des Systems. Es warf aber ein Schlaglicht auf die Macht von „Mastermind“ (Moravec-Loidolt) Petrikovics und seine Nonchalance im Umgang mit Anlegergeld. „Das stand uns zu“ (die Millionen), war einer der am häufigsten gesagten Sätze in den 14 Prozesstagen.

Auch vor dem OGH, der das Verfahren nach Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen aufrollte, gab sich Petrikovics siegessicher. Als das Höchstgericht das Ersturteil bestätigte, war die Sensation perfekt.

Aber Petrikovics kämpfte weiter: Von einem Privatgutachten ließ er sich bestätigen, er sei haftunfähig. Daraufhin beauftragte die Justiz einen Gutachter. Dieser bescheinigte Petrikovics aus neurologischer und psychiatrischer Sicht Vollzugstauglichkeit, wie Sprecherin Salzborn der „Presse“ erklärt. Allerdings empfahl der Experte, eine kardiologische Expertise beizuziehen. Diese liegt nun vor – und kommt zu demselben Urteil.

Was die Belastbarkeit von Petrikovics betrifft, ist ein Blick ins Firmenbuch aufschlussreich: Dieses listet 14 aktive Funktionen auf – alle als Gesellschafter, Geschäftsführer oder Kommanditist in Immobilien- und Liegenschaftsfirmen.

Auf einen weiteren Prozess, in dem sich Petrikovics wegen Untreue im Zusammenhang mit einem von der Immofinanz 2002 angekauften Trainingszentrum für Spitzensportler in Monaco verantworten sollte, habe die nunmehrige Gutachter-Entscheidung keinen Einfluss, sagt Salzborn. Denn bei diesem Prozess (bei dem Tennismanager Ronald Leitgeb eine nicht rechtskräftige Strafe von 20 Monaten bedingt ausfasste) bescheinigte Petrikovics ein Gerichtsgutachten Verhandlungsunfähigkeit. „Es ist ein Unterschied, ob man in Haft ist oder in einem stressigen Wirtschaftsprozess“, so Salzborn.

Auch im Buwog-Verfahren ist Petrikovics angeklagt – und hat gegen die Anklage Einspruch erhoben. Es wird also dauern, bis es in diesem Verfahren weitergeht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2016)

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