SPÖ startet Kampagne gegen TTIP

Demonstration gegen TTIP und CETA
Demonstration gegen TTIP und CETA(c) APA/../Christian Charisius
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Die Parteigremien der Sozialdemokraten haben bereits vor dem Sommer grünes Licht für eine Kampagne gegeben. Diese startet im Herbst.

Wien. Die Paukenschläge aus Paris und Berlin, mit denen diese Woche das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) für gescheitert erklärt worden sind, konnten die Verantwortlichen in der SPÖ-Bundesparteizentrale in der Wiener Löwelstraße und im nahen Bundeskanzleramt zwar nicht voraussehen. Dafür schaut es jetzt umso mehr wie eine orchestrierte Aktion der Sozialdemokraten in Europa aus. Denn morgen, Freitag, wird SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler, Statthalter von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern, offiziell eine Kampagne mit den gebündelten Warnungen vor TTIP vorstellen.

Mit dieser und mit dem Druck aufs Tempo in der Sacharbeit der Bundesregierung (Stichwörter Wirtschaft, Arbeitsplätze, Bildung) startet die SPÖ in den politischen Herbst. Die Weichen dafür wurden allerdings von den SPÖ-Bundesgremien – am Dienstag tagen Präsidium und Bundesparteivorstand das nächste Mal – schon vor dem Sommer gestellt.

Bereits Kerns Vorgänger, Werner Faymann, hatte vor dem Führungswechsel Mitte Mai aus den Vorbehalten gegen TTIP kein Hehl gemacht. Die Kanzlerpartei segelt damit gleichzeitig ganz auf dem Kurs der auflagenstärksten heimischen Tageszeitung, der „Kronen Zeitung“, die seit Langem auf breiter Front gegen den Freihandelspakt mobilmacht. Details der Kampagne wollte man in der SPÖ-Zentrale vor der Präsentation an diesem Freitag noch nicht preisgeben.

TTIP gescheitert, Ceta nicht

Kern liegt allerdings auf Linie mit dem deutschen SPD-Chef, Sigmar Gabriel („Die Presse“ berichtete am Mittwoch). Ähnlich wie der sozialdemokratische Mitstreiter und Wirtschaftsminister in Berlin hält er TTIP mehr oder minder für gescheitert, nicht jedoch das inhaltlich ähnliche Abkommen mit Kanada (Ceta).

Wie bei einer Reihe weiterer Themen im Sozial- und Arbeitsrecht steht die SPÖ bei TTIP im Wettstreit mit der FPÖ unter Obmann Heinz-Christian Strache um die Wählerschaft bei den Arbeitnehmern und Arbeitern, die den Pakt mit den USA als das Böse schlechthin ansehen. Der freiheitliche Bundespräsidentschaftskandidat, Norbert Hofer, setzt im nun anlaufenden Wahlkampf für die Wiederwahl der Stichwahl gegen Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ganz bewusst auf die Ressentiments bei vielen Österreichern gegen TTIP und hält das für eine Trumpfkarte. Deswegen hat er erst am Montag dieser Woche bekräftigt, TTIP nicht zu unterschreiben, sollte er zum Staatsoberhaupt gewählt werden.

In der Regierung ist TTIP ein zusätzlicher Reibepunkt für die SPÖ mit der ÖVP und Vizekanzler/Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Auch wenn ÖVP-Politiker aus ihrer Skepsis gegen das Freihandelsabkommen mit den USA nicht hinter dem Berg gehalten haben, so will der Wirtschaftsflügel von einem Aus für die Verhandlungen der EU darüber nichts wissen. Mitterlehner konkretisierte am Mittwoch seine in der „Presse“ skizzierte Position: Er sprach sich für einen Abbruch der Verhandlungen und für einen Neustart nach der Präsidentschaftswahl in den USA aus. Das Thema sei angesichts des Verhandlungsprozesses „so belastet, dass unter den gegebenen Voraussetzungen eine positive Umsetzung de facto ausgeschlossen ist“. Eine sachliche Auseinandersetzung sei aufgrund der Emotionalisierung nicht möglich.

Für ein exportorientiertes Land wir Österreich gebe es keine andere Alternative, als den gesamten Prozess neu aufzusetzen. Dabei müsse es einen transparenten Verhandlungsprozess geben.

AUF EINEN BLICK

TTIP gescheitert? Frankreich will nicht länger mit den USA über das Freihandelsabkommen TTIP reden, auch der deutsche Wirtschaftsminister, Sigmar Gabriel, hält die Gespräche für „de facto gescheitert“. US-Präsident Barack Obama hätte das Abkommen noch gern in seiner Amtszeit abgeschlossen, doch die Gespräche zwischen Europa und den USA stecken seit Monaten in einer Sackgasse fest. In Österreich ist die Skepsis besonders groß, die SPÖ startet eine Kampagne gegen TTIP, FPÖ und Grüne sind gegen das Freihandelsabkommen. Die ÖVP plädiert nun für einen Abbruch der Verhandlungen und einen Neustart nach der US-Präsidentenwahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2016)

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