Leitl: „Das Schulsystem ist im Keller“

EUROP�ISCHES FORUM ALPBACH 2016: WIRTSCHAFTSGESPR�CHE / LEITL
EUROP�ISCHES FORUM ALPBACH 2016: WIRTSCHAFTSGESPR�CHE / LEITL(c) APA/MARIA NOISTERNIG
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Der Wirtschaftskammer-Präsident fordert eine Revolution im Bildungssystem. Es brauche einen schülerzentrierten anstatt eines lehrerzentrierten Ansatzes.

Alpbach. Mit seinem einstigen Sager vom „abgesandelten“ Standort Österreich am Europäischen Forum Alpbach löste Christoph Leitl noch Jahre später Diskussionen aus. Nun hat der Wirtschaftskammer-Chef – ebenfalls in Alpbach – ein ähnlich harsches Urteil über das heimische Bildungssystem gefällt.

Zwar sei er stolz, dass es in Österreich „die beste berufliche Ausbildung Europas gebe“, sagte Leitl bei einer Diskussion gestern, Mittwoch, bei den Wirtschaftsgesprächen in dem Tiroler Denkerdorf. „Das schulische System ist aber nicht spitze. Es ist im Keller“, sagte er im Bezug auf die vor inzwischen über einem Dreivierteljahr von der Regierung paktierte Bildungsreform, von der bis dato nur ein kleiner Teil umgesetzt wurde.

„Eine Revolution im Denken“

Wenige Tage vor Schulbeginn fordert Leitl daher eine „Revolution“ im Bildungssystem. Die frühkindliche Förderung gehöre ausgebaut. Und es brauche ganz generell „ein vernetztes, ganzheitliches Aus- und Weiterbildungssystem, das begabungs- und schülerzentriert ist – und nicht lehrerzentriert“, forderte der Wirtschaftskammer-Chef. Um sogleich anzumerken: Diese Aussage sei nicht gegen die Lehrer gemünzt, sondern gegen das System. Was die Bildung angeht, sei aber klar: „Es muss eine Revolution im Denken stattfinden.“

„Ja, wir brauchen eine andere Schule mit anderen Methoden, mit Unterricht in einem Block“, replizierte der Gewerkschaftsbund-Präsident, Erich Foglar, bei der Diskussion, die thematisch passend in einem Klassenraum der Alpbacher Hauptschule stattfand. Man brauche Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht, bei denen sich Schulstunden und Freizeit abwechseln – auch für Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) das ideale Modell. „Und man muss eine ganz andere Lehrergeneration ausbilden“, forderte Foglar. „Dabei muss das Besoldungssystem automatisch folgen.“

Schulverwaltung als Problem

Es gehe um ein Fördern und Fordern sowie um das Schwächen von Schwächen, sagte Foglar. Finnland mit einem Recht auf Förderung für jedes Kind sei da ein positives Beispiel. Der Gewerkschafts-Chef kritisierte, dass die Zuständigkeiten für die Schule zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt seien. Er erinnerte aber auch an die Hürden für eine Änderung der Aufgabenteilung: Dafür brauche es eine Verfassungsreform. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2016)

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