Strache: "Es gibt ein Türkenproblem"

HC Strache beim Interview mit Oliver Pink (Die Presse)
HC Strache beim Interview mit Oliver Pink (Die Presse)(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die Südtiroler sollen abstimmen, ob sie zu Österreich zurück wollen, sagt Heinz-Christian Strache im Interview mit der "Presse am Sonntag". Lob gibt es vom FPÖ-Chef für Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer.

"Die Presse am Sonntag": Lassen Sie den Bart jetzt stehen?

Heinz-Christian Strache: Zurzeit ja. Ich habe nach meiner bakteriellen Entzündung nun eine neue, dünne, rosa Haut. Da will ich mich nicht so oft rasieren, damit die Haut weiter heilen kann. Vielleicht lasse ihn auch ganz stehen – ich habe sehr viele positive Rückmeldungen erhalten.

Ihre Partei scheint derzeit, zumindest kampagnentechnisch, alles richtig zu machen.

Wir haben es mit einer SPÖ zu tun, die sich im Zustand der Selbstauflösung befindet. Werner Faymann ist der erfolgloseste SPÖ-Chef der Geschichte. Anstatt dass Faymann und Co. über ihre Fehler nachdenken, ergehen sie sich in Beschimpfungen der FPÖ und betreiben Ausgrenzungspolitik.

War das unter Gusenbauer anders?

Das Gesprächsklima war wesentlich besser. Er hat sich sehr korrekt verhalten. Ich habe Alfred Gusenbauer menschlich sehr geschätzt.

Es ist aber nicht zu leugnen, dass Vertreter Ihrer Partei immer wieder mit ausländerfeindlichen und antisemitischen Anspielungen provozieren.

Das weise ich aufs Schärfste zurück. Es gibt bei uns keinen Antisemitismus. Was wir erlebt haben, waren beleidigende Schimpftiraden des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant. Ich habe seit langer Zeit immer wieder das Gespräch mit ihm gesucht, das er bis heute verweigert. Und irgendwann muss man auf Beschimpfungen auch antworten.

Was Martin Graf sehr deftig getan hat.

Genauso wie Muzicant.

Sind Sie eigentlich auch für eine Volksabstimmung in Südtirol über die Unabhängigkeit von Italien?

Selbstverständlich ist es hoch an der Zeit, die Südtiroler endlich einmal darüber abstimmen zu lassen, ob sie im italienischen Staatsverband bleiben wollen oder ob sie zurück in den österreichischen Staatsverband wollen. Südtirol bleibt ja trotzdem eine EU-Region.

Die Vorarlberger FPÖ war bisher eine vergleichsweise liberale Landesgruppe. Diesmal hat sie sich aber der Linie der Bundes-FPÖ angepasst, sich allerdings noch mehr an Blochers Schweizer SVP orientiert.

Wir hatten in unserer Partei immer eine große Breite. Es gab Liberale. Es gab Persönlichkeiten, die das deutsche Wort, das Freiheitliche, in den Mittelpunkt stellten. Es gab patriotische Kräfte. Und solche, die sozialpolitisch stark engagiert sind.

Apropos patriotische Kräfte: Waren nicht auch Wehrmachtsdeserteure Patrioten, noch dazu, wenn sie in einer Armee der Alliierten für ein freies Österreich und gegen Hitler-Deutschland gekämpft haben?

Jeder, der regulär in einer Armee gedient hat, hat einen ehrenvollen Dienst geleistet. Und es war nicht jeder Soldat ein Diener des totalitären Regimes. Man muss nun differenzieren: Es gibt welche, die aus Gewissensgründen desertiert sind. Aber es gibt einige Fälle – das werden wir auch im Parlament vorlegen –, in denen Deserteure im Schützengraben Kameraden erschossen haben und dann übergelaufen sind. Und dann hat es auch echte Nationalsozialisten gegeben, die in den letzten Monaten übergelaufen sind wegen des persönlichen Vorteils.

Die SPÖ will sich nun verstärkt der Zuwandererproblematik annehmen. Fürchten Sie sich schon?

Da kann ich nur schmunzeln.

Was würde denn die FPÖ konkret tun, wenn sie in der Regierung wäre?

Vor Heinz-Christian Strache bräuchte sich auf jeden Fall einmal keiner zu fürchten. Es wird nicht alles anders, aber vieles besser. Ich würde die zwanzig Sozialversicherungen auf zwei reduzieren: eine für EU-Bürger und eine für Nicht-EU-Bürger. Heute hat jeder, der zu uns kommt, vom ersten Tag an Anspruch auf soziale Sonderleistungen. Ich sage: Wer anständig ist, Steuern zahlt, sich integriert, hat die Chance, Staatsbürger zu werden und in den Genuss dieser sozialen Sonderleistungen kommen. Wobei zu sagen ist: Menschen, die aus dem christlichen Europa zugewandert sind, etwa aus Süd- und Osteuropa, sind meist sehr gut integriert und auch akzeptiert. Es gibt also gar kein Ausländerproblem, es gibt ein Türkenproblem. Und ich würde ohne Vorankündigung immer wieder die Schengen-Grenze für ein, zwei Wochen aussetzen, damit man die Gauner dingfest machen kann.

Wird es in Wien einen aggressiven „Daham statt Islam“-Wahlkampf geben, oder ist das gar nicht mehr nötig, da ohnehin jeder weiß, wofür die FPÖ steht?

Lassen Sie sich überraschen. Ich werde sicher nicht auf das Niveau des Michael Häupl mit seinen Dauerbeschimpfungen herabsteigen. Die Menschen spüren, dass sie einen amtsmüden Bürgermeister haben. Er ist direkt vom Winterschlaf in den Sommerurlaub übergegangen. Und negiert alle Probleme.

Sie sind neuerdings auch großer Russland-Fan. Es gibt Gerüchte, wonach die FPÖ vom Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow, bei dem Sie auch schon öfter waren, gesponsert wird. Stimmt das?

Schön wär's. Nein, da ist nichts dran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2009)

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