Finanzausgleich: Der Steuerkuchen ist fast verteilt

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PK NACH GIPFELGESPR�CH ZU PENSIONEN: ST�GER/SCHELLING(c) APA/ROBERT JAEGER
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Wer bekommt welchen Anteil vom Steuergeld? Darüber verhandelten Bund, Länder und Gemeinden am Sonntag. Eine Einigung steht bevor.

Wien. Treffen sich Bund, Länder und Gemeinden. So fangen nicht unbedingt die einfachsten Geschichten an. Auch diese nicht, vor allem nicht diese: Es geht hier schließlich um den Finanzausgleich. Also jene Regelung, die bestimmt, welcher Anteil der Steuereinnahmen an Bund, Länder und Gemeinden geht. Bei diesem Milliarden-Deal versucht jede Gebietskörperschaft das Maximum für sich herauszuholen: Im Vorjahr beliefen sich die Einnahmen des Staates immerhin auf 81 Milliarden Euro.

Nun könnten die Verhandlungen ein positives Ende nehmen. Der Bund hat den Ländern ein Angebot vorgelegt, das diese Montagfrüh noch abschließend bewerten. Die Forderungen nach mehr Geld hat Finanzminister Hans-Jörg Schelling demnach zu einem Teil erfüllt.

So sollen pro Jahr in etwa 300 Millionen fließen, dazu kommt eine Einmalzahlung von 125 Millionen zur Bewältigung der Flüchtlings-bzw. Integrationskosten. Auch die gut 300 Millionen sollen im wesentlichen zweckgebunden fließen, etwa für den Bereich Primary Health Care und Krankenanstaltenfinanzierung. Ursprünglich hatten die Länder 500 Millionen Euro jährlich mehr verlangt.

Verländert werden soll gemäß Vorschlag des Bundes die Wohnbauförderung, also der Dienstgeber- und Dienstnehmer-Beitrag. In Sachen Grundsteuer-Reform, auf die vor allem die Gemeinden gedrängt haben, wurde offenbar fürs erste nur eine Arbeitsgruppe eingerichtet.

Seit eineinhalb Jahren verhandelt Schelling nun bereits über den neuen Finanzausgleich. Sein Plan war eine größere Reform, doch das Ergebnis dürfte ein weiteres Mal ein kleiner Kompromiss sein. Am 15. November soll der Finanzausgleich jedenfalls in den Ministerrat kommen, am 1. Jänner 2017 könnte er bereits in Kraft treten.

Kostendämpfung bei Pflege

Vorgesehen ist nun, dass die Steuermittel für die Kindergärten, also die 0- bis 6-Jährigen, ab 2018 aufgabenorientiert vergeben werden (also nicht mehr pro Kopf). Die Kriterien, nach denen diese Mittel an die Gemeinden fließen, müssen bis September kommenden Jahres festgelegt sein. Bei der Betreuung der 7- bis 15-Jährigen lässt man sich sowohl mit dem Inkrafttreten als auch mit der Festlegung der Kriterien genau ein Jahr länger Zeit. Eine breite Aufgabenorientierung gehörte eigentlich zu Schellings Prestigeprojekten, als er die Verhandlungen begann. Zumindest bei den Kindergärten hat der Finanzminister seine Pläne durchgesetzt.

Was die Sozialkosten betrifft, einigte man sich auf einen Kompromiss: Die Länder plädierten im Vorfeld dafür, dass die Kosten im Pflegebereich jährlich um 5,5 Prozent steigen dürfen. Der Bund wollte vier Prozent. Nun einigte man sich auf 4,6 Prozent.

Ähnliches gilt für den Gesundheitsbereich: Hier dürfen Kosten derzeit noch um 3,6 Prozent steigen. Nach und nach soll es aber weniger werden, im Jahr 2021 nur noch 3,2 Prozent, hieß es aus Verhandlungskreisen. Hier wird aber ein effektiveres Controlling eingeführt. Sprich: Der Bund will strenger überwachen, ob die Länder die Vorgaben tatsächlich einhalten.

Thema bei den Verhandlungen waren auch Haftungsobergrenzen – ein Punkt, der das Land (und vor allem Kärnten) nach der Hypo-Krise verfolgte. Das Ergebnis: Städte und Gemeinden haften maximal bis zu 75 Prozent der Nettoeinnahmen, Bund und Länder bis zu 175 Prozent. Außerdem kommt ein einheitliches Spekulationsverbot.

Steuerautonomie wohl vom Tisch

Punkt zwei auf Schellings Agenda war übrigens die Steuerautonomie der Länder: Derzeit hebt der Bund Steuern ein und verteilt sie auf die Gebietskörperschaften. Im Gespräch war, dass diese Verantwortung zum Teil den Bundesländern abgegeben wird. Doch hier ist man sich nicht einmal unter den Landesregierungen einig, ob man dies auch wirklich will. Damit war die selbstständige Steuereinhebung der Länder zunächst vom Tisch.

Neben Schelling, Sozialminister Alois Stöger und Kanzleramtsminister Thomas Drozda (beide SPÖ) für den Bund verhandelten die roten Finanzlandesräte Michael Schickhofer (Steiermark) und Renate Brauner (Wien). Ebenfalls am Verhandlungstisch: Oberösterreichs Landeschef Josef Pühringer und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP). Die Gemeinden waren über ihren Präsidenten, Helmut Mödlhammer (ÖVP), die Städte über den St. Pöltener Bürgermeister, Matthias Stadler (SPÖ), vertreten.

Länder wollten 500 Millionen

Schickhofer machte im Vorfeld klar, dass er am Sonntag eine Einigung anstrebe: „Alles andere würde die Bevölkerung nicht verstehen“, hieß es aus seinem Büro zur „Presse“. Gleichzeitig pochte er auf eine Kernforderung der Länder: Nämlich 500 Millionen, die sie zusätzlich erhalten wollen – unter anderem wegen der steigenden Kosten im Flüchtlingsbereich. Außerdem appellierte Schickhofer an die ÖVP, bei der Mindestsicherung einzulenken (siehe unten): „Das Thema muss mitgelöst werden.“

Der jüngste Finanzausgleich wurde übrigens im Herbst 2007 paktiert – und zwei Mal verlängert. Wohl auch deswegen, weil sich die Verhandlungen als so mühsam und langwierig erwiesen.

AUF EINEN BLICK

Finanzausgleich. Wie werden die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt? Darum geht es bei den Verhandlungen rund um den Finanzausgleich. Rund zwei Drittel der Gelder gehen zumindest am Papier derzeit an den Bund, wobei Länder und Gemeinden

durch diverse Transfers real mehr als nur zu einem Drittel kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2016)

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