In der rot-grün-schwarzen Dreierkoalition ist der Alltag eingekehrt – Spannungen inklusive. Ein Wiedererstarken der Freiheitlichen bei der nächsten Landtagswahl 2018 ist nicht ausgeschlossen.
Wien. Harmonie sieht anders aus. In der Kärntner Dreierkoalition zwischen SPÖ, Grünen und ÖVP sind Spannungen an der Tagesordnung. Vor allem die kleinen Koalitionspartner prallen regelmäßig aufeinander, weil sich die ÖVP mit der Politik der Grünen nicht anfreunden kann. Naturschutz, Raumordnung oder der Mobilitätsmasterplan des grünen Landesrats Rolf Holub sind für Christian Benger, dessen ÖVP-Widerpart, zu wirtschaftsfeindlich.
Zuletzt war es die Mindestsicherung, an der sich die Geister schieden. Nach der Verländerung der Sozialhilfe plädiert die ÖVP gemäß der Linie der Bundespartei für Kürzungen, SPÖ und Grüne wollen bestenfalls Korrekturen anbringen.
In der Landesregierung gehe es schon zu wie in der Bundesregierung, sagen politische Beobachter. Und ein derartiger Vergleich wäre in Kärnten nicht einmal dann als Kompliment gedacht, wenn es in der Bundesregierung besser liefe. So ist es jetzt nicht einmal sicher, ob einer der Gründe für die Dreierkoalition, nämlich die Abschaffung des Proporzes, auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Für die Abstimmung im Frühjahr dürfte kein einziger Mandatar der Koalition ausscheren – und das scheint speziell bei den ÖVP-Abgeordneten noch keineswegs sicher.
Scherbenhaufen aufräumen
Angetreten waren die drei Parteien 2013 als „Zukunftskoalition“, die von Anfang an unter großem Druck stand. Es galt, den Scherbenhaufen der freiheitlichen Vorgängerregierung aufzuräumen. Korruptionsvorwürfe, eine hohe Verschuldung des Landes und vor allem die Insolvenzgefahr durch die Hypo-Pleite belasteten den Neustart.
Inzwischen ist zumindest die Gefahr einer Insolvenz des Landes gebannt – wenn auch nicht unbedingt aus eigener Kraft, sondern mit kräftiger Unterstützung durch den Bund. Der Schuldenberg ist geblieben, oder besser gesagt, durch die Hypo-Lösung noch ordentlich gewachsen. Und obwohl die Landesregierung schon etliches an Sparplänen umgesetzt hat, ist von einem Abbau der Verschuldung noch lang keine Rede. Bisher ist es – bei wohlwollender Betrachtung – bestenfalls gelungen, den Anstieg der Neuverschuldung einzubremsen.
Die Koalition vollführt da allerdings einen Drahtseilakt: Spart sie zu stark, kann ihr das bei der nächsten Wahl, die spätestens im März 2018 stattfindet, auf den Kopf fallen. Die FPÖ streitet ihre Verantwortung für das Hypo-Desaster ab und geißelt die daraus folgenden Sparmaßnahmen, denen FPÖ-Erfindungen wie beispielsweise das „Müttergeld“ zum Opfer gefallen sind. Nach Ansicht der Freiheitlichen ist die Bundesregierung für die Hypo-Pleite verantwortlich und hätte die Kosten tragen müssen.
Ob die Strategie der Freiheitlichen aufgeht, lässt sich derzeit noch schwer abschätzen. Im Jahr 2013 ist die Partei bei der Landtagswahl noch abgestraft worden. Doch bei der Bundespräsidentenwahl hat der freiheitliche Kandidat, Norbert Hofer, in Kärnten mehr als 58 Prozent der Stimmen erhalten und damit sein zweitbestes Bundesländerergebnis nach dem Burgenland erzielt.
Krisengewinner Kaiser
Eindeutig gewonnen in den vergangenen drei Jahren hat der Landeshauptmann: SPÖ-Landeschef Peter Kaiser ist an der Aufgabe gewachsen und zu einer sowohl in Kärnten als auch außerhalb respektierten Politikerpersönlichkeit herangereift. Das wiederum könnte der SPÖ bei der nächsten Wahl den entscheidenden Vorsprung sichern.
Einziger Unsicherheitsfaktor ist die immer noch nicht erledigte Top-Team-Affäre, in der dem Landeshauptmann eine Anklage droht, bei der er zurücktreten würde. Immerhin gäbe es für diesen Fall einen Ersatz: Das Verfahren gegen Kaisers Stellvertreterin, Gaby Schaunig (SPÖ), in Sachen Top Team ist inzwischen endgültig eingestellt.
AUF EINEN BLICK
Kärnten ist der zweite Teil des politischen „Presse“-Streifzugs durch die Bundesländer. Bereits erschienen: Wien.
Nach Korruptionsskandalen wurde der Kärntner Landtag 2013 neu gewählt. Die FPÖ verlor massiv. Landeschef Peter Kaiser (SPÖ) steht seitdem einer Dreierkoalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen vor.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2016)