Nationalrat: Die „Politshow“ einer Zweckgemeinschaft

Justizministerin Bandion-Ortner.
Justizministerin Bandion-Ortner.(c) APA (Robert Jäger)
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Die Opposition zitiert Bandion-Ortner ins Parlament. Die Justizministerin wies den Vorwurf der Politjustiz vehement zurück. Aufregung um Fekter-Rede.

Wien. Wenn die kleine Bühne des Untersuchungsausschusses ins Plenum des Nationalrats wechselt, ist Aufregung vorprogrammiert. Die trotz aller ideologischen Unterschiede geeint auftretenden Oppositionsparteien hatten für Donnerstag eine Sondersitzung des Nationalrats beantragt. Damit und mit weiteren Sondersitzungen wollen sie die Ladung von Ministern in den U-Ausschuss erzwingen, was die Koalitionsparteien bisher ablehnen.

„Glauben Sie, dass es mir Vergnügen macht, mit der FPÖ gemeinsam zu agieren?“ Grün-Abgeordneter Peter Pilz, der die Dringliche Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner formulieren durfte, machte aus seiner Ablehnung gegenüber den Freiheitlichen kein Hehl. Eine „Zweckgemeinschaft“ sei das. Applaus für Pilz gab es übrigens vom BZÖ, nicht aber von der FPÖ.

Fehler ja, Politjustiz nein

Bandion-Ortner wies in ihrer Anfragebeantwortung den Vorwurf der Politjustiz vehement zurück. Ja, es seien Fehler bei der Staatsanwaltschaft passiert, gab sie zu. Es stecke aber kein System dahinter, die Regierung werde nicht anders behandelt als die Opposition. Man müsse aus den Fehlern lernen. Dass Ex-Innenminister Ernst Strasser wegen parteipolitisch motivierter Postenbesetzungen nicht verfolgt wurde, hält sie für gerechtfertigt: Das sei möglicherweise politisch verwerflich, aber nicht strafrechtlich zu verfolgen. Aufhorchen ließ Bandion-Ortner mit Aussagen zur umstrittenen politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien: Sie könne sich vorstellen, die Abteilung aufzulösen.

Die Opposition war mit der Anfragebeantwortung erwartungsgemäß nicht zufrieden. „Ihr Vortrag wirft mehr Fragen auf, als beantwortet wurden“, so der grüne Abgeordnete Albert Steinhauser. FPÖ-Mandatar Martin Graf will nicht akzeptieren, dass es sich um Fehlleistungen Einzelner gehandelt habe: In Österreich sei eine echte „Korruptionspandemie“ ausgebrochen. BZÖ-Abgeordneter Ewald Stadler meinte, die Rede Bandion-Ortners sei gespickt mit Unrichtigkeiten und Halbwahrheiten. Im Untersuchungsausschuss wäre dies nicht möglich.

Uneinigkeit bei der SPÖ

Nicht ganz einig war sich die SPÖ-Fraktion, was von dieser Sondersitzung zu halten sei. Otto Pendl, Fraktionsführer im U-Ausschuss, kritisierte die „Politshow“ und meinte, mit der Debatte werde weder dem Parlament oder dem Staat noch der Sache ein konkreter Dienst erwiesen. Klubobmann Josef Cap dagegen sah die Sache positiv: „Das verstehe ich unter parlamentarischer Tätigkeit. Gibt es halt mehrere Sondersitzungen.“

Für einige Aufregung im Plenum sorgte Innenministerin Maria Fekter (ÖVP). Just in den letzten Minuten der Fernsehübertragungszeit ergriff die Ressortchefin das Wort – allerdings nicht, um die parlamentarische Anfrage zu beantworten, was ihr gutes Recht gewesen wäre. Fekter hielt stattdessen unter heftigen Protesten der Opposition einen langen Vortrag über die gute Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz.

AUF EINEN BLICK

Nationalratssondersitzung.
Die Koalition lehnt die Ladung von Ministern in den U-Ausschuss ab. Das will die Opposition nun mit einer Reihe von Sondersitzungen erzwingen – die erste fand am Donnerstag mit einer Dringlichen Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner statt. FPÖ, BZÖ und Grüne haben ein weiteres Druckmittel in der Hand: Solange es keine Ladungen gibt, verweigern sie die Zustimmung zu Verfassungsgesetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2009)

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