Staat lockert Rettungsring für Sparer

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Die Regierung verlängert den unbegrenzten Schutz von Sparguthaben trotz Bankappellen nicht. Ab Jänner sind Sparguthaben im Fall einer Bankenpleite nur noch bis 100.000 Euro gesichert.

Wien.Österreich ist ein Land der Sparer. Trotz niedriger Zinsen erlebt das Sparbuch eine Renaissance. Acht von zehn Österreichern haben eines. Die Nachfrage nach Investmentfonds und Aktien ist im Zuge der Finanzkrise indessen stark gesunken. Für Bankkunden ist daher die staatliche Einlagensicherung besonders wichtig. Als die Finanzkrise im Herbst 2008 ihren Höhepunkt erreichte und sich viele Kunden Sorgen um die Sicherheit ihrer Bank machten, gab die Regierung in einer Blitzaktion eine unbeschränkte Garantie für alle Sparguthaben ab. Diese läuft Ende Dezember 2009 aus. Danach sind Spareinlagen im Fall einer Bankenpleite noch bis zu 100.000 Euro pro Institut geschützt.

Die Finanzbranche verlangt nun, dass die unbegrenzte Staatshaftung bis mindestens Ende 2010 ausgedehnt wird. „Die Krise ist bei Gott noch nicht hinter uns“, sagt Willibald Cernko, Chef der Bank Austria. Auch 2010 werde noch ein schwieriges Jahr werden. Die Regierung sollte sich daher laut Cernko „ernsthaft überlegen“, den Totalschutz für Sparer noch um ein weiteres Jahr zu verlängern.

Ansturm auf Bundesscheine

„Das Thema Sicherheit ist für die Kunden ein hochprioritäres Thema geworden“, so Cernko. Noch nie würden so viele Leute die Sicherheit von Banken hinterfragen wie heute. Vermögende Privatkunden beginnen, darüber nachzudenken, Einlagen über 100.000 Euro auf mehrere Institute aufzuteilen. Laut „Presse“-Informationen setzte zuletzt ein Run auf die Bundesschatzscheine der Republik ein. Denn hier wird das Geld direkt beim Staat veranlagt.

Mit einer hundertprozentigen Einlagensicherung würde laut Cernko „Ruhe in den Markt reinkommen“. Eine solche Maßnahme müsse allerdings innerhalb der EU koordiniert werden. Ähnlich argumentiert Erwin Hameseder, Chef der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Er wünscht sich sogar eine Verlängerung um bis zu zwei Jahre. „Dieser Schutzschirm kostet den Staat nichts, ist aber eine emotional sehr wichtige Sache“, meint der Banker.

„Vertrauensverlust gebannt“

Erst in der Vorwoche dehnte die Regierung auf Wunsch des Finanzsektors und der Nationalbank das staatliche Bankenhilfspaket bis Ende 2010 aus. Damit können sich Kreditinstitute auch im nächsten Jahr Geld vom Bund holen.

Doch diesmal erteilt Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) den Bankdirektoren eine Abfuhr. „Eine Verlängerung der hundertprozentigen Einlagensicherung steht nicht zur Diskussion“, beharrt Prölls Sprecher Harald Waiglein im „Presse“-Gespräch. Das Finanzsystem sei stabilisiert. „Wir sehen keinen Vertrauensverlust mehr“, so Waiglein. Eine zu lange Vollgarantie würde zum sogenannten „Moral Hazard“ führen. Denn wer darauf vertraut, dass im Notfall ständig der Steuerzahler einspringt, neige dazu, höhere Risken einzugehen.

Zudem hat der Staat laut Waiglein die gesetzliche Absicherung ohnehin weiter verbessert. Denn vor der Finanzkrise waren Sparguthaben nur bis zu 20.000 Euro je Institut geschützt. Mit der 100.000-Euro-Regelung, die ab Jänner 2010 gelten wird, sind laut Berechnungen des Finanzministeriums mehr als 90Prozent aller Einlagen im Gesamtvolumen von mehr als 150 Milliarden Euro abgesichert.

Faymann unterstützt Pröll

Unterstützung erhält Pröll von Kanzler Werner Faymann (SPÖ): „Wir sind uns in diesem Punkt einig. Ein Komplettschutz für Spareinlagen ist künftig nicht mehr notwendig“, bekräftigt Faymanns Sprecher Leo Szemeliker.

Innerhalb der Europäischen Union gibt es unterschiedliche Sicherungssysteme. Die Brüsseler Behörden verlangen nur, dass in allen Mitgliedsländern Bankguthaben zumindest bis zu 50.000 Euro in vollem Umfang garantiert werden müssen.

In Österreich kam die Einlagensicherung seit 1985 bei vier Bankenpleiten (Bank für Handel und Industrie, Diskontbank, Riegerbank und Trigon Bank) zur Anwendung. Für die vier Fälle mussten in Summe 140 Millionen Euro aufgewendet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2009)

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