Bischöfe planen Gipfel zur Schubhaftbetreuung

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Derzeit fehle es an adäquater Sozial- und Rechtsberatung, kritisiert der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker. Den Nationalen Aktionsplan Integration bezeichnet er als "falschen Weg".

Österreichs Kirchen planen einen Gipfel zur Schubhaftbetreuung. Nach dem Auslaufen der Verträge zwischen Innenministerium und Diakonie bzw. Caritas wird wieder der Zugang zu den Polizeianhaltezentren gefordert, sagt der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker im Interview mit der APA. Unabhängig davon fordern die Religionsgemeinschaften die Möglichkeit zur Seelsorge in der Schubhaft. Wichtig ist dem Bischof die Präsenz der Religion auch im öffentlichen Raum der Schule, das hänge aber nicht von Kreuzen in Klassenzimmern ab.

Auf der Enquete im Februar, zu der Bünker und Kardinal Christoph Schönborn einladen werden, sollen die rechtlichen Möglichkeiten zur umfassenden Schubhaftbetreuung geprüft werden. Vertreter aller großen in Österreich vertretenen Glaubensgemeinschaften sollen daran teilnehmen. Derzeit fehle es an adäquater Sozial- und Rechtsberatung für die Insassen in den Polizeianhaltezentren, so Bünker. Bei der Rückkehrberatung in der Schubhaft im Auftrag des Ministeriums werde zudem "wie es scheint" wenig Wert auf Risikoabwägung gelegt.

Was dem evangelisch-lutherischen Bischof bei der Betreuung von Schubhäftlingen noch wichtig ist: "Wir wollen uns dafür einsetzen, dass es einen Zugang auch in die Polizeianhaltezentren gibt, dass es Seelsorge an Schubhäftlingen analog zur Seelsorge in den Haftanstalten gibt." Bedarf dazu gebe es, spricht er aus seiner Erfahrung.

Falscher Weg des Innenministeriums

"Der falsche Weg" ist für Bünker auch der Nationale Aktionsplan Integration des Innenministeriums, der etwa Deutschkenntnisse bei der Einreise verlangt. "Wenn es diese Regelung zur Zeit der Geburt Jesu gegeben hätte, dann hätten die Heiligen Drei Könige wahrscheinlich keine Chance gehabt, zur Krippe zu kommen, ohne vorher B1 in Hebräisch nachweisen zu können." Sprachkenntnisse seien für eine gelungene Integration zwar selbstverständlich, was jetzt vorgeschlagen wird, sei aber "ein Sanktions- und Abwehrmodell, also eigentlich ein Desintegrationsmodell". Stattdessen solle man den Spracherwerb fördern und mit Anreizen versehen, so der evangelische Bischof.

Öffentliche Präsenz von Religion

Vom Islam, so Bünkers Meinung, könnten die christlichen Kirchen auch lernen. Etwa, "wie alltagstauglich die Religion ist". So habe sich in Europa längst ein "Sonntagschristentum" herausgebildet. Umgekehrt gebe es bei Muslimen Nachholbedarf beim Umgang mit deren Heiligen Schrift. Eine kritische Koranexegese könnte so zu einer Europäisierung des Islam beitragen, meint Bünker. Bei der Stellung der Frauen in der Religion müssten Muslime schauen, wie viel kulturell geprägt und was religiös begründet ist. In der Debatte um Kreuze in Klassenzimmern ist Bünker kein so strenger Verfechter des christlichen Symbols. "Für mich ist es wichtig, dass die Schüler und Schülerinnen Religionsunterricht haben, und dass sie auch Gottesdienste feiern können. Das hängt nicht daran, ob in der Klasse ein Kreuz hängt oder nicht."

Die zivilrechtliche Gleichstellung homosexueller Paare begrüßt Bünker - würde selbst aber eine solche Verbindung nicht segnen. "Ich bin in der Tat ein bisschen gespalten. Ich glaube aber nicht, dass es an diesem Ritual alleine liegt." Die Frage sei in der evangelisch-lutherischen Kirche weiter "hoch umstritten". Wer mit einem solchen Anliegen zu ihm komme, da müsse er etwa auf die reformierte Kirche H.B. verweisen, die solchen Verbindungen offiziell ihren Segen gibt.

(APA)

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